Enter the Umbrella!

In gewisser Weise haben die Bilder der Filme Paul W.S . Andersons schon immer versucht, den Zuschauer anzuspringen. Anderson ist, was ihm häufig zum Vorwurf gemacht wird, kein Geschichtenerzähler im herkömmlichen Sinne – er lässt seine Bilder für sich sprechen und findet er das passende Bild für einen Effekt, dann kann das ruhig auch einmal zu Lasten der Plotlogik oder sogar der mathematischen und physikalischen Gesetze gehen. In „Resident Evil – Afterlife“ wird dieses Erzählen zur grundsätzlichen Methode, bei der Anderson die 3D-Inszenierung entgegenkommt. Die Story wird zusehends nebensächlich und rekrutiert sich aus Versatzstücken bekannter Genrefilme.

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Als die Frauen noch Flügel hatten

Ralph Bakshi gehört zu den ungewöhnlichsten Zeichentrickfilm-Regisseuren; insbesondere seine Filme für Erwachsene, „Fritz the Cat“ oder „Heavy Traffic“ haben ihm einen festen Platz im Pantheon der US-amerikanischen Popkultur gesichert. Mit seinen Fantasy-Stoffen „Lord of the Rings“ und „Fire and Ice“ setzte er tricktechnisch neue Maßstäbe und profilierte sich insbesondere gegen den Zeichentrick-Einheitsbrei aus den Disney-Studios. Sein postapokalyptischer Zeichentrickfilm „Wizards“ ist diesbezüglich ein „typischer Bakshi“, in dem sich viele Motive und Techniken der frühen und der späteren Arbeiten des Regisseurs finden. Jetzt ist der Film aus seiner relativen Vergessenheit herausgeholt und auf DVD und Blu-ray-Disc veröffentlicht worden.

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Zurückspulen oder Überspringen?

Zeitreisefilme gehören vielleicht zu den „selbstbewusstesten“ Filmen überhaupt, denn in ihnen wird nicht nur dem Unmöglichen ein Bild gegeben (und damit dem Spielfilm als Was-wäre-wenn-Medium vollständig entsprochen), sondern sie verhandeln auch stets das, was sie selbst sind: Produkte, die mit dem Fluss von Zeit operieren, verschiedene Zeitlichkeiten ins Bewusstsein rufen und miteinander in Konflikt führen. In eineinhalb Stunden können wir durch sie die Jahrtausende durchmessen oder einen einzigen Moment, eine Sekunde unendlich dehnen und damit in die Super- und Subbereiche der zeitlichen Wahrnehmung vordingen. Zeitreisefilme operieren auf der Demarkationslinie zwischen Alltagsphysik und Fantastik, wecken stets die intensivsten Spekulationen nicht nur über das „Was wäre wenn?“, sondern auch über das „Wie kann das sein?“. Und indem sie den Zuschauer beständig an die Aporien und Paradoxien seines eigenen Zeitbewusstseins erinnern, machen sie ihn manchmal sogar zu einem wichtigen „Handlungsträger“. Der ungemein intensive und erstaunlich spartanisch inszenierte Zeitreisefilm „Timecrimes“ des Spaniers Nacho Vigalondo ist gerade, was diesen letzten Punkt angeht, ein äußerst gerissener Vertreter seiner Art.

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But what are we?

Mexiko weist eine der höchsten Kriminalitätsraten weltweit auf. Entführungen zur Gelderpressung und Morde durch sich bekriegende Drogenbanden gehören zu den täglichen Nachrichten aus dem Land. Dass die dort vor allem in den Städten um sich greifende allgemeine Angst einen kulturellen Ausdruck im Horrorfilm finden würde, war nur eine Frage der Zeit; dass sich daraus allerdings ein Film wie „We are what we are“ entlädt, erscheint schon als Überraschung, denn die Gewalt und das Elend werden hier in einer ganz anderen Soziosphäre identifiziert, als man es erwarten würde: in der Familie.

