Who let the dogs out?

Fünf Sekunden sind noch zu spielen im Super Bowl, die Steelers führen mit vier Punkten, die Green Bay Packers sind an der 17-Yard-Linie von Pittsburgh. Der nächste Spielzug wird der finale sein, er wird das Spiel entscheiden – nur bei einem Touchdown in letzter Sekunde kann Green Bay den Titel gewinnen. Aaron Rodgers steht in der Shotgun, bekommt den Ball und sieht, wie sein Slot Receiver Jordy Nelson eine Seam-Route genau dort entlang läuft, von wo die Verteidigung der Steelers einen Blitz schickt, wodurch Nelson völlig ungedeckt der Endzone entgegen rennen kann. Rodgers wirft und der Ball kommt… „Who let the dogs out?“ weiterlesen

Harte Brocken

„World Invasion: Battle Los Angeles“ weckt Erinnerungen an das US-amerikanische Invasions-Kino des Kalten Krieges. Doch anders als in „Invasion of the Body Snatchers“ oder „Red Dawn“ sind es nun keine Kommunisten-Aliens oder menschliche Kommunisten, die über die USA herfallen, sondern Cyborgs auf der Jagd nach der Ressource Wasser. So platt militaristisch Liebesman seine Geschichte erzählt, stellt sie doch ein Novum dar: Sie ist die erste Videospiel-Filmadaption ohne Videospiel-Vorlage.

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LOAD „REALITY“,8,1

„Wir wollten die Erfahrung kreieren, wie es wäre
ein ganz neues Universum zu erforschen.“

(David Fox – LucasFilm-Games)

Im Jahre 1980, kurz nachdem George Lucas den zweiten Teil seiner „Star Wars“-Saga mit dem Titel „The Empire strikes back“ in die Kinos brachte, entstand in seiner Firma LucasFilm die Idee, man könne Science-Fiction-Filme durch Computergrafik realistischer wirken lassen. Insbesondere das Aussehen von Raumschiffen und fremden Welten sollten durch ihre Generierung im Computer ganz neue Facetten bekommen – leider waren die Computer zu dieser Zeit noch nicht in der Lage, den Anforderungen für bewegte Grafiken im Film zu genügen, geschweige denn mit den über Jahrzehnte geschulten Spezial-Effekte-Designern zu konkurrieren. Dennoch wollte man bei LucasFilm für die Zeit gewappnet sein, in der Computergrafik so sein gut würde, dass sie für den Film einsatzfähig ist. Man ahnte, dass dies nicht mehr lange auf sich warten ließ. Also stellte Lucas eine Division zusammen, die die Möglichkeiten für solche Projekte erkunden und schon einmal „computer graphic wizards“ anheuern sollte – Leute, die sich einen Namen damit gemacht hatten, auf dem Computer realistische und fantastische Grafiken programmiert zu haben.

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Das Disneyland als Schädelstätte

Vieles an „Micky Epic“ ist Bauruine. Zusammengesetzt aus fünf Grafikstilen, drei Erzählweisen und vielleicht sieben Spielgenres, ist das Spiel eigentlich dazu prädestiniert unter der Last seiner Einflüsse zusammenzubrechen, nicht als Produkt sondern als Idee seine Schönheit zu entfalten. Spielerisch zwischen der späten Blütezeit und der frühen Dekadenz des Plattformer-Genres in der vorletzten Konsolengeneration angesiedelt, verweist „Micky Epic“ nicht nur auf die unübersehbaren Mängel dieser Zeit, den überbordenden Bombast und die oft unproduktive Komplexität, sondern auch die Aspirationen nach Höherem scheinen durch, der Traum von einer dreidimensionalen Spielwelt in der jede Erfahrung möglich ist. Die Eroberung der dritten Dimension schien abgeschlossen, die Konsolidierung hatte noch nicht begonnen. Es gab noch keine abgesteckten Claims, nur vage Vorstellungen davon wo ein Spiel enden und das nächste anfangen sollte. Micky Maus hat es in diese Welt nicht geschafft, seine Karriere in der Welt der Videospiele war mit dem Ende der 2D-Ära beendet.

