Actionfilm of the Living Dead

Die Rache hätte so schön kalt serviert werden können: Eine Vorort-Gangster-Truppe ermordet einen Polizisten, und seine Kollegen machen sich auf den Weg zu dem halb baufälligen Hochhaus, in welchem die Verbrecher leben, um dort Rache für die Tat zu üben. Leider kommt ihnen ein gleichermaßen übereifriger und schlecht schießender Hausmeister in die Quere und ihr Plan fliegt auf, was zur Erschießung weiterer Polizisten und der Geiselnahme der Überlebenden führt. Doch bevor nun auch diese ins Jenseits befördert werden können, passiert etwas Unerwartetes: Die Erschossenen draußen auf dem Flur erheben sich und beginnen gegen die sich nun in der Wohnung verbarrikadierenden Menschen anzurennen. Durch weitere Schüsse sind sie nicht zu bremsen und vor dem Hochhaus sammelt sich eine riesige Menschenmenge – offenbar ebenfalls Untote mit Lust auf Menschenfleisch. In Zeiten solcher Not müssen Koalitionen über Interessengrenzen hinweg gebildet werden, also schließen sich die Gangster mit den überlebenden Polizisten zusammen und versuchen die Flucht aus dem Hochhaus.

„La Horde“ zeichnet zwei Bilder von Konflikten: das eines kleinen privaten und das eines großen sozialen und man ist versucht, das eine als Parabel auf das andere zu lesen. Das ist Tradition im Zombiefilm, denn Zombies sind anthropomorphe Metaphern, sozusagen wandelnde soziale Bedeutungsträger, die im Prozess der Filmlektüre aufgefüllt werden müssen. Nur will sich bei „La Horde“ eine sozialkritische Lesart, wie sie von Romeros Vorlagen bis zum exzellenten französischen Untotenfilm „Les revenantes“ (They came back, Frankreich 2004) möglich und sinnvoll gewesen ist, einfach nicht einstellen, weil die Zombies hier seltsame Nebenfiguren bleiben, die einfach nur das gemütliche Shootout der menschlichen Rivalen stören.

Und dabei ähnelt „La Horde“ in der Wahl des Ortes und der Konstruktion des Plots durchaus bekannten Vorbildern: In Häusern verbarrikadieren sich seit „Night of the Living Dead“ rivalisierende Menschen-Gruppen, um sich vor Zombies zu schützen. „La Horde“ ist jedoch weniger ein Zombiefilm als ein französischer Actionfilm gepaart mit Zombies. Das ist schon eine Novität, aber es scheint doch so, als ließen sich beide Genres hier sich nicht so recht amalgamieren – wie auch die Polizisten mit den Gangstern im Plot nur schwer übereinkommen. Das liegt daran, dass die Regisseure sich viel mehr für den Action-Teil des Films interessiert haben, dessen Sequenzen sie kunstvoll ausgestalten – mit schnellen Schnitten, Kameratricks, Sepiafilter etc. Die Untoten werden von ihnen zu regelrechten Schießbudenfiguren aufgestellt und müssen für Einzelkampf-Aktionen wie Schießübungen herhalten.

So etwas hat man zuletzt im deutschen Amateur-Zombiefilm der frühen 1990er-Jahre sehen müssen, ohne es sehen zu wollen. Anders als diese traut sich „La Horde“ jedoch nicht einmal zu provozieren. Zwischendrin gibt es zwar einmal eine Andeutung von Überschreitung, als ein Kriegsveteran sexuellen Umgang mit einer Untoten anzudenken beginnt, doch „glücklicherweise“ verhindert die nächste, schon wartende Schießerei, dass es dazu kommt. Fans französischer Actionfilme könnten bei „La Horde“ also auf ihre Kosten kommen.

La Horde
(Frankfreich 2010)
Regie: Yannick Dahan und Benjamin Rocher; Drehbuch: Arnaud Bordas, Yannick Dahan, Stéphane Moissakis, Benjamin Rocher; Musik: Christopher Lennertz; Kamera: Julien Meurice; Schnitt: Dimitri Amar
Darsteller: Eriq Ebouaney, Jo Prestia, Jean-Pierre Martins, Aurélien Recoing, Claude Perron, Alain Figlarz, Laurent Demianoff
Länge: 95 Minuten
Verleih: Kinowelt

Die Blu-ray-Disc von Kinowelt

Auf dem heimischen Fernseher funktioniert der Film wesentlich besser als im Kino, was wohl daran liegt, dass es eine Menge ähnlicher Zombiefilm-Hybride gibt, mit denen man bislang ausschließlich im Wohnzimmer Kontakt aufnehmen konnte – die Rezeptionsbedingungen sind dort lockerer und erlauben einen anderen Umgang mit dem Film. Kinowelt bringt „La Horde“ zeitgleich als DVD und Blu-ray-Disc in den Verleih und ab Juli 2010 auch in den Handel. Bei der Präsentation hat sich mittlerweile ein gutes Verhältnis von Preis, Ausstattung und Qualität eingependelt. Bedauerlicherweise ist der Film für die Veröffentlichung von Kinowelt um einige Gewaltdarstellungen gekürzt worden.

Die Ausstattung der Blu-ray-Disc:

Bild: 2,40:1 (1080/24p Full HD)
Sprachen/Ton: Deutsch, Französisch (5.1 DTS-HD MA)
Untertitel: Deutsch
Extras: Making of, Geschnittene Szenen, Fotogalerie, Trailer, Wendecover
FSK: ab 18 Jahren
Preis: 15,99 Euro (DVD)/22,99 Euro (Blu-ray-Disc)

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2 Antworten auf „Actionfilm of the Living Dead“

  1. Oh und ich vergaß: Nach meiner Info ist der Film um ganze 6 Minuten (!) geschnitten… Tolle FSK18 Version… Die deutsche FSK tut einfach alles, um sie nicht mehr ernst nehmen zu können ;-)

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