Mach’s noch einmal

Das Phänomen des filmischen Remakes ist in der Vergangenheit durch zahlreiche Publikationen aufgearbeitet worden. Dazu zählten sowohl wissenschaftlich-methodische Abhandlungen (wie das jüngst erschienene Remake-buch von Wolfgang Arendt) aber auch eine Reihe von Lexika, die – mal mehr mal weniger – versuchen Remakes zu sortieren und aufzulisten.

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The Horror!

Wie rezensiert man ein Filmlexikon? Natürlich könnte man einige allgemeine Worte darüber verlieren, wie notwendig oder obsolet lexikalisches Wissen über dieses und jenes Genre ist. Man könnte auch eine Gegenüberstellung wagen und fragen, ob das neue Lexikon eventuell mehr oder weniger, bessere oder schlechtere Beiträge hat, als seine Konkurrenten. Interessanter scheint es da schon, wenn man in der glücklichen Lage ist, die Geschichte eines Lexikonprojektes nachzuzeichnen. Diese verrät nämlich nicht nur, was sich am Gegenstand des Lexikons über die Jahre hinweg so alles getan hat, sondern vor allem auch, ob und welchen Perspektivwechsel die Autoren durchgemacht haben.
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Fantasyfilm

Der Fantasy-Film fristet schon von je her ein Schattendasein zwischen dem Horror- und dem Science- Fiction-Film. Das liegt augenscheinlich daran, dass die Sujets beider letztgenannter Genres verlockenderes Potenzial zu besitzen scheinen: futuristische oder grauenvolle Stoffe sind in der Publikumsgunst höher angesiedelt, als die Pittoresken irrealer Fantasiewelten.

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Kino der Extreme

Siegfried Kracauer gilt als der Begründer der soziologischen Filmanalyse. In seiner Frühgeschichte des Kinos „Von Caligari bis Hitler“ verdeutlicht er, dass Film vor allem Spiegel der Gesellschaft sei, in der er entsteht, und zeichnet (hierin liegt die Doppelbedeutung des »bis« in seinem Buchtitel) gleichfalls die historische Co-Entwicklung von Film und Gesellschaft, wie sie einander bedingt, nach.

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Witch Book Project

In seiner Dissertation Auf der Jagd nach Hexen und Zuschauern widmet sich Wolfgang Arend einer mediensoziologischen Theorie des Remakes, deren theoretisches Fundament er im ersten Teil des Bandes etabliert, um dieses in den folgenden zwei Dritteln des Textes am Sujet des Hexenfilmes zu spiegeln.

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Auch Werner Herzog hat klein angefangen

Sie lässt immer noch auf sich warten, die große, umfassende Werner Herzog-Monografie, in der sein Werk nicht nur gewürdigt, sondern die auch analytisch Ansätze dazu geboten werden. Woran mag’s liegen? Sind Herzogs Filme zu opak oder im Gegenteil sogar zu offen(sichtlich) für eine Analyse? Anfänge gab es bereits in den 70er Jahren in motivgeschichtlich orientierten Veröffentlichungen im Hanser-Verlag. An einem liegt die Schweigsamkeit gegenüber dem »Opus Herzog« jedenfalls nicht: Werner Herzog ist nicht »out«, wie sich jetzt zu seinem sechzigsten Geburtstag wieder einmal zeigte. Im Berliner Filmhaus fand über das entfant terrible des Neuen Deutschen Films jüngst eine Ausstellung statt.

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Trash Visions

Trash (Abfall) ist – anders als im Heftthema der vorliegenden Ausgabe – auch in einem anderen medienwissenschaftlichen Diskurs zu verstehen – als Genre. Mit Trash (oder Schlock oder Sleaze) werden absichtlicht »günstig« produzierte Filme oder TV-Beiträge bezeichnet, die sich durch Eindimensionalität in Inhalt und Darstellung auszeichnen. Begonnen mit dem Horrorkino der 40er Jahre (den sog. »B-Picures«) hat sich bis heute eine Subkultur des Trash herausgebildet, die gerade durch ihre massenmediale Vervielfachung im Fernsehen zu einem nicht unwichtigen Genre geworden ist. Dort gesellen sich zu den erzählenden Werken Daily Talks, Spielshows, SitComs, Reality-TV-Shows und Dauerwerbesendungen, die sich allesamt darin ähneln, dass sie nach dem ökonomischen Prinzip (minimaler Input mit maximalem Ergebnis) hergestellt werden.

