Bilder in Scheiben

Als in den 1980er Jahren die CD-ROM den interessierten Nutzern vorgeführt wurde, verdeutlichten die Hersteller die Speicherkapazität des Mediums nicht selten damit, dass die gesamte Bibel als Text darauf Platz fände und der Datenträger damit immer noch nicht gefüllt sei. Die Unmengen Text, die auf 630 MB unterzubringen sind, werden in jüngster Zeit durch den Nachfolger, die DVD-ROM um ein vielfaches übertroffen. Nun ist es möglich, auf bis zu 9 Gigabyte Daten zu archivieren, die viel speicherintensiver als reiner Text sind. Im Katalog der Digitalen Bibliothek liegen jetzt zwei DVDs mit umfassenden Bildersammlungen vor. Das „Bilderlexikon der Erotik“ mit circa 6000 Abbildungen und die Sammlung „25.000 Meisterwerke“ – ein Archiv von Gemälden, Grafiken und Zeichnungen der Kunstgeschichte.

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Nicht jede Träne ist von Übel

Der Epos „Herr der Ringe“ ist mit dem dritten Teil „Die Rückkehr des Königs“ abgeschlossen. Peter Jacksons Trilogie wird wieder einmal ein begeistertes Publikum und ziemlich ratlose Filmkritiker hinterlassen. Denn es schreibt sich schwer über einen Film von insgesamt über neun Stunden Länge mit dutzenden Figuren und Erzählungen der noch dazu im Phantasy-Genre angesiedelt ist. Zu sehr drängt sich einem das Parabelhafte der Erzählung auf und rückt diese selbst damit in die Nähe des reinen Vorwands. Ein anderer Ansatz wäre die vergleichende Lektüre mit dem Roman, die jedoch dem Film nicht gerecht werden kann, weil sie zu oft das Filmische unberücksichtigt lässt. Wie also diesem Film beikommen, von dem die Nacherzählung schon schwieriger ist als die Interpretation so manches anderen Films? „Nicht jede Träne ist von Übel“ weiterlesen

»Space-Lab«

»Es gibt keinen Ausweg. Die Stadt gehört uns. Wir haben sie erschaffen. Wir haben diese Stadt gestaltet auf dem Fundament gestohlener Erinnerungen; aus den verschiedenen Epochen formten wir sie zu einer einzigen Symphonie. Wir verbessern sie jede Nacht, wir kultivieren sie, um zu lernen.«
(Geständnis eines Außerirdischen in Dark City)

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Patchwork

Filmzensur in Deutschland ist ein Thema, das die Gemüter bewegt – zumal es sich um die eigentlich grundgesetzlich verbotene Nachzensur von Kunst handelt. Aber es ist nicht der Staat, der Filme kürzt, sondern die Jugendschutzgremien, die die Anbieter durch ihre Freigabepolitik dazu zwingen, selbst die Schere anzusetzen. Wie subtil und trotzdem weitreichend Filme heute auf diese Weise gekürzt werden, erfährt man zum Beispiel bei www.schnittberichte.com. Man erfährt es aber auch in Büchern. Nicht wenige Titel zum Thema sind auf dem Markt. Und nun veröffentlicht der Berliner Kiepenheuer-Verlag ein Bändchen mit dem Titel „Zerschnittene Filme“.

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Nicht alle E.T.s sind freundlich!

Einen Film zu verbieten ist nur eine Möglichkeit, ihn verschwinden zu lassen. Eine andere und viel effektivere ist, ihn einfach in das unterste Regal des letzten Raumes in der Videothek zu stellen und ihn dann irgendwann auszumustern. Solch ein Schicksal erlitten unzählige Filme; vor allem jene aus der Riege, die niemals in irgendeinem deutschen Kino liefen: Die B-Pictures aller Genres. Solcher Werke haben sich seit Siegeszug der DVD zahlreiche Distributoren verschrieben, um dem eigenen Programm charmantes Profil zu geben und leisten dabei en passent einen großen Dienst als Filmarchivare. Denn beim Versuch, den Film in der möglichst integralen Fassung auf DVD zu pressen, werden umfangreiche Recherchen unternommen, um die bestmögliche Kopie, verschiedene Synchronisationen und Zusatzmaterial zusammenzutragen. Bei Marketing ist in diesem Sinne jetzt der kanadische Science Fiction/Horrorfilm X-Tro erschienen. „Nicht alle E.T.s sind freundlich!“ weiterlesen

