Patchwork

Filmzensur in Deutschland ist ein Thema, das die Gemüter bewegt – zumal es sich um die eigentlich grundgesetzlich verbotene Nachzensur von Kunst handelt. Aber es ist nicht der Staat, der Filme kürzt, sondern die Jugendschutzgremien, die die Anbieter durch ihre Freigabepolitik dazu zwingen, selbst die Schere anzusetzen. Wie subtil und trotzdem weitreichend Filme heute auf diese Weise gekürzt werden, erfährt man zum Beispiel bei www.schnittberichte.com. Man erfährt es aber auch in Büchern. Nicht wenige Titel zum Thema sind auf dem Markt. Und nun veröffentlicht der Berliner Kiepenheuer-Verlag ein Bändchen mit dem Titel „Zerschnittene Filme“.


Der Autor Frank Burkhard Habel hatte wohl so etwas wie ein „Lexikon der Filmzensur“ im Sinne, als er sich das Projekt im Sommer dieses Jahres abgeschlossen hat. Herausgekommen ist eine Sammlung von alphabetisch sortierten Beiträgen – zum größten Teil über die Filme und ihre Zensurgeschichte. Neben etwa 80 anekdotischen Kurzartikeln über Filme aller Genres listet der Autor 10 Kurzartikel über Filmzensur und Zensurorganisationen. Mit einem Vorwort und einem Interview als Nachwort versucht Habel seine Leser für das ambivalente Thema zu sensibilisieren. Darüber hinaus bietet der Band eine kurze Bibliografie und Bildtafeln.

Doch leider leistet Habel in seinem 125-Seiten-Bändchen dem Thema einen Bärendienst. Nicht nur erscheint seine Auswahl an Filmen und deren anekdotischer Besprechung sehr willkürlich; auch vergisst der Autor wichtige Zensurinstanzen der Gegenwart (so wird etwa über die Praxis der deutschen Gerichte oder über die BPjM kein Wort verloren). Und wenn Habel dann noch über einen Film wie Zombie 2 – Das letzte Kapitel schreibt: „In der Bundesrepublik wurde die gesamte letzte halbe Stunde des Films von der FSK beanstandet und gänzlich rausgeschnitten“, ist das nicht nur sachlich falsch, sondern verschweigt auch noch die Tatsache, dass Zombie 2 trotz umfangreichen Schnitte bundesweit beschlagnahmt wurde.

Eine ordentliche Recherche und ein etwas weniger publikumswirksamer Stil hätten dem Thema sicherlich gut getan. So muss als Fazit leider stehen bleiben, dass der Text inhaltlich stellenweise falsch ist, wichtige Informationen gar nicht liefert und damit die Debatte um Filmzensur nicht gerade positiv beeinflusst. Als Nachschlagewerk oder ernsthafte Lektüre ist „Zerschnittene Filme“ also nicht zu empfehlen und für den unbedarften Leser stellt es darüber hinaus einen zweifelhaften Zugang zur Thematik dar.

F.-B. Habel
Zerschnittene Filme – Zensur im Kino
Berlin: Gustav Kiepenheuer Verlag 2003
Ca. 125 Seiten, Paperpack
14,90 Euro

Stefan Höltgen

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