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Bodies that Splatter.

Der Splatterfilm konfrontiert die ZuschauerInnen mit gewaltsam geöffneten, aufgebrochenen und aufgeschlitzten Körpern. Augen werden ausgestochen, Arme und Beine abgetrennt und Köpfe durchbohrt. Die film- und kameratechnische Fragmentierung des Körpers in Schnitt und Ausschnitt wird in die Fragmentierung des Körpers durch das Aufschneiden und Zerteilen mit scharfen oder spitzen Gegenständen übersetzt. Die Kamera wird zum Endoskop und verfolgt das Mord- und Schlachtinstrument, wie es in das Körperinnere eindringt und Blut, Hirn und Eingeweide hervorholt.

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Der unsichtbare Text

Im Gegensatz zum Roman oder zur Kurzgeschichte führt das Drehbuch ein Dasein im Schatten. Fast eingeschüchtert, ins Niemandsland verbannt wie die Lyrik, die vom durchschnittlichen Leser nicht wahrgenommen, höchstens (vermeintliche) Triumphe in den Klassenzimmern unserer Schulen feiern kann. Das Drehbuch spielt in der öffentlichen Wahrnehmung kaum eine Rolle. Dabei ist es die Grundlage für Multimillionen-Dollar-Seller, die ja doch vom Großteil der Bevölkerung mit Begeisterung (manchmal zumindest) im Kino konsumiert werden. Doch das wird nur am Rande wahrgenommen. Die Berufsbezeichnung »Drehbuchautor« wird von Außenstehenden jedoch eher positiv bewertet. Wahrscheinlich hat man direkt die Vision von Regisseuren und Stars, die dem Autor glücklich auf die Schulter klopfen, weil der ihnen eine tolle Idee oder eine wunderbare Rolle auf den Leib geschrieben hat. Ein toller Job also. Aber gelesen? Gelesen wird das Drehbuch nicht. Zumindest nicht im privaten Bereich. Die Ignoranz des Drehbuchs hängt stark mit seiner Entstehungsgeschichte, aber auch mit seinem Textstatus zusammen.

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Schicht um Schicht

»Kunst« ist immer auch die mutwillige Veränderung des Zustandes einer Ressource in einen anderen, eine vorher so nicht da gewesene Form oder Zusammensetzung. Gefühlskalt ließe sich auch Zerstörung auf diese Art fast wortgenau definieren. Der Zusammenhang zwischen Kunst und Zerstörung ist somit ein ganz immanenter der Wesensverwandtschaft.

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Film und Metapher

David Cronenberg erinnert sich: »Einmal rief mich ein amerikanischer Kritiker an, der mir sagte: ‚Für einen Amerikaner sind Ihre Filme wie ein seltsamer Traum. Die Straßen wirken amerikanisch, sind es aber nicht. Die Personen sehen aus wie Amerikaner, sind aber keine. Sie sprechen wie Amerikaner und sprechen doch anders.’« Wollte man Cronenbergs Kino grob situieren, so könnte man seine Filme als eine Art Synthese zwischen dem recht puren Amerikaner David Lynch und dem recht puren Europäer Peter Greenaway bezeichnen. Mit seinem Kleinstadthorror in Blue Velvet (USA 1986) und Twin Peaks (USA 1990) und seinen Verirrungen auf dem Lost Highway (USA 1996) und dem Mulholland Drive (USA 2001) bebildert Lynch die Kehrseite des amerikanischen Traums. Die barock überladenen Bild-Ornamente eines Greenaway stehen somit in einem größtmöglichen Gegensatz zu Lynchs Gewalt-Agonie. Eine Art Synthese zwischen Lynchs amerikanischer Erzählweise und Greenaways Poetik erreicht Cronenberg dadurch, dass sein filmisches Schaffen selbst dann ausdrücklich von der Literatur geprägt ist, wenn er, wie bei seinen frühen Filmen, die Drehbücher selbst verfasst hat. Nabokow, Beckett und Kafka zählen zu Cronenbergs Lieblingsautoren, aber auch William S. Burroughs. In Naked Lunch (Can 1991), Cronenbergs Burroughs-Verfilmung, sagt die Frau des Kammerjägers Bill Lee, nachdem sie sich mit einer Heroin-Nadel das Wanzenpulver ihres Mannes in die Venen (bzw. in die Brust) geschossen hat: »Es ist ein Kafka-Rausch. Du fühlst Dich wie ein Käfer«. Das ist zugleich eine treffende Bezeichnung für Cronenbergs Vorlieben für Verwandlungen, Metamorphosen und Deformationen im körperlichen und seelischen Bereich.

