Schweinesystem

Wie jeder richtige Krieg hat auch der Kalte Krieg zwischen 1945 und 1989 eine Vielzahl kultureller Auseinandersetzungen provoziert, die sich mal parteiisch, mal neutral und dann im wesentlichen pazifistisch gegeben haben. Doch gerade der unausgetragene und stetig schwelende Konflikt zwischen den ideologischen Grußsystemen des Westens und des Ostens hatte allein dadurch, dass er die Existenz der gesamten Menschheit gefährdete, häufig künstlerische Stellungnahmen provoziert, die punktuelle zeitgenössische Ängste aufgenommen und ideologiekritisch verarbeitet haben. George Orwell, der in seinem 1949 erschienenen Roman „1984“ vor dem stalinistischen Totalitarismus gewarnt hat und damit vor allem erwachsene Leser ansprach, hat sich bereits 1945 mit seiner Parabel „Animal Farm“ an eine jüngere Leserschaft gewandt. Auf der Basis der Geschichte um einen Bauernhof, auf dem die Tiere gegen ihren brutalen Bauern revoltieren, den Hof übernehmen und damit eine viel beachtete Revolution auslösen, zeichnete Orwell die politische Geschichte der Sowjetunion von ihren Anfängen bis in die damalige Gegenwart nach – und skizzierte darüber hinaus eine Prognose, wohin sich das Sowjetsystem unter Stalin zwangsläufig entwickeln würde.
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Das Private in unsicheren Zeiten

Die Ursünde hat vielleicht 1955 Charles Laughton in „The Night of the Hunter“ begangen: Dort trachtet ein Geistlicher nach dem Leben zweier Kinder, die von einem Schatz wissen, den er gern hätte. Eine der erschreckendsten Szenen ist jene, in denen der Mann nachts vor dem Fenster des Kinderzimmers auf und ab geht und allein durch seine Anwesenheit eine Drohung verkörpert, die viel mehr als nur der körperlichen Unversehrtheit der Kinder bedroht: Sie bedroht das Private selbst. Denn in der Neuzeit hat sich die Wohnung als das Refugium des Privaten herausgebildet und in diesem bildet das Kinderzimmer den Kern des Beschützenswerten. Das Kind oder seinen Schutzraum zu bedrohen ist immer schon die Apotheose des Terrors gewesen – im Kino zeigt sich das von „The Night of the Hunter“ bis Hanekes „Funny Games“. Doch was, wenn gar keine Kinder da sind, oder sie, wie in David Moreaus und Xavier Paluds „Ils“ (2006) auf der anderen Seite – unter den Bedrohern – stehen? „The Strangers“ führt die eindrucksvoll und mit hohem Angstpotenzial vor Augen und offenbart zugleich die soziale Metaphorik dieser Bedrohung.
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Ich ist eine Andere

Anfang der 1920er-Jahre ist das Capgras-Syndrom erstmals beschrieben worden: Eine Patientin wurde in die Psychiatrie eingeliefert, nachdem sie der festen Überzeugung war, ihr Mann sei nicht mehr ihr Mann, sondern durch einen Doppelgänger, der sich jedoch anders verhalte, ausgetauscht worden. Ob und in welchem Maße es diese seltene Form der Paranoia bereits zuvor gegeben hat, ist nicht dokumentiert – sie passt jedoch bestens in das Bild der Moderne des 20. Jahrhunderts, in dem soziale Entfremdungsprozesse auf der einen und ideologische Großsysteme auf der anderen Seite die Identitätsbildung und Identitätsbilder des Individuums so weit beeinflussen, dass es seinen Sinnen nicht mehr traut und sich auch selbst als weitgehend fragmentiert erlebt. Das Capgras-Syndrom hat dann auch bald Eingang in den Spielfilm gefunden: Im Doppelgänger-Motiv, mehr aber noch in den paranoiden Horror- und Science-Fiction-Film, der die ideologische Invasion als außerirdische kodiert hat. Am Ende einer langen und interessanten Kette von Adaptionen steht nun Sean Ellis‘ „The Broken“, dessen Titel vorm Hintergrund der Theorie äußerst vieldeutig erscheint.

