Gleich nach Lassie und Jean Harlow

Die Kamera wandert den Hollywood Walk of Fame hinab, überfliegt den Stern von Lassie, den von Jean Harlow und danach ist dann noch eine Stelle frei, auf die jemand mit Kreide einen Stern gemalt und den Namen „Cybill“ hinein geschrieben hat. Manchmal fährt ein Skateboard-Fahrer unachtsam darüber, einmal tritt sogar jemand seine Zigarette darauf aus. Hollywood lacht über sich selbst, könnte man angesichts dieses Vorspanns zur Fernsehserie „Cybill“ sagen – aber eigentlich ist es die Schauspielerin Cybill Shepherd, welche die Hauptrolle darin spielt, die hier über das System Hollywood lacht.

"Cybill" - Vorspann

„Cybill“ wurde zwischen 1995 und 1998 mit insgesamt vier Staffeln vom US-amerikanischen TV-Sender CBS produziert. Die Serie ist unverkennbar auf ihre Hauptdarstellerin Cybill Shepherd zugeschnitten, die vor allem im Kino der 1970er (etwa zu sehen in Martin Scorseses „Taxi Driver“ oder Peter Bogdanovichs „The Last Picture Show“) Erfolge feierte, dann jedoch eine zeitlang von der Leinwand verschwand, um Mitte der 1980er Jahre mit der TV-Krimiserie „Das Modell und der Schnüffler“ und anderen Produktionen ihr Comeback zu feiern. Ab den 1990er Jahren erging es ihr wie vielen weiblichen Darstellerinnen im System Hollywood: Mit über 40 war sie zu alt für sexbetonte Rollen und zu jung für Mutterfiguren, was sich in spärlichen und qualitativ eher mittelmäßigen Engagements niederschlug. Und genau das ist das Thema der TV-Serie „Cybill“, die Shepherd mit 45 Jahren zu drehen begann.

v.l.n.r.: Jeff, Rachel, Cybill

Die Cybill der Serie ist ebenfalls Schauspielerin, die jede zweitklassige Rolle im Fernsehen annimmt, sei es für eine alberne SitCom im Stil und mit dem Humor der 50er, für eine kitschiges Vampir-Melodram oder für Werbeclips, in denen sie mal für „du weißt schon was“ – also Intimpflegeprodukte -, mal für frisches Gemüse wirbt. Auf diese Weise hält sie sich und ihre ständig sarkastische Teenager-Tochter Zoe (Alicia Witt) finanziell über Wasser. Ihre Ex-Männer Jeff (ein etwas grobschlächtiger Stuntman, der nach einem Erdbeben über Cybills Garage einzieht) und Ira (ein selbstverliebter Schriftsteller, der immer noch hinter ihr her ist), ihre ältere Tochter Rachel (in einer eher kleinen Nebenrolle von der bezaubernden Dedee Pfeiffer gespielt) und ihre exzentrische Millionärsfreundin Maryann (die am Martini-Tropf hängt und ständig Terroranschläge auf ihren Ex-Mann Dr. Dick plant und durchführt) – sie alle sind bilden das soziale Umfeld Cybills.

v.l.n.r.: Cybill, Maryann, Martini

In der ersten Staffel der Serie werden die Figuren vorgestellt und biografisch ausgebaut und wie häufig bei den von Chuck Lorre entwickelten Serienskripten bekommen sie mehr Raum zur Entwicklung als  sonst in TV-Serien üblich; es gibt regelrechte Wandlungen und Folgen-übergreifende Erzählstränge und spätestens wenn in der Folge „The Curse of Zoe“ dann auch noch das unausgesprochene Konzept des Entwicklungsverbotes für Serienfiguren reflektiert wird, weiß man, dass „Cybill“ keine normale SitCom ist. Die Männerfiguren sind zumeist als Schwächlinge angelegt, die Frauen sind dafür umso stärker und selbstbewusster. Cybills „Vorbilder“ sind Roseanne und Grace – letztere bekommt in „The Cheese stands alone“ sogar eine direkte Referenz, als Cybill und Maryann gerade einen Limburger-Käse-Anschlag auf Dr. Dicks Cocktailparty durchführen. Zahlreiche Schauspieler erweisen Shepherd in der Serie durch kleine Gastauftritte eine Ehre: Jonathan Frakes als sie stalkender Enterprise-Commander, Peter Bogdanovich in einem Altersheim für Schauspieler oder Hal Needham und Burt Reynolds, die sich mit Ira und Jeff nach Cybills Gesangsauftritt in einer Kneipenschlägerei wiederfinden.

Cybill kann also alles: Sie managed sich selbst und ihre Familie, ist eine gute Freundin und Sängerin (Shepard sing das Titellied und in der letzten Folge der ersten Staffel steht Cibyll zusammen mit Jeff als Country-Sängerin auf der Bühne). Nach vier Staffeln hat die CBS die recht erfolgreiche „Cybill“ trotzdem oder genau aus diesem Grund wieder abgesetzt: Feministische Frauenfiguren, die – dort, wo sie es verdienen – Spott und Häme über Männer ausgießen, passten einfach nicht in das Senderkonzept. Und das, obwohl gerade in den 1990er Jahren mit Produktionen wie „Roseanne“, „Grace“ oder „Jesse“ stärkere, selbstbewusste und autonome Frauen im Fernsehen üblich und erfolgreich wurden. „Cybill“ befand sich also in bester Gesellschaft.

Cybill – 1. Staffel
(USA 1995)
Regie: Andrew D. Weyman u.a.; Buch: Chuck Lorre u.a.; Musik: Bobby Martin; Kamenra: Nick McLean; Schnitt: Paul Anderson
Darsteller: Cybill Shepherd, Christine Baranski, Alicia Witt, Alan Rosenberg, Tom Wopat, Tim Maculan, Dedee Pfeiffer u. a.
Länge: 13 Episoden á 25 Minuten
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