HighDefLander

Der erfolgreiche Fantasy-Film „Highlander“ von Russell Mulcahy aus dem Jahr 1986 ist bei Kinowelt auf Blu-Ray erschienen. Ein auserwählter schottischer Krieger aus dem 16. Jahrhundert kämpft seit Jahrhunderten um das Wohl der Menschheit. Dargestellt wird der schwertschwingende Schotte von dem Franzosen Chistopher Lambert, der im Jahr zuvor in „Greystoke“ noch so überzeugend den Affenmenschen Tarzan gegeben hatte. Doch Sylvester Stallone und Arnold Schwarzenegger, den anderen überlebensgroßen Actionhelden der 80er, konnte der zu schöne Franzose Lambert nie das Wasser reichen. In einer Nebenrolle als Mentor des Schwertkämpfers lässt sich James-Bond-Darsteller Sean Connery halbherzig das Selbige durchstoßen. Untermalt von klebriger Bombastmusik der Rockgruppe Queen kämpft der Highlander 1986 in New York gegen seinen letzten unsterblich barbarischen Erzfeind, dargestellt von Clancy Brown, der in der deutschen Sprachfassung ironischerweise von Thomas Danneberg gesprochen wird, der markanten Sychronstimme von Stallone und Schwarzenegger.

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»Ich lausche deiner Stimme, Kleines«

Die Synchronbranche fristet analog zu ihrer bedauerlicherweise nicht sichtbaren Effektivität noch immer ein relatives Schattendasein. Dabei kann sie nunmehr auf eine historische Pflege zurückblicken, die beinahe so betagt ist wie der Tonfilm selbst. Darüber hinaus erleichtert die sprachliche Transponierung von Filmen und Serien Millionen von Kinogängern und TV-Schauern ihr alltägliches Entertainment immens. Niemand käme hierzulande auf die Idee, sich darüber zu wundern, dass Matthew Fox, Held der Serie „Lost“, bei seiner Ausstrahlung im deutschen Fernsehen regelmäßig in gestochenem Hochdeutsch parliert, obgleich es sich um einen US-Akteur handelt, der vermutlich bestenfalls ein paar Bruchstücke unserer Sprache beherrscht. Umgekehrt zöge die Ausstrahlung einer Folge „Lost“ im Originalton sicher eine andere Reaktion nach sich: Das Programmmanagement könnte sich vor nachfolgenden Protestbriefen vermutlich kaum retten.

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Zurück zum Kerngeschäft (mit Knöpfen)

Mit seinem humorvollen Schocker ist Sam Raimi sozusagen zum Kerngeschäft zurück gekehrt. „Drag me to Hell“ erinnert streckenweise an sein stilbildenes Horrorfilm-Debüt „The Evil Dead“ von 1982. Seinerzeit wurde das so genannte Buch des Todes verlesen, in dem es unter andrem hieß: „It deals with demons“. Diese Dämonen hat Raimi erneut entfesselt in seiner gelungenen Mischung aus effektvollen Grusel-Szenen im „Poltergeist“-Stil und metaphysischem Slapstick, bei dem wieder viele Körperflüssigkeiten austreten und Augäpfel aus den Höhlen springen.

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Verwundete Seelen, verwüstete Landschaften

goeast-logo Mit der Großaufnahme eines Jungen, der in die Kamera blickt und dann schmerzerfüllt die Augen schließt, bevor die Leinwand schwarz wird, endet der große Gewinner des diesjährigen „goEast“-Festivals des mittel- und osteuropäischen Films, das Ende April in Wiesbaden zu Ende gegangen ist. Der zwölfjährige Tedo im georgischen Wettbewerbsbeitrag „Das andere Ufer“ (Gagma Napiri) von George Ovashvili schließt die Augen vor einer Welt, deren Anblick er nicht länger erträgt, weil sie ihn zutiefst verletzt hat. „Das andere Ufer“ spielt im heutigen Grenzgebiet zwischen Georgien und dem abtrünnigen Abchasien, einer vom Bürgerkrieg verwüsteten Region, in der Menschen wie Freiwild behandelt werden, elternlose Kinder ums Überleben kämpfen und Familien gewaltsam auseinander gerissen werden. So geht es auch Tedo, der verzweifelt nach seinem verschollenen Vater sucht. Die Verzweiflung des Jungen am Ende von „Das andere Ufer“ war wohl der bewegendste Moment des 9. „goEast“-Festivals. Zurecht wurde der 1963 geborene George Ovashvili, der in Wiesbaden seinen ersten Langfilm vorstellte, mit dem Hauptpreis „Goldene Lilie“ sowie dem Preis des internationalen Kritikerverbandes FIPRESCI ausgezeichnet.