Blues Harp

Der Output des japanischen Regisseurs Takashi Miike ist beeindruckend. Seit 1991 hat er es auf mittlerweile 59 Filme gebracht. Das macht rund fünf Filme pro Jahr (an der Spitze liegt 2002 mit sieben). Und zu diesen zählen international gefeierte Werke, wie Visitor Q (2001), Dead or Alive (2001), Audition (2000) oder Ichi the Killer (2001). Bei einer derartig hohen Anzahl von Filmen macht es schon fast Sinn von „Jahrgängen“ zu sprechen. Diesbezüglich war 1998 ein ruhiger Jahrgang für Miike: „Nur“ vier Filme hat er gedreht und einer davon ist der für seine Verhältnisse außergewöhnliche ruhige Blues Harp. „Blues Harp“ weiterlesen

Gut vs. Schlecht

Als Mitte der 90er Jahre der erste Band der Mini-Serie „Marvel vs. DC“ erschien, fanden endlose Schulhofdiskussionen ein (vorläufiges) Ende: Wer ist stärker: Captain America oder Batman? Wer fliegt schneller: Iron Man oder Superman? Wer ist grüner: Hulk oder Green Latern (oder vielleicht doch das grüne Kryptonit)? Hinter diesen Fragen steckte das Bedürfnis die Mythologien der verschiedenen Comic-Universen endlich einmal kompatibel zu machen, sie auf ein gemeinsames soziales, physikalisches und geografisches Fundament zu stellen. Diese „versus“-Idee wurde schnell auf andere Sujets übertragen; eines der populärsten ist die Comicreihe „Alien vs. Predator“, zu der es bereits ein Computerspiel und demnächst einen Film geben wird. Mit „Freddy vs. Jason“ ist nun eine neue Gegenüberstellung von „Superhelden“ ins Kino gekommen. Die beiden Kontrahenten sind die zynischen Helden des Slasherfilmgenres. „Gut vs. Schlecht“ weiterlesen

Der Film lebt nicht vom Bild allein
(und das Buch nicht von der Schrift allein)

Nicht nur durch Literaturadaptionen wird cinestischen Puristen immer wieder schmerzlich die Literatur als essenzieller Bestandteil des Films in Erinnerung gebracht. Etliche Filme, vor allem des europäischen Autorenfilms der 70er Jahre, „handeln“ im Zentrum von den Geschichten ihrer Protagonisten. Selten kommt es dabei vor, dass das Narrativ einen solchen Vorrang innerhalb des Films erhält, dass mise-en-scene und Montage dadurch völlig in den Hintergrund geraten.

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(und das Buch nicht von der Schrift allein)“
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Jansens Stimme

Peter W. Jansen ist einer der aktivsten deutschen Film-Publizisten. Neben der Reihe Film im Hanser Verlag schreibt er für den Tagesspiegel, die Frankfurter Rundschau, den Filmbulletin und die Neue Zürcher Zeitung Filmkritiken und Essays. Für den Südwestdeutschen Rundfunk hat er eine Reihe von Radioessays „100 Filmklassiker“ produziert, die jetzt im Bertz-Verlag erscheinen.

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Was Medien-wissen-schaf(f)t

In unserer Kultur, in der die Massenmedien eine solch außerdordentliche Rolle spielen, die sich von Medien leiten lässt, ist Kulturtheorie auch notwendig Medientheorie. Die Medienwissenschaft bildet daher die technologische Spezifikation innerhalb der Kulturwissenschaften. Sie verfügt über einen eigenen theoretischen Schriften-Kanon, über eine Geschichte, über ein Bündel an Methoden und einen abgrenzbaren Gegenstandsbereich. Ex negativo ist dieses Faktum bislang dadurch bestätigt worden, dass Medientheorien und -theoretiker als solche in keine geistes- und kulturwissenschaftlichen Enzyklopädien einbezogen worden sind – mit Ausnahme der so genannten „Bindestrich-Disziplinen“ (Medien-Soziologie, Medien-Pädagogik und neuerdings Medien-Philosophie) bei denen sich jedoch keine genuine Betrachtung der Gegenstände herausgebildet hat, sondern diese allenfalls in den Bestand bestehender theoretischer Modelle inkorporiert wurden.

