Who let the dogs out?

Fünf Sekunden sind noch zu spielen im Super Bowl, die Steelers führen mit vier Punkten, die Green Bay Packers sind an der 17-Yard-Linie von Pittsburgh. Der nächste Spielzug wird der finale sein, er wird das Spiel entscheiden – nur bei einem Touchdown in letzter Sekunde kann Green Bay den Titel gewinnen. Aaron Rodgers steht in der Shotgun, bekommt den Ball und sieht, wie sein Slot Receiver Jordy Nelson eine Seam-Route genau dort entlang läuft, von wo die Verteidigung der Steelers einen Blitz schickt, wodurch Nelson völlig ungedeckt der Endzone entgegen rennen kann. Rodgers wirft und der Ball kommt… „Who let the dogs out?“ weiterlesen

Die Macht und die Oberfläche

Das Verhältnis von Material und Merchandise, Film und Actionfigur, ist durch kein Franchise so sehr geprägt, oder vielmehr archetypisch gestaltet, wie durch das Star-Wars-Universum. Spielzeug, das an sich schon als Übungsgerät zur Internalisierung kollektiver Zeichenregime verstanden werden muss, bekommt in der Wendung zum Film-Merchandise eine neue Qualität. An die Stelle der mitunter sehr weit gefassten „Realität“, die den Referenzrahmen für das Spielen vorgibt, tritt der Film als eindeutiges Skript, welches zwar nicht eingehalten werden muss, aber trotzdem einen unhintergehbaren Bezugspunkt vorgibt. Diese Tatsache wird um ein Vielfaches gesteigert durch die Verschiebung des Merchandising vom Spielzeug zum Videospiel. Kein Film der die Zuschauergruppe der Spielenden ansprechen soll, wird ohne das zugehörige Videospielzeug veröffentlicht.

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Die Geschichte wiederholt sich

Anfang des 18. Jahrhunderts formuliert der zu seiner Zeit weitestgehend wirkungslose, doch gegenwärtig viel gelesene italienische Philosoph Giambattista Vico die Prinzipien einer neuen Wissenschaft etwa folgendermaßen: „Das Wahre und das Gemachte sind austauschbar. In vollem Umfang können wir nur das Erkennen, was wir selber gemacht haben.“ Die großen philosophischen Fragen können wir laut Vico demzufolge nur an dem Ding nachvollziehen, das wir ohne jede Einschränkung selbst produziert haben: der Geschichte. Damit leistet Vico nicht nur dem geschichtsbesessenen 19. Jahrhundert und der romantischen Kunsttheorie Vorschub, er trifft darüber hinaus Disneys Computerphantasmagorie „Tron“ ins Mark.

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LOAD „REALITY“,8,1

„Wir wollten die Erfahrung kreieren, wie es wäre
ein ganz neues Universum zu erforschen.“

(David Fox – LucasFilm-Games)

Im Jahre 1980, kurz nachdem George Lucas den zweiten Teil seiner „Star Wars“-Saga mit dem Titel „The Empire strikes back“ in die Kinos brachte, entstand in seiner Firma LucasFilm die Idee, man könne Science-Fiction-Filme durch Computergrafik realistischer wirken lassen. Insbesondere das Aussehen von Raumschiffen und fremden Welten sollten durch ihre Generierung im Computer ganz neue Facetten bekommen – leider waren die Computer zu dieser Zeit noch nicht in der Lage, den Anforderungen für bewegte Grafiken im Film zu genügen, geschweige denn mit den über Jahrzehnte geschulten Spezial-Effekte-Designern zu konkurrieren. Dennoch wollte man bei LucasFilm für die Zeit gewappnet sein, in der Computergrafik so sein gut würde, dass sie für den Film einsatzfähig ist. Man ahnte, dass dies nicht mehr lange auf sich warten ließ. Also stellte Lucas eine Division zusammen, die die Möglichkeiten für solche Projekte erkunden und schon einmal „computer graphic wizards“ anheuern sollte – Leute, die sich einen Namen damit gemacht hatten, auf dem Computer realistische und fantastische Grafiken programmiert zu haben.

