Auch Werner Herzog hat klein angefangen

Sie lässt immer noch auf sich warten, die große, umfassende Werner Herzog-Monografie, in der sein Werk nicht nur gewürdigt, sondern die auch analytisch Ansätze dazu geboten werden. Woran mag’s liegen? Sind Herzogs Filme zu opak oder im Gegenteil sogar zu offen(sichtlich) für eine Analyse? Anfänge gab es bereits in den 70er Jahren in motivgeschichtlich orientierten Veröffentlichungen im Hanser-Verlag. An einem liegt die Schweigsamkeit gegenüber dem »Opus Herzog« jedenfalls nicht: Werner Herzog ist nicht »out«, wie sich jetzt zu seinem sechzigsten Geburtstag wieder einmal zeigte. Im Berliner Filmhaus fand über das entfant terrible des Neuen Deutschen Films jüngst eine Ausstellung statt.


Begleitend zu dieser Ausstellung ist im Berliner Jovis-Verlag ein Bildband erschienen, in dem einerseits die Fotografien zu Herzogs Produktionen aus dem Archiv von seinem langjährigen Fotografen Beat Presser und andererseits Texte (in Deutsch, Englisch und Französisch) von ehemaligen Mitarbeitern des Regisseurs veröffentlich wurden. Neben den Regisseur-Kollegen Volker Schlöndorff und Herbert Achternbusch kamen auch die Herzog-Schauspieler Peter Berling und Claudia Cardinale und natürlich Herzog selbst zu Wort. Die bildbegleitenden Texte berichten von Erlebnissen auf den Sets (hier ist vor allem der sehr schöne Text Berlings hervorzuheben) und den Erfahrungen langjähriger Freunde des Regisseurs (Schlöndorff erinnert sich an erste Begegnungen Ende der 60er Jahre). Eingestreut sind Selbstaussagen und aus Herzogs eigenem Anekdoten-Schatz zu seinen Filmen Fitzcarraldo, Invincible (D 2001) und Cobra Verde (D 1987). Abgerundet wird der Band durch eine filmische Biografie des Direktors des Filmmuseums Berlin, Hans Helmut Prinzler, die dieser an der Filmografie Herzogs spiegelt. Eine vollständige Filmografie und Liste von Herzogs Opernaufführungen beschließen den großformatigen Bildband.

Das Werk Herzogs erhält mit diesem Buch sicherlich eine weitere Würdigung, zumal die dort abgebildeten, seltenen Fotos Beat Pressers aus der Ausstellung nun auch einem breiten Publikum zugänglich werden. Dennoch vermag es die anfangs erwähnte schmerzliche Lücke nicht zu schließen, sondern mehr noch auf sie hinzuweisen! Doch das kann kaum ein Vorwurf an die hervorragende Arbeit des Jovis-Verlages sein, die mit ihrem Werner Herzog-Band einen weiteren wertvollen Baustein der Materialsammlung und vielleicht Anstoß zur einer neuen Auseinandersetzung mit einem der ungewöhnlichsten Talente des deutschen Films geliefert hat.

Werner Herzog
Herausgeber: ARTE EDITION/JOVIS Verlag
Autor: Beat Presser
(Deutsch/English/Français)
Hardcover, Format: 23 x 30,7 cm, 128 Seiten mit 70 duotone, 35 farb. Abbildungen
32 Euro

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.