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Žinema

Der Intellektuelle, vor allem der akademische Geisteswissenschaftler ist angeblich Bewohner des Elfenbeinturms, den er nur selten verlässt und dann auch nur, um einen Stapel Papier zu einem Verlag zu tragen, der daraus ein Buch macht, das keiner kaum einer mag. Zumeist aber brütet er weltfremd vor sich hin, weiß nicht, was im „richtigen Leben“ vor sich geht, ist kontaktscheu und selbstverliebt. Er lebt von den Brosamen der Gesellschaft, die diese ihm in Form von Stipendien-Geldern zuwirft und hangelt sich so mit Zweijahresverträgen durch sein Leben. So war es jüngst mal wieder zu lesen – dieses Mal im „Rheinischen Merkur“.

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Ein Kessel Blutrotes

Wer den Berliner Künstler Jörg Buttgereit kennt, wird sich im Vorfeld seiner neuen Theaterarbeit „Rough Cuts“ gedacht haben können, was ihn am Abend des 28. März im „Hebbel am Ufer“-Theater Nr. 2 (HAU 2) erwartet. Buttgereit, der seit den 1980er-Jahren eine feste Größe im deutschen Undergroundkino ist, seit den 90ern vermehrt fürs Fernsehen, Radio und publizistisch tätig ist und in der jüngsten Vergangenheit durch Theaterproduktionen (ebenfalls im Berliner HAU) auf sich aufmerksam gemacht hat, liefert mit seiner „Filmlektionen“-Reihe abermals eine Aufbereitung seiner Lieblingsthemen. Und zu denen gehören zuallererst die Monster – vor allem die Filmmonster, denen an diesem Theater- oder besser: Multimedia-Abend ausreichend gehuldigt wurde.

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Dem Tod eine Form geben

Nach seiner Regisseurskarriere im deutschen Horror-Untergrund hat sich der Berliner Jörg Buttgereit seinen anderen Steckenpferden zugewandt und ist auf einigen Sektoren äußerst produktiv gewesen. Bücher hat er geschrieben, Radiohörspiele und -features produziert, Theaterstücke inszeniert und fürs Fernsehen hat er mehrfach gearbeitet, darunter vor allem für den deutsch-französischen Kultursender ARTE, für den er Regisseur von zwei Folgen der Serie „Durch die Nacht mit …“ war. In dieser Serie werden zwei Prominente zusammengeführt und einen Abend und eine Nacht lang mit der Kamera begleitet. Sie unterhalten sich, zeigen sich gegenseitig ihre Lieblings-Locations und man lernt Seiten von ihnen kennen, die bislang vielleicht verborgen waren. So hat Franka Potente bereits John Carpenter getroffen, Christoph Schlingensief Michel Friedman oder jüngst Kai Diekmann Henryk M. Broder.

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Während du schläfst …

Was gibt es „unfilmischeres“ als einen schlafenden Menschen? Andy Warhol hat das 1963 fünfeinhalb Stunden in seinem Film „Sleep“ vorgeführt. Wenn der Protagonist sich nicht bewegt, nicht agiert, nicht reagiert, ist schlicht kein Spielfilm mit ihm zu machen – zumindest keiner, in dem er der alleinige Erzählgegenstand bleibt. So ist Warhols Film dann auch eher ein Experiment und ästhetische Provokation. Einen Thriller um einen schlafenden hat 2007 der US-amerikanische Regisseur Joby Harold als Debüt vorgelegt: „Awake“ insinuiert vom Titel her genau das Gegenteil von dem, worum es im Film geht.

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Wahrheit im Zeitalter ihrer ästhetischen Wendbarkeit

Die Fantastik der Filme Tim Burtons schöpft sich zumeist aus aus dessen Blick auf die Filmgeschichte. In Filme wie „Beetle Juice“, „Edward Scissorhands“, „Sleepy Hollow“ und sogar dem viel gescholtenen „Planet of the Apes“ verknüpft er mehr oder weniger tradierte Motive der Fantastik mit Historemen der Filmgeschichte und seiner eigenen Interpretation derselben. Der leichtfüßige Ausdruck, den diese Filme dadurch erhalten, ist vor allem letzterer, oft kindlich wirkender Zugangsweise zum Film geschuldet. Burtons Filme wirken so oft „unschuldig“ und glänzen doch gleichzeitig durch extrem detaillierte Beobachtungsgabe und kulturhistorisches Bewusstsein. An „Sleepy Hollow“, der jetzt auf Blu-ray-Disc erschienen ist, lässt sich dies auf allen Ebenen – von der Story über die Figuren bis hin zur Bildästhetik nachvollziehen.