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»Because he could«

Autor: Mathis Thomsen*

Auch gegen Ende des Epochenumbruchs, vom analogen zum digitalen Zeitalter, ist eines beim Alten geblieben: Die meisten der großen Kinoproduktionen werden nach wie vor auf analogem 35-mm-Film gedreht. Die Produktion seines kleinen Bruders, dessen Einführung und Weiterentwicklung einen wesentlichen Fortschritt in Richtung des Heimkinos und der Amateurfilmerei darstellten, wurde vor einigen Jahren von seinem Vater, der Firma Kodak, teilweise eingestellt.

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Die Position des Zuschauers im Terrorfilm

von Jerome Philipp Schäfer

„In allen neueren westlichen Künsten und in vielen Bereichen der westlichen Medien lassen sich die ansonsten gängigen […] Unterschiede zwischen ‚gut’ und ‚böse’ nur noch äußerst schwer oder gar nicht mehr handhaben. Hier wird so deutlich wie nirgends sonst, dass sich das ‚Gute’ bzw. das ‚Böse’ nicht als Ding, Zustand, Situation oder Verhaltensweise festlegen lässt, sondern dass das, was als ‚gut’ bzw. als ‚böse’ gilt, abhängig ist von der jeweils gewählten Art der Beobachtung. Es ist geradezu die Aufgabe der Künste und der Medien, diese Beobachterabhängigkeit von ‚gut’ und ‚böse’ ihrerseits zu beobachten“ (Scheffer 2007).

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»What happened to your eye?«

In diesem Beitrag möchte ich Richard Kellys Film „Donnie Darko“ vor dem Hintergrund der Beschäftigung mit Texten Edward Branigans und Jacques Aumonts in seinen wichtigsten Zügen betrachten. Vordringlich wird der Blick auf die Realisierung des Point of View fallen. Dazu seien zunächst bei Branigan die strukturellen Elemente zu entlehnen und auf die Narration auszuweiten. Ihr Hauptmerkmal, der Dualismus vor dem Hintergrund eines Subjekt-Objekt-Verständnisses, wird sich in der Arbeit Aumonts wieder finden. Zuletzt soll dann am Beispiel „Donnie Darko“ Darstellung und Narration verständlich gemacht und nach einer Möglichkeit für den Umgang mit dem Dualismus Ausschau gehalten werden

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Vom Gucken, vom Lächeln

Yorkshire, England 1750. Der Waisenjunge Tolly ist beauftragt, den Leichnam eines französischen Diebes, der gehenkt wurde, zu beerdigen. Doch der „Black Jack“ genannte Franzose lebt, und als er wieder zu Bewusstsein kommt, nimmt er Tolly mit sich, der als Übersetzer für seine verrückten Reden dient. Sie fliehen aufs Land, überfallen einen Frachtwagen, in dem Belle transportiert wird, eine junge Aristokratin, die aus einem Irrenhaus geflohen ist, in das sie ihre Familie eingewiesen hatte, um sich ihrer zu entledigen. Das junge Mädchen schließt sich den beiden Räubern an. Sie werden von einem Zirkus aufgenommen, der wie eine Freakshow wirkt. Drei Zwerge gehören ihm an, ein schüchterner Arzt, der ein Jugendserum verkauft, und ein kleiner Junge, der zu einem großen Dieb werden will. Tolly und Bell verlieben sich ineinander …

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Illusion versus Prätention

Bis heute lässt die Familie Mann, Stars der Literatur-Szene des letzten Jahrhunderts, Lieblinge des Feuilletons und verantwortlich für zahlreiche überlastete Nervenstränge geprüfter Oberprimaner, weder germanistische Forschung noch Film ruhen. Just kündigt sich nicht nur eine neue, die nunmehr sechste Verfilmung eines von Thomas Manns Hauptwerken, der „Buddenbrooks“ durch Heinrich Breloer an, es steht aktuell – fast wie zur Ergänzung – eine 5 Verfilmungen beinhaltende DVD-Box von Kinowelts Arthaus-Label bereit.