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Filmische Vernichtung

Wie schwierig und gleichzeitig interessant es sein kann, filmisch das Nichts zu thematisieren, hatte Vincente Natali bereits 2003 in „Nothing“ gezeigt: Zwei Freunde stellen eines Morgens fest, dass die Welt um ihr Haus herum verschwunden ist und einer weißen Unendlichkeit Platz gemacht hat. Schon nach kurzer Zeit war für den Zuschauer klar: Dieses Nichts mag zwar ein dys- bzw. atopisches Setting sein, mehr jedoch ist es eine soziale Parabel, denn woran die beiden Freunde schließlich am meisten zu kauen haben, ist die mit dem Nichts einhergehende Isolation, die Ein- bzw. Ausgeschlossenheit aus der Mitwelt. Was dieses Thema angeht, macht Mark Fitzpatricks Film „The Nothing Men“ zwar nichts Neues, er holt das Thema jedoch zurück ins Reale.

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Mann beißt Mann

Die Renaissance des Vampir-Motivs in der derzeitigen Kulturproduktion ist schon erstaunlich – nicht zuletzt, weil man noch vor zehn Jahren annehmen durfte, dass das Subgenre eigentlich nichts Neues zu erzählen hat. Ein trefflicher Indikator für diese Diagnose schien einerseits in der quantitativ beachtliche Abwanderung in die Pornografie, andererseits die „dispositive Verdopplung“ des Vampirstoffes in Filmen wie „Shadow of the Vampire“ (2000) zu sein. Die neuerliche Wiederauferstehung der Vampire in Romanen und Filmen besitzt da hingegen schon fast den Charakter eines Backlashs, sind es doch wieder Liebesgeschichten und Melodramen, die in den Zentren der „Twilight“-Reihe und sogar von Filmen wie „So finster die Nacht“ (2008) stehen. Gerade letzterer hatte jedoch auch ein zweites Motiv des Vampirfilms erneut thematisiert: die soziale Frage des Miteinanders von Vampiren und Menschen. Während zuletzt „Daybreakers“ (2009) eine recht eindeutige Antwort auf diese gefunden hatte, schickt sich der Dokumentarfilm „Vampires“ nun an, das Thema von einer anderen Seite aus zu beleuchten.
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Was wäre, wenn …?

Der Höhepunkt einer Horrorvision globalen Ausmaßes ist das Verschwinden der Menschheit – sei es nun, weil sie sich selbst komplett ausgelöscht hat oder weil sie von einer anderen Spezies ausgerottet wurde. Insbesondere der Zombiefilm hat in letzterer Hinsicht schon einige sehr interessante und beunruhigende apokalyptische Visionen hervorgebracht. Nur ist es bei der „Herrschaft der Zombies“ ja leider so, dass aus dem Untergang der Lebenden noch längst kein Aufstieg der Toten erfolgt: Zombies werden als instinktgesteuerte, zu intelligenten Aktionen kaum fähige und einzig durch ihren Fresstrieb motivierte Monster gezeichnet, die, geht ihnen das menschliche Futter aus, einfach in der Gegend herum liegen. Der Prolog von George A. Romeros „Day of the Dead“ hat gezeigt, wie das aussieht. Es bräuchte also schon ein wenig intelligentere und mit mehr Gemeinsinn ausgestattete Monster, um eine echte alternative Gesellschaft zu gestalten. Und da kommen ja eigentlich nur die Vampire in Frage.

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Kein Sammelobjekt

Mit „The Collector“ scheint der brachiale Folter-Horror nun endgültig im Mainstream angekommen zu sein – und das ist keineswegs negativ gemeint: Filme wie „Saw„, „Hostel“ und nicht zuletzt die französischen „Vorbilder“ eines Regisseurs wie Alexandre Aja könnten Pate für Marcus Dunstans Regiedebüt „The Collector“ gestanden haben. (Eine Verbindung, die nicht von ungefähr kommt, hatte Dunstan doch die Drehbücher der letzten drei „Saw“-Filme geschrieben!) Dass er durchaus an diese Vorbilder heranreicht und seine Erzählung der Gewalt geschickt variiert, wird nicht nur durch das recht packende Erlebnis der Wiederbegegnung mit dem Film auf Blu-ray-Disc verdeutlicht, sondern auch dadurch, dass der Film übel zusammengeschnitten werden musste, um überhaupt eine Freigabe für Erwachsene zu erhalten.

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Der Berg flucht!