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Geschwärzt

Es ist erfreulich zu sehen, dass sich einige Regisseure, die in den 1960er und 1970er Jahren mit Genrefilmen zu Ruhm gelangt sind, dieser Tage mit aktuellen, zeitkritischen Filmen zurückmelden. Nach George A. Romeros hochinteressantem Neueintrag ins Zombie-Subgenre mit „Diary of the Dead“, folgt nun Brian de Palma, der vor allem durch seine Thriller- und Kriminalstoffe berühmt geworden ist, die viel zu oft fälschlicherweise als bloßes Epigonenkino abgetan wurden. Beide Regisseure haben sich mit ihren neuen Filmen den derzeitigen medialen Umbrüchen gewidmet. In „Redacted“ geht de Palma jedoch einen Schritt weiter als Romero, der Web-Filmformate wie die Flash-Movies auf YouTube in seine bereits bestehende Medienkritik implementiert hat. De Palma erzählt seine Kriegs-Mockumentary selbst aus der Perspektive „autonomer“ Filmverfahren und verschwindet damit – scheinbar – als subjektiver Erzähler.

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Fan, Fan, Fanatisch

Es scheint eine medienspezifische Angst des Filmsystems zu sein, dass sich der Adressat der Botschaft selbst zum Sender erklärt. Der Zuschauer, der ja nicht nur derjenige ist, an den sich das Medium und seine Botschaft „Film“ richtet, ist ja zugleich derjenige, der sie finanziert. In ein klassisches Kommunikationskorsett gezwängt, hat er sich jedoch mit der Rolle des stillschweigenden Empfängers abzufinden. Gegenrede ist ihm nicht nur unmöglich, sie ist ihm auch nicht gestattet. Hinterfragt er einmal die Moralität des Systems oder sogar dessen Sinn insgesamt, wird er gefährlich – die kulturkonservativen Ausfälle der Film-Produzenten gegen das als dialogisch-demokratisch aufgefasste Medium „Internet“, zeigen dies überdeutlich. Interessant wird es auch, wenn Filme sich den Fan zum Thema machen und seine dialogischen Wünsche dämonisieren. Solche Filme hat es immer schon gegeben. Wichtige Marksteine waren 1981 Eckhart Schmidts „Der Fan“, 1982 Martin Scorseses „King of Comedy“, 1990 Rob Reiners „Misery“ und 1996 Tony Scotts „The Fan“. Markant an ihnen ist, dass alle vier Beispiele nicht den Filmfan zum Thema haben, ihn aber meinen könnten.

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[Start/Stopp]

Seit „The Blair Witch Project“ ist die Suggestion von Authentizität zu einem der zentralen Affektästhetiken des Horrorfilms geworden. Dass das, was die Filme an Schrecklichem und Gruseligem vorführen, so geschehen sei, wie es im Film zu sehen ist, wird mit Mitteln des Dokumentarischen zu beglaubigen versucht. Nicht selten treten die Spielfilme sogar direkt als Dokumentarfilme auf und verkleiden ihre Narration als (nachträglich montierten und bearbeiteten) Bericht. Auf diese Weise lassen sich selbst an die unwahrscheinlichsten Sujets Attribute von Wahrheit und Authentizität koppeln. Der jüngste Spielfilm des spanischen Horrorfilm-Regisseurs Jaume Balagueró, „Rec“, ist der jüngste Beleg dieser Strategie.

