Was Medien-wissen-schaf(f)t

In unserer Kultur, in der die Massenmedien eine solch außerdordentliche Rolle spielen, die sich von Medien leiten lässt, ist Kulturtheorie auch notwendig Medientheorie. Die Medienwissenschaft bildet daher die technologische Spezifikation innerhalb der Kulturwissenschaften. Sie verfügt über einen eigenen theoretischen Schriften-Kanon, über eine Geschichte, über ein Bündel an Methoden und einen abgrenzbaren Gegenstandsbereich. Ex negativo ist dieses Faktum bislang dadurch bestätigt worden, dass Medientheorien und -theoretiker als solche in keine geistes- und kulturwissenschaftlichen Enzyklopädien einbezogen worden sind – mit Ausnahme der so genannten „Bindestrich-Disziplinen“ (Medien-Soziologie, Medien-Pädagogik und neuerdings Medien-Philosophie) bei denen sich jedoch keine genuine Betrachtung der Gegenstände herausgebildet hat, sondern diese allenfalls in den Bestand bestehender theoretischer Modelle inkorporiert wurden.


Das jetzt im Metzler-Verlag erschienene „Lexikon Medientheorie / Medienwissenschaft“ stellt sich demgegenüber der Aufgabe, die bislang sehr disparaten Theorien und Theoretiker unter einem Konzept zu vereinen. Die rund 250 Einträge des Bandes versammeln Personen (in Hinblick auf ihre theoretischen Leistungen), Ästhetiken, Medienhistorische Stichworte, Artikel zu einzelnen Medien, Theorien und Disziplinen und besonders auffällig Stichworte zum Film, seinen Ästhetiken und Theorien. Dadurch, dass die Medienwissenschaft sich als Schnittmenge transdisziplinärer Art versteht, finden sich im Lexikon auch Stichworte aus der Philosophie, Soziologie und Literaturtheorie. Darüber hinaus werden aber auch erstmals knappe und präzise Darstellungen zu in der deutschen Publizistik (nicht nur unter diesem Aspekt) eher vernachlässigten Denker angeboten (Baudrillard, Enzensberger, Maletzke, KretzerShannon u. a.). Die Darstellung innerhalb der einzelnen Artikel ist mit bis zu fünf Spalten ausführlich und zeichnet sowohl die historischen Aspekte als auch die Kritik und Wirkung der jeweiligen Positionen nach.

Eine über die reine Lexikografie hinausgehende Leistung des Bandes sind Stichworte wie z. B. „Medien und Beschleunigung“, „Literatur und neue Medien“ oder „filmischer Blick“, in dem wichtige Debatten nachgezeichnet werden und damit das für die Medienwissenschaft eigentümliche Inter- und Transdiziplinäre betont wird. Jedem Artikel ist keine kurze Auswahlbibliografie angefügt, die im Anhang durch ein ausführliches Quellenverzeichnis ergänzt wird. Das „Metzler Lexikon Medienwissenschaft / Medientheorie“ ist vor allem für Studierende und diejenigen, die einen Einstieg in das jeweilige theoretische Konzept suchen, ein ideales Nachschlagwerk. Darüber hinaus bildet es eine wichtige Ergänzung und Disziplinen übergreifende Eingrenzung der noch im Aufbau befindlichen medienwissenschaftlichen Kulturtheorie.

Helmut Schanze (Hg.)
Metzler Lexikon Medientheorie / Medienwissenschaft
Stuttgart/Weimar: Metzler, 2002
380 Seiten, ca. 250 Stichworte
39,80 Euro

Stefan Höltgen

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