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Das Disneyland als Schädelstätte

Vieles an „Micky Epic“ ist Bauruine. Zusammengesetzt aus fünf Grafikstilen, drei Erzählweisen und vielleicht sieben Spielgenres, ist das Spiel eigentlich dazu prädestiniert unter der Last seiner Einflüsse zusammenzubrechen, nicht als Produkt sondern als Idee seine Schönheit zu entfalten. Spielerisch zwischen der späten Blütezeit und der frühen Dekadenz des Plattformer-Genres in der vorletzten Konsolengeneration angesiedelt, verweist „Micky Epic“ nicht nur auf die unübersehbaren Mängel dieser Zeit, den überbordenden Bombast und die oft unproduktive Komplexität, sondern auch die Aspirationen nach Höherem scheinen durch, der Traum von einer dreidimensionalen Spielwelt in der jede Erfahrung möglich ist. Die Eroberung der dritten Dimension schien abgeschlossen, die Konsolidierung hatte noch nicht begonnen. Es gab noch keine abgesteckten Claims, nur vage Vorstellungen davon wo ein Spiel enden und das nächste anfangen sollte. Micky Maus hat es in diese Welt nicht geschafft, seine Karriere in der Welt der Videospiele war mit dem Ende der 2D-Ära beendet.

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Verkehrte Comicwelt

Das auf der Grundlage lizenzierter Vorlagen aus dem weiten Feld der Populärkultur programmierte Videospiel genießt nicht unbedingt den besten Ruf: Mit der heißen Nadel angesichts einer per Crosspromotion festgelegten Deadline gestrickt, scheinen seine meist an aktuellen Kinoveröffentlichungen ausgerichteten Exempel allzu oft nicht so recht zu Ende gedacht, scheint das Spieldesign dahin geschludert oder die Technik unperfekt. Auch die beiden Comicsuperhelden Batman und Spider-Man litten schon in schöner Regelmäßigkeit unter diesen Mängeln in nahezu unzähligen Videospielinkarnationen, die ihre diversen, mehr oder minder avancierten Kinoauftritte eskortierten – von Burton über Schumacher bis Nolan auf der einen, von Raimi über Raimi bis Raimi auf der anderen Seite.

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Der Berg flucht!

Mit Survival-Horror-Spielen für Nitendos Wii-Konsole ist es nicht so weit her. Zuletzt sind Titel wie „Ju-on“ oder „Silent Hill: Shattered Memories“ beim Versuch, das Genre für die eher beschränkten audiovisuellen Möglichkeiten der Konsole zu adaptieren und dabei deren Stärke, die Bewegungssteuerung, zu integrieren, gescheitert. Umso gespannter durfte man auf einen neuen Titel des Genres sein, der von Koch Media im Fahrwasser des dort ebenfalls kürzlich erschienenen Bergsteiger-Backwood-Horrorfilms „High Lane“ angekündigt wurde – und der deshalb auch hier als Paratext des Films vorgestellt werden kann: „Cursed Mountain“. Dass das Spiel dann doch kaum etwas mit dem Film zu tun hat, kann angesichts seiner recht ausgefeilten, „filmreifen“ Dramaturgie allerdings vernachlässigt werden.

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You’ve got moves, I’ve got shoes, let’s go dancing!

Die Jonas Brothers, für diejenigen unter den Lesern, die diesen Namen, so wie der Rezensent, unlängst zum ersten Mal gehört haben, sind eine jedenfalls in den USA ungemein populäre Teenie-Boyband, die es im Fahrwasser der Popularität des Jungmädchenidols „Hannah Montana“ auf eine eigene Semireality-Dokusoap im Disney Channel gebracht haben. Nach einem jüngst mit der Goldenen Himbeere prämierten 3D-Konzertfilm und einigen Gastauftritten in mittelgroßen Hollywoodproduktionen arbeiten sie gerade an ihrem ersten eigenen Kinospielfilm mit dem vielversprechenden Titel „Walter the Farting Dog“. Ihre lyrisch wie melodisch schlichten Stücke oszillieren im Boygroupkosmos irgendwo zwischen den New Kids on the Block und Boyzone – nothing changes, ever – und sind im Grunde mit musikkritischen Maßstäben gar nicht mehr zu erfassen. Sie sind da, um ihren Zweck zu erfüllen, und das ist es dann auch schon gewesen. „You’ve got moves, I’ve got shoes, let’s go dancing“, so heißt es in einem ihrer Lieder, und natürlich wohnt der herzergreifenden Simplizität dieses Verses schon wieder eine gewisse Poesie inne.

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Das Problem als Adaptionsvorlage

Man erzählt sich, Queen Victoria habe, zu ihrer großen Verwunderung, 1867 von einem Diakon und Mathematiktutor namens Charles Lutwidge Dodgson ein Buch zugeschickt bekommen mit dem Titel An Elementary Treatise on Determinants. Verwundert sei Victoria vor allem deshalb gewesen, weil sie von dem Autor eine Publikation völlig anderen Typs erwartet hatte, ein Kinderbuch. Dodgson hatte nämlich gut ein Jahr zuvor unter dem Pseudonym Lewis Carroll sein erstes und sogleich legendäres Kinderbuch Alice’s Adventures in Wonderland veröffentlicht. Von der Lektüre entzückt habe die Queen den Autor aufgefordert, ihr so bald als möglich seine nächste Veröffentlichung zukommen zu lassen. Dodgson habe sie beim Wort genommen und ihr die Treatise on Determinants geschickt.