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When whiteness attacked us …

Horrorfilme nach den literarischen Vorlagen Stephen Kings zählen zwar nicht unbedingt zu den besten, aber häufig zu den erfolgreichsten Beiträgen des Genres, was wohl damit zusammenhängt, dass Kings Stoffe oft den „kleinsten gemeinsamen Teiler“ des Unheimlichen in den verschiedensten Rezipienten ansprechen. Seine Motive bedienen sich bei der Populärkultur, der Volksmythologie oder, wie er es nennt, bei den Ängsten der Kindheit, also verschiedensten Urängsten, greifen damit nicht selten auf kulturelle Stereotype zurück, die von Technikphobie bis hin zur puritanischen Sexualmoral reichen. Deshalb hängt die „Qualität“ eines Stephen-King-Films eigentlich immer davon ab, wer den jeweiligen Stoff für die Leinwand adaptiert. Die Bandbreite reicht vom herausragenden „The Shining“ Stanley Kubricks bis hin zu den sich sklavisch an der Vorlage heftenden Filmen eines Mick Garris. Auch Frank Darabont ist als „King-Verfilmer“ nicht unerfahren: Bereits 1983 hatte er dessen Geschichte „The Woman in the Room“ in einen überaus bedrückenden Kurzfilm verwandelt und 1994 mit „Die Verurteilten“ und 1999 mit „The Green Mile“ Lob und Preise eingeheimst. Seine jüngster Film „Der Nebel“ ist nun auf Blu-ray erschienen und dieser Film hebt sich wieder einmal deutlich von den anderen Leinwandadaptionen Kings ab.

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Unglaubliche Geschichten

In den 1980er Jahren erlebten fantastische Fernsehserien in den USA eine Renaissance. Neben den großen Quotenrennern „Dallas“ und „Dynasty“ über das Leben der Reichen und Schönen fanden teilweise alte Serien wie „The Twilight Zone“ (1985) eine Neuauflage sowie gänzlich neue Produktionen, wie „Tales from the Darkside“ (1984) ihren Weg ins Fernsehen. Sie knüpften damit an Erfolge großer TV-Serien der Sechzigerjahre wie „Outer Limits“ (1963-1965) oder „The Twilight Zone“ (1959-1964) an, die nebenher immer noch wiederholt wurden. Zu den herausragenden Versuchen der neuen kleinen Fantastik-Formate gehörte auch die von Steven Spielberg konzipierte Reihe „Amazing Stories“, die er zwischen 1985 und 1987 mit seiner Firma Amblin Entertainment produzierte.

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Wir sehen tote Menschen

Er zählt bereits zu den modernen Klassikern des Mystery-Thriller- und Horrorfilms, der erste „typische“ Film des indischstämmigen Regisseurs M. Night Shyamalan. Mit „The Sixth Sense“ hat Shyamalan eine Handschrift gefunden, die er für die darauf folgenden drei Filme „Unbreakable“ und „The Village“ beibehalten und weiter ausdifferenziert: Seine Filme erzählen bis zu einem bestimmten Punkt traditionelle Grusel-Geschichten, wenden die Perspektive auf die Story jedoch in einem „Plottwist“ und zeigen daraufhin, dass wir, die Zuschauer, alles ebenso falsch gesehen haben, wie die Protagonisten. Einzig „Signs“ bildet hiervon eine Ausnahme, ähnelt den anderen drei Filmen jedoch in anderer struktureller Hinsicht. In „The Sixth Sense“ ist es noch „nur“ die Charakterisierung der Hauptfigur, die sich im Plottwist wandelt. Die späteren Filme entwerfen Erzählungen, die weit großere Verschwörungen darstellen.

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Wölfe bauen

Eigentlich hatte alles nur ein Scherz sein sollen. Doch dann wurde Ernst daraus … und dann doch wieder ein Spaß, weil das Highschool-Leben an der „West Lake“ so langweilig ist und weil jeder jeden zu kennen glaubt und weil ein Neuer in der Schule ist, der sich noch nicht auskennt. Setting und Personage erinnern bereits an den einen oder anderen Teen-Slasherfilm, von denen es besonders in den 1990ern etliche gegeben hat. Jeff Waldlow versucht das Sub-Genre des „School Slashers“ in „Cry_Wolf“ jedoch zu transzendieren. Er greift dabei auf eine gar nicht so unkluge Erkenntnis zurück: Serienmörder kennen wir alle, aber die meisten nur aus den Medien.

