Harte Brocken

„World Invasion: Battle Los Angeles“ weckt Erinnerungen an das US-amerikanische Invasions-Kino des Kalten Krieges. Doch anders als in „Invasion of the Body Snatchers“ oder „Red Dawn“ sind es nun keine Kommunisten-Aliens oder menschliche Kommunisten, die über die USA herfallen, sondern Cyborgs auf der Jagd nach der Ressource Wasser. So platt militaristisch Liebesman seine Geschichte erzählt, stellt sie doch ein Novum dar: Sie ist die erste Videospiel-Filmadaption ohne Videospiel-Vorlage.

„World Invasion: Battle Los Angeles“ hält sich nicht lange mit seinem Prolog auf: In den Nachrichten ist zu hören, dass Asteroiden-Schwärme auf die Erde zufliegen. Die Flugbahnen zeigen jedoch, dass sie allesamt im Meer – knapp vor den besiedelten Küsten-Großstädten auf der ganzen Welt niedergehen werden. Als es dann soweit ist, werden die Armeen mobilisiert. Im Kurz-Briefing erfahren die Soldaten, dass es nicht bloß Asteroiden sind, sondern sich in deren Mitte technische Geräte befinden – also eine Alien-Invasion befürchtet wird. Noch bevor die Soldaten den Ort des Geschehens erreichen, ist es bereits zu spät. Aus den Himmelskörpern sind drei Meter große bio-mechanische Monster geschlüpft, die jeden töten, der ihnen im Weg steht. Zudem konstruieren sie einen unterirdischen Stützpunkt, von wo aus weitere Dronen und Cyborgs gesteuert werden.

Staff Sergeant Nantz (Aaron Eckart), der den Militär-Dienst eigentlich schon quittieren wollte, nachdem in Afghanistan eine vom ihm befehligte Truppe in Gänze zu Tode gekommen ist, findet sich auf einmal im Einsatz gegen die Aliens. Zusammen mit einem Dutzend Soldaten und unter der Führung des jungen, unerfahrenen Lieutenant William Martinez (Ramon Rodriguez) bekommt er den Auftrag Zivilisten aus einer Polizeistation inmitten Los Angeles‘ zu bergen. Die Zeit ist knapp, denn in drei Stunden soll das Gebiet von der Air Force bombardiert werden. Der Auftrag gelingt unter Verlusten – doch es stellen sich Nantz und seinen Leuten weitere, deutlich größere Schwierigkeiten in den Weg.

Nachdem der Prolog die Ausgangssituation erzählt hat, verwendet „World Invasion: Battle Los Angeles“ keine weitere Mühe darauf, eine komplexe Handlung oder gar die Figurenentwicklung voran zu treiben. Es geht schlicht um Mannbarkeit, Überwindung von Ängsten und gruppeninternen Konflikten, Heldentum und Aufopferungsbereitschaft. Nantz bildet dabei die ideale Vorlage für eine Figur, an der sich kriegerische Aggressionen und heldenhafter Großmut gleichermaßen kondensieren. Er ist Draufgänger, Einzelkämpfer, schweigsam, fürsorglich und völlig humorlos – Qualitäten, die man derartig konzentriert und rein zuletzt im Actionhelden-Kino der 1980er-Jahre bewundern konnte.

Dass „World Invasion: Battle Los Angeles“ keineswegs langweilig wird, wenn es einem nur gelingt, von der überaus eindimensionalen Figurenkonstellation und -entwicklung abzusehen, ist allerdings einem anderen Umstand geschuldet: Der Film entwickelt sich wie der Plot eines Alien-Ego-Shooters – sagen wir einmal aus der „Resistance“-Reihe. Nach jedem erreichten Ziel gibt es Etappenerfolgspunkte zu verbuchen (hier in Form von wachsender Anerkennung für den Protagonisten bzw. die Spielfigur Nantz durch seine Truppe) – es tun sich aber sogleich weitere Schwierigkeiten auf, die den sich zunehmend ausdünnenden Trupp weiter voran treiben. Dabei sind kleinere Missionsziele (Steig auf eine erhöhte Hausruine, um von dort ein Funksignal abzusetzen,  überwinde ein Level mit Trickfallen) und größere (bring die Zivilisten zum vereinbarten Evakuierungspunkt) zu erfüllen und sogar regelrechte „Boss-Gegner“ zu beseitigen.

In den seit „Full Metal Jacket“ selten so detailliert und ausgiebig zu sehen gewesenen Straßenkampf-Szenarios und überwältigenden Totalen der brennenden und rauchenden Stadt Los Angeles spiegeln sich natürlich auch Bilder von aktuellen Kriegen, die die USA im Irak und Afghanistan führen. „World Invasion: Battle Los Angeles“ versieht diese mit Alien-Cyborgs und Dronen, die beunruhigend bekannt aussehen. So fahren die Cyborgs in einem „Film-Level“ einen laufenden Raketenwerfer heran, der starke Ähnlichkeit mit „Big Dog“ besitzt. Der Film greift zudem bei der Inszenierung der Invasion tief in die Kiste audiovisueller Angstszenarien: Als vor Sydney ein riesiger Komet ins Meer stürzt, inszeniert der Film dies wie den Atombomben-Test „Crossroads“ (1946) auf dem Bikini-Atoll.

Dass die Aliens mit Invasionsplänen gekommen sind – schnell wird klar, dass sie es auf das irdische Wasser abgesehen haben – und deshalb zunächst einen von Menschen bereinigten Planeten herstellen wollen, wird bereits kurz nach dem Prolog schreckliche Gewissheit. Daher kann der Film auch schnell sämtliche Register von Homeland-Defense und Patriotismus ziehen, ohne sich dafür schämen zu müssen. So gerät „World Invasion: Battle Los Angeles“ zu einer Art Werbe-Video für das US-Militär, zeigt harte Jungs, die einen scheinbar aussichtslosen Kampf führen (und natürlich gewinnen), angefüllt mit Durchhalteparolen und Männermonologen und gewürzt mit einem schier unerträglich pathetischen Soundtrack.

Und dennoch: Wenn es – wie eingangs eingeräumt – gelingt, den Blick von diesem Hurra-Film-Patriotismus abzuwenden, bekommt man doch eine Menge davon mit, wie jüngeres Science-Fiction- und Kriegskino funktionieren kann und wie sich utopische und ganz und gar nicht utopische kulturelle Ängste miteinander verweben lassen.

 

World Invasion: Battle Los Angeles
(USA 2011)
Regie: Jonathan Lieberman, Buch: Chris Bertolini, Kamera: Peter Wenham, Schnitt: Christian Wagner, Musik: Brian Tyler
Darsteller: Aaron Eckhart, Michelle Rodriguez, Ramon Rodriguez, Bridget Moynahan, Ne-Yo, Michael Peña u. a.
Länge: 116 Minuten
Verleih: Sony Pictures
Start: 14.04.2011

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