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Schießbudenspielfiguren

Casual Games bieten sich für die Wii-Konsole an und sind dementsprechend häufig auf dem Markt zu finden. Selbst in Spielen, die einen Story-Mode haben, finden sich Casual-Elemente als so genannte „Mini Games“. Hier hat man dann mit dem Spielfiguren des „Hauptspiels“ kleine Spiele zu absolvieren, die zumeist mehr auf das Bewegungskonzept der Controller ausgerichtet sind. Die „Mini-Spiele“, könnte man sagen, sind ein „in-package Franchise“ fürs große Spiel. Bei Disneys „Toy Story Mania“ verhält es sich aber genau anders herum: Hier finden sich eine Reihe Mini-Games und noch mehr Mini-Games getarnt als Story-Mode. Das sieht nach Bauernfängerei aus und ist es auch.

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Vom Filmspiel zum Spiel-Film

Das von David Cage entwickelte Videospiel „Heavy Rain“ hat schon vor etwa einem Jahr Aufsehen erregt, als erste Details daraus auf Spiele-Messen bekannt wurden. Nachdem sein Studio mit „Fahrenheit“ bereits ein Videospiel zum Thema Serienmord veröffentlicht hatte, sollte „Heavy Rain“ das Motiv wieder aufgreifen. Der wesentliche Unterschied zwischen beiden ist die Komplexität der Handlungsentwicklung. Das Studio Quantic Dreams hat dabei eine weitestgehende Annäherung an die Spielfilmästhetik angepeilt – unter anderem auch dadurch, dass in „Heavy Rain“ etliche (Film)Genre-Elemente integriert wurden.

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Sphären der Gewalt, Sphären der Machtlosigkeit

Der Mond Pandora ist wunderschön und tödlich zugleich. Farbenprächtige Dschungellandschaften und fliegende Felsformationen, wundersame Fauna und aggressive Flora und vor allem die für Menschen toxische Atmosphäre machen dem Touristen eindeutig klar: „Du gehörst nicht hierher.“ Man ist auf Gasmasken und Militär angewiesen, wenn man sich sicher auf Pandora bewegen will. Auch wenn die Menschheit die Erde hinter sich gelassen hat, es gelten auch auf Pandora die alten Mechanismen der Naturbeherrschung. Die Natur wird nicht bestaunt, sondern ausgebeutet und über die Ausbeutung zerstört. Wenn James Cameron’s Film „Avatar“ uns eine Moral mit auf den Weg gibt, dann die Einsicht, dass der Mensch in der Natur niemals zuhause sein kann, er kann sie nur beherrschen. Unsere Heimat ist die Apokalypse, das Paradies ist uns verschlossen.

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Sawival Horror

Die Marke „Saw“ hat sich mittlerweile zu einem lukrativen Franchise entwickelt: Sechs Spielfilme sind unter dem Titel zwischen 2004 und 2009 bereits entstanden. Dass das Konzept erst jetzt für eine Videospiel-Adaption aufbereitet wurde, verwundert da schon beinahe – erinnert das Sujet der Serienmörder-Erzählung von „Saw“ doch sehr stark an einen Game-Plot. Es mag auch der dem Stoff inhärente Zynismus gewesen sein, der seine „Interaktivierung“ bislang verhindert hat: Immerhin gibt es im „Saw“-Universum keine reinen Opfer-Täter-Dichotomien mehr. Egal, welche Figurenperspektive man einnimmt: Man wird zum (virtuellen) Mörder.

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Kino zum Mitmachen

Die Popularität des Films hat seinen Eingang in andere Unterhaltungsprodukte von Beginn der Filmgeschichte an schon fast zwangsläufig herausgefordert. Ob nun das Vergleichen und Erraten von Fakten über Filme oder die Verlängerung der Filmnarration in andere Erzählungen im Vordergrund steht: Film-Spiele bilden als Paratexte eine Parallelgeschichte zum Film und greifen wie dieser selbst ständig auf neue Medien zu. Zwei jüngere Produkte – ein Videospiel und ein Gesellschaftsspiel sollen im Folgenden vorgestellt werden.

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