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Psychoanalyse, transdisziplinär

Die Psychoanalyse ist als Wissenschaft selbst transdisziplinär angelegt gewesen und hat diesen Charakter außerhalb der psychologischen Forschung auch stets behalten. Ihr Begründer Sigmund Freud hat nicht wenige seiner Studien über die Betrachtung des Individuums auf die Gesellschaft erweitert (Das Unbehagen in der Kultur, 1929/30) und auf die Ästehtik übertragen (Das Unheimliche, 1919). Dass er als Intellektueller seiner Zeit an wichtigen Debatten teilgenommen hat, zeigt nicht zuletzt sein Briefwechsel mit Albert Einstein „Warum Krieg?“ (1933). Die Psychoanalyse als „Psychologie“ hingegen hat sich aus der Transdiszipliarität immer mehr zurückgezogen und das, obwohl die einzelnen Disziplinen aus Natur- und Kulturwissenschaften stets an der Erweiterung der Theorie mitgearbeitet haben.

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Nazis im Nachthemd

Kino-Blockbuster sind ein Segen für Filmbuchpublizisten und -verlage gleichermaßen. Will man die eigene Bibliografie (oder das Verlagssortiment) um einen Bestseller bereichern, muss man lediglich den jeweiligen Blockbuster thematisieren. Im Falle von Guido Schwarz‘ „Jungfrauen im Nachthemd – Blonde Krieger aus dem Westen“ ist Peter Jacksons Lord of the Rings willkommener Anlass gewesen.
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Film/Musik

Das Verhältnis von Film und Musik ist komplex. Musik hat die laufenden Bilder von Beginn der Filmgeschichte an begleitet – zur Untermalung, Kommentierung und Rhythmisierung. Doch als eigenständige Kunstform ist die Filmmusik erst nach dem zweiten Weltkrieg ins Bewusstsein gerückt. Und kommerzielle Beachtung fand sie gar erst seit den 1960er Jahren, als sich auch Popmusiker des Films bedienten, um ihre Werke einem breiteren Publikum anzudienen. Die weiterführende Auseinandersetzung und Theoriebildung zur Filmmusik ist auf wenige Arbeiten beschränkt, von denen die Auseinandersetzungen Adornos und Eislers die bekanntesten sind. Die verschiedenen Funktionen der und Sichtweisen auf die Filmmusik haben dazu geführt, dass dieses Genre heute ein breites Spektrum an Varianten herausgebildet, sich quasi zwischen „ernster“ und „unterhaltender“ Musik etabliert und eine eigene Hörerschaft – jenseits des Kinosaals – gefunden hat.

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Halloween

John Carpenters Halloween von 1978 ist der Initialfilm eines gesamten Subgenres, des Slasherfilms. Die Zahl an Filmen, in deren Zentrum ein maskierter, quasi unsterblicher Serienmörder steht, ist immens. Und neben dem Rip-Offs hat sich der Slasherfilm zu einem Sequel-Genre entwickelt, das wohl die meisten Fortsetzungen für sich verbuchen kann. Allein von Halloween gibt es sieben und eine achte soll demnächst folgen. „Halloween“ weiterlesen

Déjà Vu

Kill Bill Pt. 1, USA 2003, Quentin Tarantino

Manchmal geschieht es, dass das Gehirn in einem Moment, wo es Informationen aufnimmt, diese im „falschen Gedächtnis“ ablegt: Anstatt sie zuerst im Ultra-Kurzzeitgedächtnis zu speichern, um sie danach selektieren zu können, packt es sie direkt ins Kurzzeitgedächtnis. Dies führt dazu, dass man sich auf eigenartige Weise an das, was man gerade wahrnimmt, erinnert, so, als hätte man es vorher schon einmal wahrgenommen. Diesen Effekt nennt man Déjà Vu. Von einer Art Déjà Vu zehrt auch das postmoderne Kino des Quentin Tarantino, indem es dessen „Verfahren“ invertiert. Tarantino inszeniert Bilder, die in ihrer Gestaltung so archetypisch wirken, dass man meint, man habe sie schon einmal gesehen. Das Charakteristikum seiner Filme – vor allem Pulp Fiction (1992) ist dadurch bekannt geworden – ist ihre Referenz an die Filmgeschichte und zugleich deren konstruktives Aufgreifen und Weiterdenken. War Pulp Fiction hierin noch einem Genre allein verpflichtet (dem Gangsterfilm), so nimmt sich Tarantinos Kill Bill gleich mehrere Genres vor, die sich über die Jahrzehnte im Zuschauergehirn abgelegt haben. „Déjà Vu“ weiterlesen