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Verkehrte Comicwelt

Das auf der Grundlage lizenzierter Vorlagen aus dem weiten Feld der Populärkultur programmierte Videospiel genießt nicht unbedingt den besten Ruf: Mit der heißen Nadel angesichts einer per Crosspromotion festgelegten Deadline gestrickt, scheinen seine meist an aktuellen Kinoveröffentlichungen ausgerichteten Exempel allzu oft nicht so recht zu Ende gedacht, scheint das Spieldesign dahin geschludert oder die Technik unperfekt. Auch die beiden Comicsuperhelden Batman und Spider-Man litten schon in schöner Regelmäßigkeit unter diesen Mängeln in nahezu unzähligen Videospielinkarnationen, die ihre diversen, mehr oder minder avancierten Kinoauftritte eskortierten – von Burton über Schumacher bis Nolan auf der einen, von Raimi über Raimi bis Raimi auf der anderen Seite.

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Dem finalen Level folgt das Rauschen

Vor nur wenigen Wochen erlebte „Ghost Machine“ auf dem Fantasy-Filmfest seine deutsche Kinopremiere – nun ist er bereits auf DVD und Blu-ray-Disc von Sunfilm erschienen. Der Medienwechsel vollzog sich nicht nur sehr schnell, sondern eröffnet auch einen weiteren, tiefer gehenden Blick auf das im Film dargestellte Phänomen der Digitalisierung von Lebens- und Spielwelt, das in „Ghost Machine“ sozusagen auf der Bildoberfläche kondensiert und eine Strategie des Unheimlichen offenbart, die bei Videospiel-Adaptionen zur schönen Regel geworden ist.

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Enter the Umbrella!

In gewisser Weise haben die Bilder der Filme Paul W.S . Andersons schon immer versucht, den Zuschauer anzuspringen. Anderson ist, was ihm häufig zum Vorwurf gemacht wird, kein Geschichtenerzähler im herkömmlichen Sinne – er lässt seine Bilder für sich sprechen und findet er das passende Bild für einen Effekt, dann kann das ruhig auch einmal zu Lasten der Plotlogik oder sogar der mathematischen und physikalischen Gesetze gehen. In „Resident Evil – Afterlife“ wird dieses Erzählen zur grundsätzlichen Methode, bei der Anderson die 3D-Inszenierung entgegenkommt. Die Story wird zusehends nebensächlich und rekrutiert sich aus Versatzstücken bekannter Genrefilme.

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Geist und Gehirn

Ghost Machine
(UK 2009)
Regie: Chris Hartwill; Buch: Sven Hugh, Malachi Smyth; Musik: Bill Grishaw; Kamera: George Richmond; Schnitt: Emma Gaffney, Dayn Williams
Darsteller: Sean Faris, Rachael Taylor, Luke Ford, Joshua Dallas, Halla Vilhjálmsdóttir, Sam Corry, Richard Dormer, Jonathan Harden
Länge: 89 Minuten
Verleih: n. n.

Der im VidCast erwähnte Essay zu Geistern aus dem Computer findet sich unter diesem Link.

Der Berg flucht!

Mit Survival-Horror-Spielen für Nitendos Wii-Konsole ist es nicht so weit her. Zuletzt sind Titel wie „Ju-on“ oder „Silent Hill: Shattered Memories“ beim Versuch, das Genre für die eher beschränkten audiovisuellen Möglichkeiten der Konsole zu adaptieren und dabei deren Stärke, die Bewegungssteuerung, zu integrieren, gescheitert. Umso gespannter durfte man auf einen neuen Titel des Genres sein, der von Koch Media im Fahrwasser des dort ebenfalls kürzlich erschienenen Bergsteiger-Backwood-Horrorfilms „High Lane“ angekündigt wurde – und der deshalb auch hier als Paratext des Films vorgestellt werden kann: „Cursed Mountain“. Dass das Spiel dann doch kaum etwas mit dem Film zu tun hat, kann angesichts seiner recht ausgefeilten, „filmreifen“ Dramaturgie allerdings vernachlässigt werden.

