Anders als im echten Leben geht vom Proleten, dem Asozialen, dem kleinen Gauner und Halunken eine unerklärliche Faszination aus, wenn er auf der Leinwand erscheint.Möchte man vor saufenden, sich in peinlichem Imponiergehabe ergehenden Halbwüchsigen in der Realität am liebsten die Flucht ergreifen oder ihnen wenigstens ein paar Monate Stubenarrest aufbrummen, sind Marlon Brando und James Dean mit ihren rebellischen Halbstarkenrollen zu Ikonen und Idolen nicht nur der Jugendkultur geworden. Ein seltenes deutsches Filmbeispiel für den Typus des Halbstarken ist Freddy Borchert aus Georg Tresslers Nachkriegsklassiker „Die Halbstarken“, genial interpretiert von einem jungen Horst Buchholz, der damit den Grundstein für eine internationale Karriere legte.
Erkenne deinen Feind
Algerien während des Kriegsjahres 1942: Der desertierte britische Major Donald Craig (Rock Hudson) wird von vermeintlich neutralen Franzosen aufgegriffen und zum Abtransport in ein deutsches Internierungslager vorbereitet. Wenig später wird er jedoch von Captain Kurt Bergman (George Peppard) befreit, einem Nazi, der sich dann jedoch als deutscher Jude im Dienste des britischen Geheimdienstes entpuppt. Die Briten möchten aufgrund der sich zuspitzenden Situation in Nordafrika einen alten, einst abgeschmetterteten Plan Craigs in die Tat umsetzen, um die Eroberung El Alameins durch die Nazis zu verhindern und deren Siegeszug aufzuhalten: Die in Tobruk befindlichen Treibstoffvorräte für Rommels Panzerdivision sollen zerstört werden. Doch bis Tobruk ist es ein weiter Weg …
Soldaten sind Marder
Die in selbstmörderischer Mission befindlichen Soldaten haben sich in die ausweglose Situation manövriert. Sie schauen sich an, erkennen, dass sie Freunde geworden sind und als Freunde gemeinsam in den Tod gehen werden. Ihr Land hat sie verraten, trotzdem singen sie jetzt alle gemeinsam tränenüberströmt ihre martialische Nationalhymne. Mit dem schon vergossenen Blut schreiben sie ihre Namen an die Innenwände des Busses, in dem sie sitzen. Dann sprengen sie sich mit ihren Handgranaten selbst in die Luft …
Zwei Filme mit Freddy Quinn
Freddy Quinn, ein Mann wie Kernseife: praktisch, zuverlässig, anpassungsfähig, rustikal und einfach. Aber allen unzweifelhaft vorhandenen Vorteilen zum Trotz: Kernseife hinterlässt immer auch einen etwas muffigen Geruch. Freddy Quinn wurde 1931 in Österreich geboren und mit seiner charakteristischen Mischung aus aseptischem Charme und hemdsärmeliger Bodenständigkeit sowohl als Schauspieler als auch als Sänger und Entertainer im Deutschland der Nachkriegsjahrzehnte berühmt. Seine Filme und Lieder bedienten den dringenden Wunsch nach Eskapismus, gleichzeitig besänftigten sie aber auch stets das Gewissen der Deutschen: In der Heimat ist es immer noch am schönsten, man darf also ruhig zu Hause bleiben.
Die Kinder der Toten
Vorspeise: Das Genre frisst seine Kinder. So wie die titelgebenden Zombies von J. S. Cardones Film – eine Gruppe Kinder, die vor knapp hundert Jahren bei der Verrichtung ihrer Arbeit in einem Bergwerk verschüttet wurde und nun auf der Suche nach Gerechtigkeit und einer Heimat ist –, mit Spaten und Spitzhacke über gierige Grundstücksspekulanten und andere Opfer herfällt, um diese letztlich zu verspeisen, so wird auch J. S. Cardones merkwürdig unentschlossener Film von gängigen Genrestrukturen und hundertfach abgespulten Klischees verhackstückt und einverleibt.