Gangs of New York

Lange hat Martin Scorsese mit der Produktion zu Gangs of New York zu tun gehabt. Immer wieder wurde der Starttermin verschoben, vor allem, weil die Produktionsfirma mit der Länge des Films nicht einverstanden war. So sind schließlich etliche Szenen der Schere zum Opfer gefallen und herausgekommen ist ein Film, der mit 160 Minuten immer noch fast doppelte Spielfilmlänge hat. Gangs of New York ist im Frühjahr 2003 in den deutschen Kinos angelaufen und seit kurzem als Kauf-DVD von Splendid erhältlich. „Gangs of New York“ weiterlesen

The Gun is God

Die vielleicht herausragendste Eigenschaft des Films ist seine Fähigkeit zur Visualisierung von Gedankenexperimenten. Dies gilt insbesondere für die "Was wäre wenn"-Konzepte der möglichen Zukunft im Science Fiction. Der Film zeichnet eine fiktive Achse in eine Zukunft, deren Parameter er bestimmt und deren eigene Zukunft (als die Zukunft der Zukunft) er damit entwirft. Doch nicht selten sind es dabei die Vergangenheiten, die auf diese Weise als Reinkarnation, als deja vu zurück kehren.
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Unsere moderne Postmoderne

Gern wird sie tot gesagt, die Postmoderne – und das schon, seit sie Anfang der 1980er Jahre als Theoriemodell für Ästhetik, Ethik und Epistemologie aufgetreten ist. Der seit dem konstante Output an Literatur zu allen möglichen Phänomenen der Kultur und der Wissenschaft zeigt hingegen, dass Postmodernismus im Denken so präsent ist, wie zu Beginn. Der Schüren-Verlag wartet nun mit dem Sammelband »Die Postmoderne im Kino« auf.

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Semiologische Lückenfüller?

Mit dier Wiederaufführung der Fernsehserie Twin Peaks auf Kabel1 sind zwei Merchandising-Bücher neu aufgelegt worden, die sich als interessante Ergänzung zum Twin Peaks-Universum zu verstehen. Die seinerzeit häufig als postmodernistisch apostrophierte Serie aus der Feder von David Lynch und Marc Frost hat wohl wie kaum ein zweites Fernsehereignis der 90er Jahre auf die Zuschauer gewirkt. Anfangs wohl als Kolportage auf Krimi- und Soap-Serien konzipiert, entwickelte Twin Peaks schnell einen eigenen Charakter als Erzählung und ästhetisches Sujet. Zur offenkundigen Doppelcodierung als „Serie über Serien“ kam spätestens ab der zweiten Staffel ein neuen Konzept, das sich am treffendsten als „semiologischer Gap-Text“ bezeichnen ließe, hinzu. Immer mehr Elemente und Figuren hielten Einzug in die Erzählung, die ihr narrativ ohnehin brüchiges Konzept vollends aufbrachen und auf nichts als die eigene Zeichenhaftigkeit verwiesen.

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Kritik der Kult-Industrie

Spätestens wenn eine Film-Erzählung in ihre zweites Fortsetzung geht, haben die Produzenten mit sicherem ökonomischen Gespür diejenigen Handlungselemente und Figuren ermittelt, die „Kult-Charakter“ haben und betonen diese besonders. Das hat vor Kurzem Terminator 3 schmerzlich ins Gedächtnis gerufen, der zu einer waren Kult-Kanonade cooler T-101-Sprüche mit irrelevanter Filmumrahmung geworden ist. Bei Re-Animator 3, der seinem Vorgänger Bride of Re-Animator (1990) mit ähnlich weitem Abstand wie T3 dem T2 folgt, deutet sich ein ähnliches Malheur an.
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