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Auf dem Spiel-Feld der Ehre

Wenn in der Virtualität kein Platz mehr ist, kommen die Avatare zurück ins Reale. Unter diesem etwas abgewandelten, aber doch nicht ganz unpassenden „Zombie“-Motto könnte man eine Entwicklung jenes Science-Fiction-Motivs zusammenfassen, das seinen Beginn in den 1970er Jahren genommen hat, als in Rainer Werner Fassbinders „Welt am Draht“ und Tom Toelles „Das Millionenspiel“ erstmals mediale und virtuelle Realitäten auf die außermediale Wirklichkeit des Zuschauers übergriffen. Der Verlauf und das Resultat dieses Übergriffs ist in solchen Filmen fast immer ein wenn nicht katastrophaler, so doch zumindest gesellschaftszersetzender. Jüngste Produktionen dieser Motiv-Kette sind Jonathan Mostows „Surrogates“, James Camerons „Avatar“ und der jetzt auf Blu-ray-Disc erschienene Film „Gamer“ der Regisseure Mark Neveldine und Brian Taylor.

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You’ve got moves, I’ve got shoes, let’s go dancing!

Die Jonas Brothers, für diejenigen unter den Lesern, die diesen Namen, so wie der Rezensent, unlängst zum ersten Mal gehört haben, sind eine jedenfalls in den USA ungemein populäre Teenie-Boyband, die es im Fahrwasser der Popularität des Jungmädchenidols „Hannah Montana“ auf eine eigene Semireality-Dokusoap im Disney Channel gebracht haben. Nach einem jüngst mit der Goldenen Himbeere prämierten 3D-Konzertfilm und einigen Gastauftritten in mittelgroßen Hollywoodproduktionen arbeiten sie gerade an ihrem ersten eigenen Kinospielfilm mit dem vielversprechenden Titel „Walter the Farting Dog“. Ihre lyrisch wie melodisch schlichten Stücke oszillieren im Boygroupkosmos irgendwo zwischen den New Kids on the Block und Boyzone – nothing changes, ever – und sind im Grunde mit musikkritischen Maßstäben gar nicht mehr zu erfassen. Sie sind da, um ihren Zweck zu erfüllen, und das ist es dann auch schon gewesen. „You’ve got moves, I’ve got shoes, let’s go dancing“, so heißt es in einem ihrer Lieder, und natürlich wohnt der herzergreifenden Simplizität dieses Verses schon wieder eine gewisse Poesie inne.

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Das Problem als Adaptionsvorlage

Man erzählt sich, Queen Victoria habe, zu ihrer großen Verwunderung, 1867 von einem Diakon und Mathematiktutor namens Charles Lutwidge Dodgson ein Buch zugeschickt bekommen mit dem Titel An Elementary Treatise on Determinants. Verwundert sei Victoria vor allem deshalb gewesen, weil sie von dem Autor eine Publikation völlig anderen Typs erwartet hatte, ein Kinderbuch. Dodgson hatte nämlich gut ein Jahr zuvor unter dem Pseudonym Lewis Carroll sein erstes und sogleich legendäres Kinderbuch Alice’s Adventures in Wonderland veröffentlicht. Von der Lektüre entzückt habe die Queen den Autor aufgefordert, ihr so bald als möglich seine nächste Veröffentlichung zukommen zu lassen. Dodgson habe sie beim Wort genommen und ihr die Treatise on Determinants geschickt.

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Schießbudenspielfiguren

Casual Games bieten sich für die Wii-Konsole an und sind dementsprechend häufig auf dem Markt zu finden. Selbst in Spielen, die einen Story-Mode haben, finden sich Casual-Elemente als so genannte „Mini Games“. Hier hat man dann mit dem Spielfiguren des „Hauptspiels“ kleine Spiele zu absolvieren, die zumeist mehr auf das Bewegungskonzept der Controller ausgerichtet sind. Die „Mini-Spiele“, könnte man sagen, sind ein „in-package Franchise“ fürs große Spiel. Bei Disneys „Toy Story Mania“ verhält es sich aber genau anders herum: Hier finden sich eine Reihe Mini-Games und noch mehr Mini-Games getarnt als Story-Mode. Das sieht nach Bauernfängerei aus und ist es auch.

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Vom Filmspiel zum Spiel-Film

Das von David Cage entwickelte Videospiel „Heavy Rain“ hat schon vor etwa einem Jahr Aufsehen erregt, als erste Details daraus auf Spiele-Messen bekannt wurden. Nachdem sein Studio mit „Fahrenheit“ bereits ein Videospiel zum Thema Serienmord veröffentlicht hatte, sollte „Heavy Rain“ das Motiv wieder aufgreifen. Der wesentliche Unterschied zwischen beiden ist die Komplexität der Handlungsentwicklung. Das Studio Quantic Dreams hat dabei eine weitestgehende Annäherung an die Spielfilmästhetik angepeilt – unter anderem auch dadurch, dass in „Heavy Rain“ etliche (Film)Genre-Elemente integriert wurden.