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»Ich schneide nur die Haare« – Willkommen in Coen County!

Ed Crane (Billy Bob Thornton) arbeitet als Barbier in einer amerikanischen Kleinstadt, in the middle of nowhere, dort, wo die Zeit stehen geblieben ist. Man schreibt das Jahr 1949, zeitgenössisch brisante Themen werden im Friseursalon debattiert, um das Gespräch am Laufen zu halten. »Die Russen haben eine Atombombe gebaut«, sagt ein Kunde eher beiläufig.

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Fassbinders »Que(e)relle«

In den Gangsterfilmen Liebe ist kälter als der Tod (1969), Götter der Pest (1970) und Der amerikanische Soldat (1970) heißen sie Franz und Bruno bzw. Franz sowie Ricky und Franz Walsch, in den Melodramen Händler der vier Jahreszeiten (1972) und Faustrecht der Freiheit (1975) Hans und Franz Biberkopf, im Theaterstück Der Müll, die Stadt und der Tod (1977) Franz B., in der Oskar-Maria-Graf-Adaption Bolwieser (1977) gibt die Vorlage den Namen vor für den immer gleichen Typus des Losers. Rainer Werner Fassbinder wurde nicht müde, Variationen des Franz Biberkopf in Szene zu setzen, bevor er sich in einer 13teiligen Fernsehserie dem Döblin’schen Roman Berlin Alexanderplatz (1980) explizit zuwandte und den Protagonisten mit seinem alter Ego und Intimfeind Reinhold in eigener Lesart vorstellte. An dieser – leicht erweiterbaren – Serie von zum Scheitern prädestinierten Antihelden besticht das Potenzial an Aktualisierungen, die Fassbinder dem Prototypen aus den 20er Jahren abgewinnt, der doch so zeitgebunden erscheint. Döblins Biberkopf ist Zuhälter aus Profession, ein Macho und Schläger aus Hilflosigkeit und dabei liebe- und schutzbedürftiger, als es sich alle seine ihm gefügigen Dienerinnen und weiblichen Opfer zusammen leisten können zu sein. Im Berlin der Weltwirtschaftskrise misslingen ihm zwangsläufig alle Versuche, auf »anständige« Art ein passables Auskommen zu finden. Kriminell wird er aus Gutgläubigkeit und wider Willen. Politisch ist er gleich viel und gleich wenig anfällig für die Verheißungen der Roten wie der Nazis, und im Grunde gehen sie ihn alle nichts an. Doch verführbar ist er allemal in seinem guten und bornierten Glauben an »das Gute« im Menschen und an das Glück.

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Camp

»If, as Jameson suggests, life has been dramatized to the level of soap, if love is always like a “Jackie” story, then yes, the sharp distinction between real life and fictional forms must give way to a deep intermingling, unmeasurable and so far captured most precisly in fictive or cinematic forms.«
(vgl. Mc Robbie: 21, 1994)

»Im Grunde ist [..] ein Plagiat nichts anderes als ‚Kreativität mit anderen Mitteln’. Nicht was man sagt ist wichtig. Nur der Ton – ja, der Ton.«
(vgl. Vidal: 22/284, 1984)

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Welcome to the Swamp!

Auf dem Abfallhaufen der Filmgeschichte tümmeln sich neben unwerten Produkt(ion)en von 100 Jahren Filmgeschichte allerlei unliebsame Gesellen: Gangster, Serienmörder, Tagediebe, Schmarotzer, Junkies, … Sie bevölkern das kontemporäre Kino – nicht mehr als sein Gegenstand (in moralisierenden Dokumentarfilmen), sondern als dessen Helden, als Archetypen und Sinnbilder der »Schere des Kapitalismus«, die – zumindest im Kino – nur noch ganz Arme und ganz Reiche zu kennen scheint.

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