Die wandelbaren Grenzen des Unerwünschten

In jeder Gesellschaft gibt es Grenzen des Zeigbaren. Sex, Gewalt und unerwünschte politische Ansichten stellen die häufigsten Gründe für zensorische Eingriffe bei Tabuverletzungen in den Medien dar. Wer entscheidet aber darüber, was welche Menschen sehen dürfen, und wie verändert sich das? Kann Jugendschutz ohne Erwachsenenkontrolle funktionieren? Ist Zensur ein obrigkeitlicher Akt, oder nicht auch von einem Großteil der Bevölkerung erwünscht? In seiner nun im Wallstein Verlag unter dem Titel „Keine Jugendfreigabe!“ veröffentlichten Dissertation untersucht der Historiker Jürgen Kniep (*1978) die Filmzensur in der „Bonner Republik“ (1949-1990).

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Am Ende des Kannibalismus

Derzeit herrscht große Aufregung in der Tagespresse – mehr wohl aber noch beim Filmverleih Senator und bei dem als „Kannibale von Rotenburg“ apostrophierten Armin Meiwes. Dieser hatte vor kurzem erfolglos zu verhindern versucht, dass ein Spielfilm über seinen Fall in die Kinos gelangt. Per „einstweiliger Verfügung“ sollten die Interessen Meiwes’ gewahrt bleiben – dass es dabei nicht nur um das verfassungsmäßig garantierte Persönlichkeitsrecht, sondern wohl auch um monetäre Interessen geht, schwingt als Dauervorwurf in den berichterstattenden Medien ständig mit. Immerhin hatte Meiwes seinen Fall „exklusiv“ an die Hamburger Produktionsfirma „Stampfwerk“ verkauft, die daraus mindestens einen Dokumentarfilm erstellen wollte.
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Kunst.

R.I.P – Rest in Peace: Das gilt für den Suizidanten Robert aus Nekromantik 1 nicht. Denn die letzte Einstellung des Films hatte bereits verraten, dass sich jemand an seinem frischen Grab zu schaffen macht. Es ist – das erfahren wir im Sequel Nekromantik 2 von 1992 – die nekrophile Krankenschwester Monika. Sie nimmt den verwesenden Leichnam mit sich nach Haus um sich sexuell an ihm zu befriedigen. Als dies nach einiger Zeit nicht mehr möglich ist, trennt sie sich von ihm – behält nur den Penis und den Kopf zurück. Dann lernt sie den Pornofilm-Synchronsprecher Mark kennen. Beide verlieben sich ineinander und obwohl Mark die Vorlieben Monikas für Tier-Schlacht-Filme und ihre sexuellen Praktiken (er soll sich beim Beischlaf nicht bewegen) eigenartig findet, glaubt er doch an die große Liebe. Monika hingegen ist nur auf der Suche nach einem neuen Körper. Im Finale des Films schließlich tötet sie Mark beim Sex und ersetzt seinen Kopf durch den des Leichnams Robert. „Kunst.“ weiterlesen

Film als subversive Kunst

Als Amos Vogel sein Bürozimmer – eigentlich eher ein kleines Abstellkämmerchen, darin die so chaotische wie faszinierende Sammlung eines Lebens an Zeitungssausschnitten, Fotos und ausgeschnittenen Bildern – durchwühlt, bleibt in seinen Händen eine extrem vergrößerte Ansicht eines Fliegenkopfes im DINA4-Format hängen. „It’s amazing“, kommentiert er das Bild kurz darauf, das auch einem Horrorfilm entstammen könnte, „it’s all biological, nature. But to take this photograph and make us see this, people had to built several technical advices.“ Der Blick durch die Linse, auf fotografischem Material festgehalten, ermöglicht es dem Menschen, seine natürlichen Sehgewohnheiten zu überwinden und sich neue Realitäten, neue Standpunkte zu konstruieren. Mit wenigen Worten findet sich Amos Vogels Lebensprojekt – die stete Suche nach diesen neuen Realitäten oder auch „new truths“, wie er sie in dieser Dokumentation einmal kurz nennt – auf den Punkt gebracht, ohne deshalb geschmälert zu sein. „It’s about visual sensibility,“, so Vogels erste Worte in diesem Film, „forms and shape. That’s what interested me in movies.“ Der Film setzt diese Präambel umgehend in ein Bild um: Graue Flächen, schlierig-weiße Flecken darauf. Erst als sich Füße darüber bewegen, wird ersichtlich, dass allein durch Wahl der Kameraposition, ohne sonstige technische Hilfsmittel, ein ganz gewöhnlicher Zebrastreifen für den ersten Blick zur Unkenntlichkeit verfremdet wurde. „Film als subversive Kunst“ weiterlesen

Patchwork

Filmzensur in Deutschland ist ein Thema, das die Gemüter bewegt – zumal es sich um die eigentlich grundgesetzlich verbotene Nachzensur von Kunst handelt. Aber es ist nicht der Staat, der Filme kürzt, sondern die Jugendschutzgremien, die die Anbieter durch ihre Freigabepolitik dazu zwingen, selbst die Schere anzusetzen. Wie subtil und trotzdem weitreichend Filme heute auf diese Weise gekürzt werden, erfährt man zum Beispiel bei www.schnittberichte.com. Man erfährt es aber auch in Büchern. Nicht wenige Titel zum Thema sind auf dem Markt. Und nun veröffentlicht der Berliner Kiepenheuer-Verlag ein Bändchen mit dem Titel „Zerschnittene Filme“.

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