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Sphären der Gewalt, Sphären der Machtlosigkeit

Der Mond Pandora ist wunderschön und tödlich zugleich. Farbenprächtige Dschungellandschaften und fliegende Felsformationen, wundersame Fauna und aggressive Flora und vor allem die für Menschen toxische Atmosphäre machen dem Touristen eindeutig klar: „Du gehörst nicht hierher.“ Man ist auf Gasmasken und Militär angewiesen, wenn man sich sicher auf Pandora bewegen will. Auch wenn die Menschheit die Erde hinter sich gelassen hat, es gelten auch auf Pandora die alten Mechanismen der Naturbeherrschung. Die Natur wird nicht bestaunt, sondern ausgebeutet und über die Ausbeutung zerstört. Wenn James Cameron’s Film „Avatar“ uns eine Moral mit auf den Weg gibt, dann die Einsicht, dass der Mensch in der Natur niemals zuhause sein kann, er kann sie nur beherrschen. Unsere Heimat ist die Apokalypse, das Paradies ist uns verschlossen.

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Sawival Horror

Die Marke „Saw“ hat sich mittlerweile zu einem lukrativen Franchise entwickelt: Sechs Spielfilme sind unter dem Titel zwischen 2004 und 2009 bereits entstanden. Dass das Konzept erst jetzt für eine Videospiel-Adaption aufbereitet wurde, verwundert da schon beinahe – erinnert das Sujet der Serienmörder-Erzählung von „Saw“ doch sehr stark an einen Game-Plot. Es mag auch der dem Stoff inhärente Zynismus gewesen sein, der seine „Interaktivierung“ bislang verhindert hat: Immerhin gibt es im „Saw“-Universum keine reinen Opfer-Täter-Dichotomien mehr. Egal, welche Figurenperspektive man einnimmt: Man wird zum (virtuellen) Mörder.

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Kino zum Mitmachen

Die Popularität des Films hat seinen Eingang in andere Unterhaltungsprodukte von Beginn der Filmgeschichte an schon fast zwangsläufig herausgefordert. Ob nun das Vergleichen und Erraten von Fakten über Filme oder die Verlängerung der Filmnarration in andere Erzählungen im Vordergrund steht: Film-Spiele bilden als Paratexte eine Parallelgeschichte zum Film und greifen wie dieser selbst ständig auf neue Medien zu. Zwei jüngere Produkte – ein Videospiel und ein Gesellschaftsspiel sollen im Folgenden vorgestellt werden.

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RESURRECTION OF THE LITTLE MATCH GIRL

Ju ist ein durschnittlicher Jugendlicher in Korea – etwas orientierungs- wie perspektivenlos verbringt er den Tag mit eher lausigen Jobs und vergeblichem Mädchen-Anbaggern, ansonsten flüchtet er sich, in den bunten, knalligen Spielhallen seiner Stadt, in virtuelle Cyberwelten, wenngleich auch hier mit ebenfalls nur mäßigem Erfolg. Die Risse im eingangs etablierten Realitätsgefüge werden jedoch – zumindest aus unserer Perspektive im Kinosaal – größer. Ju betritt wortwörtlich ein neues Spiel, in dem er, in Anlehnung an das Märchen von Hans Christian Andersen, den Tod des Streichholzmädchens – postmodern versetzt in eine bunte, knallige, urbane Bonbonwelt – gegen mutmaßliche Retter – Freier, Gegner, wer-auch-immer – sicherstellen muss, damit die Geschichte ihren gewohnten, romantisch-melancholischen Gang gehen kann. In späteren Levels dann, wenn nichts mehr an die alte Realität erinnern mag, Ju vollkommen im Cyberkosmos sein Dasein als Player fristet, verschieben sich die Aufgaben zusehends, bis dann im Finale, mit Hilfe anderer Spieler, der Kampf gegen das Spielsystem selbst im Mittelpunkt steht.
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