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Kurz vor viertel nach

Zuletzt hat es Pete Travis „Vantage Point“ (hierzulande unter dem Titel  „8 Blickwinkel“) wieder gezeigt: Film, das ist viel mehr als Literatur eine Kunst des Point of View. In dem Maße, wie eine Figur zum Erzähler wird, bestimmt sie nicht nur, was wir wissen, sondern wie wir dieses Wissen moralisch bewerten. Die Manipulation der Erzählzeit unterstützt den Effekt noch: Durch ein filmisches Zurückspulen wird es möglich, eine Begebenheit noch einmal von vorn und dieses mal anders zu zeigen. Diesen Effekt haben Filme wie Jim Jarmuschs „Mystery Train“ und die Werke des britischen Filmkünstlers Mike Figgis auf fruchtbare Weise genutzt. Greg Marcks’ „11:14“ steht in der Tradition jener Werke und versucht das Experiment zu einem Thriller auszubauen.
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Den Krieg gibt es nicht

Dass es in einem Konflikt und damit erst recht im Krieg bedeutsam ist, welche Perspektive man auf das Geschehen einnimmt, hat zuletzt Brian de Palmas pseudo-dokumentarischer Irak-Kriegsfilm „Redacted“ gezeigt. Dort steht ein Kriegsverbrechen im Zentrum des Geschehens, ein Verbrechen, das zwar unzweifelhaft stattgefunden hat, aber aus ganz verschiedenen Blickwinkeln ganz unterschiedlich wahrgenommen wurde – vor allem angesichts der Schuldfrage. Einen ähnlichen Fall nimmt sich Ari Folmans Film „Walz with Bashir“ vor, der vom Krieg zwischen Israel und dem Libanon im Jahre 1982 erzählt. Besonders an dieser Erzählung ist einerseits, dass sie im Gewand eines Zeichentrickfilms daherkommt. Andererseits konstruiert sie die Ereignisse – oder eben die verschiedenen Wahrnehmungen davon und Erinnerungen daran – aus Gedächtnisfragmenten.

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Ein Märchen vom Erwachsenwerden

Fragt man nach den Gemeinsamkeiten der Filme des 1995 verstorbenen Filmregisseurs Louis Malle, so muss die Antwort überraschenderweise „ihre Unterschiedlichkeit“ lauten. Malle hat in vielen Ländern gedreht, viele Genres bedient und ist dabei nicht selten stilbildend gewesen. Der Erfolg beim Publikum und den Kritikern ist ihm dabei zumeist sicher gewesen. Nur mit wenigen Ausnahmen, wie seinem 1975 entstandenen Film „Black Moon“, konnten die meisten Zuschauer nichts anfangen. Das sich bis heute bei „Black Moon“ nur ein wenig geändert hat – vielleicht einer der Gründe dafür, dass der Film erst jetzt als DVD in Deutschland erscheint.

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»den langweiligen Teil weglassen«

Umberto Eco hat 1989 über den Pornofilm resümiert: „Wenn die Protagonisten des Films länger brauchen, um sich von A nach B zu begeben, als man es sehen möchte, dann handelt es sich um einen Pornofilm.“ Ende der 1980er Jahre schien diese Aussage trotz all ihrer Ironie noch zuzutreffen: Das Kino war langsamer und gerade Filme, in denen es schnell „zur Sache“ gehen muss, haben durch die Länge ihre Einstellungen mehr Erwartungen im Zuschauer aufgebaut als das Kommende dann häufig rechtfertigen konnte. Mit der zunehmenden Dynamisierung der Montage, angeleitet durch die Ästhetiken des Musikfernsehens hat sich zusätzlich eine Ungeduld im Zuschauer breitgemacht, die es heutigen, jüngeren Generationen angeblich schon schwer machen soll, Plansequenzen in Filmen wie „Spiel mir das Lied vom Tod“ überhaupt noch pausenfrei durchzustehen. Diese „junge Generation“ von Filmzuschauern scheint genau die Zielgruppe von Filmen wie „Speed Racer“ oder „Jumper“ zu sein. Erstaunlich, dass gerade letzerer einen der ältesten Filmtricks überhaupt benutzt, um derartig neu zu wirken.

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