Mit Survival-Horror-Spielen für Nitendos Wii-Konsole ist es nicht so weit her. Zuletzt sind Titel wie „Ju-on“ oder „Silent Hill: Shattered Memories“ beim Versuch, das Genre für die eher beschränkten audiovisuellen Möglichkeiten der Konsole zu adaptieren und dabei deren Stärke, die Bewegungssteuerung, zu integrieren, gescheitert. Umso gespannter durfte man auf einen neuen Titel des Genres sein, der von Koch Media im Fahrwasser des dort ebenfalls kürzlich erschienenen Bergsteiger-Backwood-Horrorfilms „High Lane“ angekündigt wurde – und der deshalb auch hier als Paratext des Films vorgestellt werden kann: „Cursed Mountain“. Dass das Spiel dann doch kaum etwas mit dem Film zu tun hat, kann angesichts seiner recht ausgefeilten, „filmreifen“ Dramaturgie allerdings vernachlässigt werden.

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Durchgänge ins Fantastische

Fast könnte man es für das ästhetische Abschreiten von Amplituden halten, was Terry Gilliam in seinen letzten drei Filmen vollführt: Nach seinem missratenen, einer vermeintlich düsteren deutschen Romantik nachhechelndem „The Brothers Grimm“ (2005) folgte im selben Jahr mit „Tideland“ (2005) eine verstörende Reise in die Fantasiewelt eines Mädchens, das den Tod des Vaters an einer Überdosis Rauschgift miterleben und verarbeiten muss. In der Diktion der Kurvendiskussion gesprochen, befindet sich Gilliam mit seinem aktuellen Film „Das Kabinett des Dr. Parnassus“ an einem Wendepunkt. Märchenhaft, aber nicht so märchenhaft wie „The Brothers Grimm“; psychonautisch, aber nicht so psychonautisch wie „Tideland“, bereitet er vielleicht alles für sein Lebenswerk „The Man who Killed Don Quichotte“ vor.

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Die Geburt des Roboters aus dem Geist der Science Fiction

Als der erste Industrie-Roboter mit Namen UNIMATE im Jahre 1961 seine Arbeit aufnahm, war das intellektuelle Konzept, das ihm zugrunde lag, schon längst durchdacht: Bis in die griechische Antike, zu den Golem-Sagen des Judentums oder der mittelalterlichen Philosophie lässt sich die Idee des künstlichen, mechanischen Menschen zurückverfolgen. Dass UNIMATE und seine Nachkommen diese Fantasien hernach in Qualität und Quantität stärker beeinflussten als ihre mythologischen Quellen, ist allerdings auch unzweifelhaft. Wie bei vielen Technologien ist die Beziehung zwischen Innovation und kultureller Verarbeitung wechselseitig. Eigentlich handelt das Jugendbuch „Roboter. Was unsere Helfer von Morgen heute schon können“ nicht davon. Doch bereits im Titel deutet sich dieser Subtext an, ja drängt sich förmlich auf, sodass eine Betrachtung des Buches unter diesem Paradigma allemal lohnenswert erscheint.

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Reisen in die Vergangenheit, aus dem Vergessen

Die Funktion von Medien ist nach einer gängigen Definition die Speicherung und Übertragung von Informationen. Dass bei Filmen jenseits des Kinos insbesondere jene Speicher-Funktion weiter in den Vordergrund rückt und damit das Archiv der Filmgeschichte nicht nur sichtbar, sondern auch im Privaten strukturierbar wird, lässt sich zeitweilig zum in ihnen verhandelten Thema in Beziehung setzen. In der über einhundertjährigen Mediengeschichte des Films haben die Datenträger, auf denen die Bilder gespeichert sind, häufig gewechselt – zumeist war mit dem Wechsel auch ein qualitativer Fortschriftt verbunden: Es konnten mehr Informationen gespeichert werden, die Bild- und Tonqualität wurde besser. Das jüngste Medium in dieser Geschichte ist die Blu-ray-Disc, die die für Heim-Formate bislang höchste Speicherdichte anbietet. Nach und nach wird für Blu-rays nun die Filmgeschichte aufbereitet – zuvorderst werden dabei Filme berücksichtigt, die als kulturell höherwertig – oder mit einem anderen Wort: „erinnerungswürdiger“ – als andere gelten. Im Fall der beiden im folgenden zu besprechenden Aufbereitungen kreuzt sich das Thema von Speichern/Erinnern auf der medienmateriellen Seite und in den Stories der Filme, geht es doch bei beiden ums Erinnern und Vergessen.