Toll trieben es die Nachkriegsdeutschen
Mitten auf der Straße in München: Zwei pubertierende Jungen, der eine als klassische „Brillenschlange“ erkennbar, der andere mit neurotischem Mundwinkelzucken ebenfalls als sexuell unerfahren gekennzeichnet, überreden ein durchtriebenes Luder auf der Straße dazu, ihnen endlich die Jungfräulichkeit zu nehmen. Weil der Brillenträger jedoch eine äußerst neugierige urbayrische Vermieterin hat, müssen sie das Mädel im Karton eines Fernsehapparates in dessen Zimmer schmuggeln, was die entsprechenden Kapriolen nach sich zieht („Der Fernseher hat geniest!“ „Ja, das ist ja auch ein Farbfernseher!“). Dieselbe Vermieterin begegnet einem andernorts (und in beinahe allen Hartwig-Sexfilmen) als schelmische Putzfrau wieder, die ein junges Mädchen vor den Übergriffen des immergeilen italienischen Gastarbeiters beschützen will und mit ihr schließlich einen Plan zur Abkühlung des Schürzenjägers entwickelt. Am Ende steht der enttäuschte Italiener allein nackt da und wird von der herbeigerufenen Feuerwehr „abgespritzt“.
Wolken aus Blut
Drei Killer stehen am hellichten Tag auf der Straße und warten auf die Ankunft ihrer Zielperson. Es handelt sich um einen alten Freund und Weggefährten, der wegen Verrats auf der Abschussliste des Triadenbosses steht. Was dieser jedoch nicht weiß: Auch einer seiner Killer war an diesem Verrat beteiligt, wurde aber von der Zielperson gedeckt. Als das Opfer ankommt, begleiten die Killer ihn in seine Wohnung, wo dessen Frau mit einem Säugling auf dem Arm wartet. Eine unangenehme Stille belastet die Situation. Bis das Baby beginnt zu schreien …
Die Hunde beißen die Letzten
Während der von den Helden eroberte und unter Kontrolle gebrachte Zug unaufhaltsam auf den Zielort zurollt, macht sich von diesem ein einsamer Streiter auf, um das Dampfross abzufangen: Der Bahnhof, in den der Zug sicher einrollen soll, wurde nämlich unerwartet von den Schurken überfallen, die die Ankunft der Helden nun mit dem Gewehr im Anschlag erwarten. An Bord des Zuges finden indessen die letzten vereinzelten Gefechte statt, ausgetragen in der Hoffnung, siegreich und vor allem lebend aus der ganzen Sache rauszukommen …
Filme unserer Väter
Original oder Fälschung? Das Foto der Flaggenhissung auf dem Mount Suribachi gilt als eine der meistreproduzierten Fotografien überhaupt. „Filme unserer Väter“ weiterlesen
Zwei Filme von Jess Franco
Auch wenn der spanische Filmemacher Jess Franco die Kritiker- und Zuschauerschaft nach wie vor in begeisterte Fürsprecher und erbitterte Verächter spaltet, wird seine immense Bedeutung für das europäische Exploitationkino der 60er- und 70er-Jahre mittlerweile kaum noch bestritten.
Partyluder Dorian Gray
Anti-Aging, Methusalem-Komplott, Überalterung, Jugendwahn. Begriffe, die seit einigen Jahren verstärkt über die Titelblätter nicht nur der Boulevardmagazine geistern und in marktschreierischem Gestus Weltuntergangsstimmung verbreiten. „Partyluder Dorian Gray“ weiterlesen
Wozu in die Ferne schweifen …
Als 2005 Wilson Yips „SPL“ erschien, da wollte man am liebsten die Renaissance der Hongkong-Action ausrufen, „Wozu in die Ferne schweifen …“ weiterlesen
Sie haben es sich verdient
„Wenn einer eine Reise tut, dann kann man ihn gut quälen.“ So ähnlich ließe sich das Konzept hinter dem im letzten Jahr aus der Taufe gehobenen und marktschreierisch „Torture Porn“ betitelten Horror-Subgenre beschreiben. In den definierenden Filmen „Wolf Creek“ und dem populären „Hostel“ durfte der Zuschauer den Protagonisten dabei zusehen, wie sich deren Urlaub in einen blutigen Albtraum verwandelte. Mit „Turistas“ findet der Torture Porn nun auch Eingang in den popcornigen Horror-Mainstream, nachdem Eli Roth in seinem als Nerdfest getarnten Film europäische US-Kritik und US-amerikanische Paranoia erstaunlich geschickt unter einen Hut brachte und „Wolf Creek“ seine Geschichte sehr artifiziell und stilistisch irgendwo zwischen Peter Weirs „Picknick am Valentinstag“ und der dokumentarischen Authentizität des True-Crime-Cinemas angesiedelt aufbereitete.