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Sozial-experimentelles Drama

Marek (Benoît Magimel) und Mimmo (Bruno Putzulu) wohnen nebeneinander in einer grauen, hässlichen Reihe von Häusern. Sie arbeiten beide unter Tage, kommen als schwarze Menschen zurück von ihrer Schicht. Danach hängen sie mit anderen Bergarbeitern ab: Bier trinken, am Spielautomaten sitzen, den Puff besuchen. Das Leben in einem „Zechenkaff“ in Lothringen Mitte der 90er ist scheiße. Alle wissen, dass ihr Job nur noch auf Zeit ist.

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Wüste Hoffnung

Brennend heißer Wüstensand… Davon und von anderer Orientromantik träumt Daniel (Matthias Schweighöfer), der sich nach bestandenem Jura-Staatsexamen einen Marroko-Urlaub mit seiner Freundin Laura (Maria Zielcke) gönnt. Bei einem spontanen Ausflug mit dem Jeep in die Wüste, wandelt sich jedoch die Urlaubsszenerie zu einem Alptraum: Autopanne und Orientierungslosigkeit. Nach tagelangem Umherirren scheint das Ende unausweichlich, doch dann taucht ein geheimnisvoller Fremder (Jean-Hugues Anglade) auf. Anstatt das Pärchen aber in die Zivilisation zurückzuführen, beginnt eine Reise immer tiefer ins Zentrum der Wüste. Es folgen Zweifel, Angst, Entfremdung und zuletzt ein in Gewalt kulminierender Showdown.
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Das Klo und der Film

Die Darstellungsgeschichte des Klos, des Fäkalen und der Tätigkeiten des Exkrementierens ist ausgesprochen alt – und zeigt erstaunliche Brüche. Die Motive, die auf Anal- und Fäkalanspielungen basieren, haben sich erst im Lauf des 18. Jahrhunderts aus dem Bereich des Gesellschaftsfähigen heraus entwickelt. Noch im 16. Jahrhundert war das öffentliche Sprechen über die Verdauung und der Anblick ihrer Verrichtung nur in geringem Maße mit Scham- und Peinlichkeitsgefühlen belegt. Bürgerliche Hygienevorstellungen sowie Vorgaben über korrektes Verhalten setzen sich danach aber durch. Vormals Zulässiges muss nun über mehr als 250 Jahre hinweg neu gefaßt – oder verschwiegen – werden. Erst in den letzten Dekaden erleben wir einen Prozess, in dem sich die jahrhundertelange Unterdrückung des Fäkalen und der Vorgänge des Pissens und Scheißens als Gegenstände öffentlicher Kommunikation rückzuentwickeln beginnt.

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Weniger ist mehr

Das „Metzler Film Lexikon“ ist ein Nachschlagewerk, das 500 bedeutende Werke der Filmgeschichte präsentiert. Sind 500 Filme viel oder wenig? Sicherlich wenig, wenn man das Ziel hat, zu jedem nur erdenklichen Movie zumindest irgendwelche Informationen finden zu können. Da ist man tatsächlich bei den einschlägigen Websites um einiges besser bedient. Sicherlich viel, wenn man sich durch die Lektüre des Bandes einen Überblick über die Filmgeschichte oder etwa die wichtigsten Regisseure verschaffen möchte.

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Magische Bilder

1.

David Lynch begann seine künstlerische Karriere als Maler. Bevor er sich dem Film zuwandte, studierte er von 1965 bis 1967 Kunst und Malerei an der Pennsylvania Academy of Fine Arts in Philadelphia und zeigte sich in dieser Zeit stark von Künstlern wie Jackson Pollock, Francis Bacon und Edward Hopper beeinflusst, deren unterschiedliche Stile sein Gespür für visuelle Gestaltung und Ausdruckskraft schärften. Auch nach Beginn seiner Filmarbeiten 1967 zog es ihn immer wieder zur Malerei und zur Photographie als eigenständigen visuellen Darstellungsformen zurück, wovon beispielsweise der 1994 publizierte Bildband „Images / Bilder“ (als deutsche Veröffentlichung bei Schirmer/Mosel, München) zeugt.