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Auf dem Spiel-Feld der Ehre

Wenn in der Virtualität kein Platz mehr ist, kommen die Avatare zurück ins Reale. Unter diesem etwas abgewandelten, aber doch nicht ganz unpassenden „Zombie“-Motto könnte man eine Entwicklung jenes Science-Fiction-Motivs zusammenfassen, das seinen Beginn in den 1970er Jahren genommen hat, als in Rainer Werner Fassbinders „Welt am Draht“ und Tom Toelles „Das Millionenspiel“ erstmals mediale und virtuelle Realitäten auf die außermediale Wirklichkeit des Zuschauers übergriffen. Der Verlauf und das Resultat dieses Übergriffs ist in solchen Filmen fast immer ein wenn nicht katastrophaler, so doch zumindest gesellschaftszersetzender. Jüngste Produktionen dieser Motiv-Kette sind Jonathan Mostows „Surrogates“, James Camerons „Avatar“ und der jetzt auf Blu-ray-Disc erschienene Film „Gamer“ der Regisseure Mark Neveldine und Brian Taylor.

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In Kroatien, auf dem Berg, hinter dem Wald

Der französische Horrorfilm unterhält ein interessantes und spannungsgeladenes Verhältnis zum Balkan – und insbesondere zur dortigen Familienkultur, wie sich zuletzt am 2006 erschienenen „Ils“ gezeigt hat: Verwahrloste rumänische Kinder machen Jagd auf harmlose französische Erwachsene. In „Vertige“ sind es noch junge Franzosen, die dieses mal von einem kroatischen Kindskopf gejagt werden – ein erwachsener Mann, der, wie sich im Abspann herausstellt, als Kind in Kroatien entführt und auf einen einsamen Berg verschleppt wurde, wo ihm kaum etwas anderes übrig blieb, als verrückt & Kannibale zu werden.

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Actionfilm of the Living Dead

Die Rache hätte so schön kalt serviert werden können: Eine Vorort-Gangster-Truppe ermordet einen Polizisten, und seine Kollegen machen sich auf den Weg zu dem halb baufälligen Hochhaus, in welchem die Verbrecher leben, um dort Rache für die Tat zu üben. Leider kommt ihnen ein gleichermaßen übereifriger und schlecht schießender Hausmeister in die Quere und ihr Plan fliegt auf, was zur Erschießung weiterer Polizisten und der Geiselnahme der Überlebenden führt. Doch bevor nun auch diese ins Jenseits befördert werden können, passiert etwas Unerwartetes: Die Erschossenen draußen auf dem Flur erheben sich und beginnen gegen die sich nun in der Wohnung verbarrikadierenden Menschen anzurennen. Durch weitere Schüsse sind sie nicht zu bremsen und vor dem Hochhaus sammelt sich eine riesige Menschenmenge – offenbar ebenfalls Untote mit Lust auf Menschenfleisch. In Zeiten solcher Not müssen Koalitionen über Interessengrenzen hinweg gebildet werden, also schließen sich die Gangster mit den überlebenden Polizisten zusammen und versuchen die Flucht aus dem Hochhaus.

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GOTO 1944

Wie sehr die Entscheidung darüber, wer als Sieger aus dem Zweiten Weltkrieg hervorgegangen ist, von technischen Innovationen wie funktionierenden Raketen, Atomwaffen, Chiffriergeräten und nicht zuletzt Computern abgehangen haben könnte, lässt sich sicherlich nur vermuten. Dass diese Innovationen aus dem ersten Drittel des zwanzigsten Jahrhundert allerdings einen Einfluss auf den Verlauf der Konflikte hatte, ist unbestreitbar. Die Frage „Was wäre wenn …?“ unter einem technischen Gesichtspunkt gestellt, scheint also auf jeden Fall interessant – zumal für (Science) Fiktionen. Bemerkenswert war hier zuletzt Jörg Buttgereits Film „Captain Berlin versus Hitler“ (D 2009), in welchem das Gehirn Adolf Hitlers von dessen Assistentin kryogenisch konserviert und nach dem Krieg in einen Roboter eingepflanzt wurde. Die Hannoveraner Elektro-Band „Welle: Erdball“ schlägt nun mit ihrem Film „Operation: Zeitsturm“ in dieselbe Kerbe – inhaltlich wie auch ästhetisch.