Das Schweigen der Bilder
Dem Diktum Hitchcocks, dass ein Film auf das gesprochene Wort zugunsten der Bilder möglichst verzichten sollte, scheint das moderne Effektkino relativ nahe zu kommen. „Das Schweigen der Bilder“ weiterlesen
Am Ende einer Ära
Nachdem der Actionfilm mehrere Jahrzehnte brauchte, um schließlich in den Achtzigern als eigenes Genre wahrgenommen zu werden, versank er nur ein Jahrzehnt später schon wieder in der Versenkung. „Am Ende einer Ära“ weiterlesen
Zwei Filme von John Cassavetes
Die Kamera rückt dem Stripclub-Besitzer Cosmo Vitelli der Hauptfigur von Cassavetes „Mord an einem chinesischen Buchmacher“, so dicht auf den Leib, dass über weite Strecken unklar bleibt, mit wem er redet oder wo er sich bewegt. „Zwei Filme von John Cassavetes“ weiterlesen
Kinder und Betrunkene sagen die Wahrheit
Ein kleiner Junge, der mit einem Zauberschwert ausgestattet den Kampf gegen einen finsteren Bösewicht und dessen Maschinenmonster aufnehmen muss; eine Armee guter Geister aller Formen und Gestalten; ein puscheliges Wieselwesen, das die Ewoks an Niedlichkeit weit in den Schatten stellt; magische Bohnen, eine stille Familiengeschichte und eine Schlacht, bei der es um nicht weniger als das Ende der Welt geht – und nicht zuletzt eine Liebesgeschichte. Ein wenig „Der Herr der Ringe“ und „Terminator“, ein Schuss „Ghostbusters“, ein bisschen „Peter Pan“ und „The Sixth Sense“ und das alles im Gewand eines (zumindest in Japan) kinderfreundlichen Abenteuerfilms mit deutlichen Mangaelementen: Das ist Takashi Miikes „Krieg der Dämonen: The Great Yokai War“, ein Ausflug des vielseitigen und arbeitswütigen Regisseurs ins Big-Budget-Kino, bis zum Bersten mit Ideen, Bildern und Plots vollgestopft und für den europäischen Zuschauer trotz größter Zugänglichkeit mehr als rätselhaft.
Maske gegen Muskel
„Qualität statt Quantität“ ist ein Leitspruch, der aus dem Handbuch des erfolgreichen Exploitationfilm-Produzenten garantiert mit dickem roten Strich ausgestrichen wurde, denn statt der Dezenz gilt für ihn meist eher die Devise des „Doppelt gemoppelt hält besser“. „Maske gegen Muskel“ weiterlesen
Räuber (und Gendarm)
Anlässlich eines unfreiwilligen Bewerbungsgesprächs beim mysteriösen „Syndikat“ lernt der dreifach vorbestrafte Franz (Rainer Werner Fassbinder) den mehrfachen Mörder Bruno (Ulli Lommel) kennen. Flugs wird der in die Münchner Wohnung eingeladen, wo er sich bei Franz und dessen Geliebter, der Prostituierten Johanna (Hanna Schygulla), einquartiert. Die Spannung zwischen den Dreien entlädt sich in einer komplizierten Dreiecksbeziehung und dann auch in diversen Morden, bevor die unheilvolle Freundschaft schließlich in einem geplanten Banküberfall kulminiert …
Schwein oder Nichtschwein?
Ein Greis sackt im Wüstensand zusammen, stößt einen beinahe unmenschlichen Schrei aus, unter dem sich sein Körper aufbäumt; ein Autowrack hängt kopfüber in einem vertrockneten Baumgerippe, wird von einer rätselhaften Lichtquelle angestrahlt; ein Mann sitzt auf dem Turm eines Windrades, das von einer Horde Schweine umgestürzt wird; eine Känguruhschlachterei in einer verrotteten Fabrik mitten im Nirgendwo.