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Entdecke den bad-ass gangsta in dir – mit deutscher Übersetzung

Ist ein Wörterbuch auch ein Buch? In den meisten Fällen nein, genauso wenig wie ein Telefonbuch – es ist zum Nachschlagen, aber nicht zum Lesen da. Es gibt aber eine besondere Sorte von Wörterbüchern, die sich durchaus auch zum Lesen eignen. Damit man sich aber mit dem trockenen und sperrigen Genre eines Wörterbuchs anfreunden kann, muss eine besondere Motivation für das Lesen da sein. Das Wörterbuch muss eine Funktion übernehmen, die normalerweise ganz anderen Texten vorbehalten ist. Wie ein Roman muss es den Leser in eine eigene, durch die im Wörterbuch versammelte Sprache kodierte, oftmals exotische und gefährliche Welt entführen.
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Werner Herzog Filmabend I

1.

Anfang der siebziger Jahre etablierte sich der abenteuerlustige Filmemacher Werner Herzog als eine einzigartige Erscheinung innerhalb der deutschen Filmlandschaft. In zahlreichen Filmen, oft kongenial mit Klaus Kinski besetzt, erzählte er von der „Eroberung des Nutzlosen“ (Bernd Kiefer), einem monumentalen aber tragischen Scheitern fiktiver und historischer Abenteurer. Den prominentesten Versuch dieser Art unternahm Herzog in einem unvergesslichen Klassiker von 1971: „Aguirre – Der Zorn Gottes“. Die Amazonasexpedition einiger spanischer Konquistadoren gerät hier zum Himmelfahrtskommando – in dem Wahn, das legendäre Goldland Eldorado zu entdecken, dringt Aguirre mit seinen Leuten immer tiefer ins „Herz der Finsternis“ vor. Wenn man Werner Herzogs eigenen Aussagen glauben darf, verschmolzen Dreharbeiten und Film zu einer irrwitzigen Melange, die sich deutlich in der fieberhaften Intensität der Inszenierung spiegelt.
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Verzweifelte Lieben

Auch wenn in den letzten Jahren Rätselhaftes und Prätentiöses, Undurchsichtiges und Widersprüchliches, Phantastisches und Unwirkliches im Kino Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat – das Kino Robert Altmans steht für anderes: für ein Kino der Ratio, für eine Poetik des Ironischen, des Satirischen und des Parodistischen, für eine Dramaturgie, die das Politische mit dem Narrativen zusammendenkt, für eine Poetologie, die das Narrative um eine Ebene des Assoziativen und Thematischen erweitert, für ein „nach-klassisches Kino“, das sich nicht in Ironie und Zitatkunst erschöpft, für eine radikale Auseinandersetzung mit Genrestrukturen und für die Eroberung der Tonmontage als eines eigenständigen Ausdrucksmittels des Films (und nicht nur einer Quelle nicht enden wollender Effekte).
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Mit Deleuze im Kino

Der 1995 verstorbene Philosoph Gilles Deleuze war sicherlich einer der bedeutendsten Denker des Poststrukturalismus. In seinen beiden letzten Büchern über das Kino hat er nicht nur seinem dem Zusammenhang von Sinn und Zeichen gewidmeten Werk eine entscheidende medienphilosophische Wende gegeben, sondern auch einen bedeutenden Beitrag zur aktuellen Bilddebatte geleistet. Zugleich entpuppte sich damit eine zweite Seite des Gilles Deleuze: der passionierte Kinogänger. Die Souveränität des Badens in der Fülle von Film-Beispielen und -Zitaten zeugte von den vielen und intensiven Stunden, die er über Jahrzehnte im Dunkel der kleinen Säle des Quartier Latin verbracht hat, denn man spürt förmlich, daß hier jemand in der Welt der Filme lebt und nicht mit Videosequenzen arbeitet. Andererseits ist der analytische Blick immer auf die Tiefenstruktur des signifikanten Geflechts eingestellt und bleibt nicht an der Oberfläche des filmisch Erzählten stehen. Deleuze interessiert das Kino als Maschine der Sinnproduktion, als Wunsch-Maschine, die in den Denk-Bildern als kleinsten Einheiten der filmischen Narration durch Bewegung und Zeit die Intensität des Wunsches erzeugt.
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