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Gleich nach Lassie und Jean Harlow

Die Kamera wandert den Hollywood Walk of Fame hinab, überfliegt den Stern von Lassie, den von Jean Harlow und danach ist dann noch eine Stelle frei, auf die jemand mit Kreide einen Stern gemalt und den Namen „Cybill“ hinein geschrieben hat. Manchmal fährt ein Skateboard-Fahrer unachtsam darüber, einmal tritt sogar jemand seine Zigarette darauf aus. Hollywood lacht über sich selbst, könnte man angesichts dieses Vorspanns zur Fernsehserie „Cybill“ sagen – aber eigentlich ist es die Schauspielerin Cybill Shepherd, welche die Hauptrolle darin spielt, die hier über das System Hollywood lacht.

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Natural Boll Killer

Es sei ein Film, den er selbst gern im Kino sehen würde, kündigt Uwe Boll vor der Pressevorführung von „Rampage“ das Folgende an – und derjenige, der das Werk des Wermelskirchner Ausnahme-Regisseurs kennt, dürfte schon das schlimmste ahnen. In der Vergangenheit hat er sich vor allem durch seine filmischen Videospiel-Adaptionen den Ruf eines der schlechtesten Regisseure aller Zeiten erarbeitet – und das hat bei ihm, anders als etwa bei Ed Wood, keineswegs einen liebevollen Unterton. Ungeachtet beinahe vieler ästhetischer Konventionen, aber auch oft genug frei von erzählerischem und filmischem Talent poltert Boll mit Mixups aus Horror, Action, Komödie, Märchen und anderen Filmgenres über die Leinwand und fordert diejenigen Kritiker, die das nicht zu würdigen wissen und ihn in Bausch und Bogen verreißen, auch schon einmal zu einem Box-Duell heraus. „Rampage“ enthält einiges der Boll’schen Wut auf die Filmwelt und ist der Regisseur auch noch so sehr bemüht, seinen Film als Parabel zu verkaufen: Man glaubt es ihm aus verschiedenen Gründen nicht.

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[•REWIND]!

Manch einer erinnert sich vielleicht noch an den fulminanten Erfolg, den Robert Schneider 1992 mit seinem Roman „Schlafes Bruder“ feierte: Es war das Debüt-Werk des österreichischen Schriftstellers und für diesen selbst eine nachher unerreichbare Steilvorlage. Sein zweiter Roman, „Die Luftgängerin“ von 1998, reichte bei weitem nicht daran – weder von der Qualität noch vom Erfolg. Nun ist Jaume Balaguerós und Paco Plazas Film „[REC]“ von 2007 zwar weder des einen noch des anderen filmisches Debütwerk, doch in einem gewissen Sinne haben sich beide damit „neu erfunden“ – Balagueró, der mit Horrorfilmen wie „Los sin nombre“, „Darkness“ und „Fragile“ eine kunstvolle Brücke zwischen asiatischen Geisterfilmen und europäischer Gothic Novel baute, schlug in „[REC]“ ganz neue Töne an: authentisierter Medien-Horror, der motivisch auf der neuen Zombiefilm-Welle mitschwimmt, dessen Kern jedoch eine fundamentale Verunsicherung der Sehgewohnheiten seiner Zuschauer bereit hielt: Was wir wissen können, so könnte man eine Erkenntnis aus „[REC]“ destillieren, das wissen wir nur aus den Medien – und was uns die Medien nicht wissen lassen, das wird zum Gegenstand des Grauens.

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Ein kurzer Film über die Toten

Ein Zombiefilm aus Deutschland – das ruft ungute Erinnerungen an jüngere („Die Nacht der lebenden Loser“) und ältere (Andreas Schnaas‘ „Zombie 90“ und Ähnliches) Versuche auf dem Gebiet wach. Entweder wurden Zombiefilme hierzulande zum Experimentierfeld von Splatter-Newbies, die ihren großen „Vorbildern“ nacheifern wollten, oder das Motiv wurde, wie fast jedes andere Motiv auch, der Sexual-Verzotung anheim gestellt. Wer mit derlei Erwartungen in „Rammbock“ geht, wird allerdings im positivsten Sinne enttäuscht, denn Regisseur Marvin Kren und sein Drehbuchautor Benjamin Hessler versuchen weder etwas neu zu erfinden, noch etwas zu transzendieren, was schon Dutzende mal zuvor schief gegangen ist: Sie übertragen das Motiv einfach auf einen Berliner Hinterhof und machen das, was im Grunde jeder Zombiefilm macht: Sie bebildern mit den Untoten einen sozialen Konflikt.

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