Impressionen aus der Hölle

Sergio Corbuccis „Django“ gehört zusammen mit Sergio Leones Western zu den Filmen, die das Genre des Italo-Westerns definierten. Verbitterte, zynische Revolverhelden, die in der trostlosen Ödnis der amerikanischen (bzw. jugoslawischen) Prärie Tod und Verderben über skrupellose Viehbarone, Eisenbahner oder brutale Generäle brachten und am Ende wieder in dem Nichts verschwanden, aus dem sie zu Beginn gekommen waren: so sah die Bilderwelt des italienischen Western aus, die sich radikal von den romantisierenden Heldengeschichten ihrer amerikanischen Vorbilder unterschied. „Impressionen aus der Hölle“ weiterlesen

Homo faber?

Obwohl James Cameron sich unzweifelhaft dem Unterhaltungskino verschrieben hat, ist es ihm gelungen, sich mit seinen Filmen wort- und bildgewaltig in technologische und politische Diskurse einzuklinken. So drehte er 1984 mit „The Terminator“ einen Film, den man rückblickend wohl nur als epochebildend bezeichnen kann. „Homo faber?“ weiterlesen

Abgesoffen

Der klassische Katastrophenfilm vereinte stets zwei Motive: die Ohnmacht des Menschen vor der übermächtigen und unbezähmbaren Natur und die Angst vor dem trügerischen Segen der Technik. In den technischen Errungenschaften des Menschen – Schiffe, Hochhäuser, Flugzeuge – spiegelt sich seine Hybris, die im Verlauf der Hnadlung den Zorn eines alttestamentarischen Schöpfergottes in Form von Erdbeben, Feuersbrünsten, Sturmfluten und Wirbelstürmen auf sich zieht. In einem Jahrzehnt wie den 70ern, das durch die Ölkrise und innenpolitische Skandale geprägt war, war der Katastrophenfilm der perfekte Katalysator für den aufkeimenden Zivilisationspessimismus.
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Anleitung zum neugierig sein

Eine Rezension über einen Ratgeber mit dem Titel „Kritiken schreiben“ zu schreiben, ist eine undankbare Aufgabe. Wird man den Ausführungen des Buches mit der eigenen Kritik gerecht? Oder produziert man nur ein weiteres Beispiel für eine von Autor Stephan Porombka zitierte misslungene Kritik? Und wie würdigt man die Qualitäten seines Buches besser: indem man sagt, wie gut es geschrieben ist, wie leicht verständlich, undogmatisch und anregend oder indem man eben einfach eine im Sinne des Autors „gelungene“ Kritik verfasst?
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Gewinner oder Verlierer?

Der zweite Band der Reihe Film-Konzepte widmet sich mit Charlie Chaplin und Buster Keaton zwei der berühmtesten Kinofiguren und auteurs überhaupt. Aber auch über diese rein filmhistorische Bedeutung hinaus lohnt sich eine Beschäftigung mit Chaplins und Keatons Filmen besonders heute, wie in diesem Band deutlich aufgezeigt wird. Ihre Filme, in denen sie auf zeitgenössische gesellschaftliche Entwicklungen reagierten, erhalten vor dem gegenwärtigen Hintergrund von Arbeitslosigkeit, der zunehmenden Technisierung der Welt, dem Schwinden sozialer Bindungen und der Anonymisierung des Einzelnen nämlich neue Aktualität – ein klassischer Fall von Horizontverschmelzung.
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The Heart of the Warrior

Dass das spanische Unterhaltungskino blüht und gedeiht, davon konnte man sich in den letzten Jahren anhand der Filme von Jaume Balaguero, Javier Fesser, Santiago Segura oder Alex de la Iglesia immer wieder überzeugen. Mit großem Selbstbewusstsein, handwerklichem Geschick, Witz und neuen Ideen entstanden Filme, die sich nicht darin erschöpften, große Vorbilder aus Übersee zu kopieren oder sich mit künstlerischer Verweigerungshaltung des potenziellen Publikums zu berauben. Ein gutes Beispiel für dieses neue spanische Kino ist Daniel Monzóns 2000 entstandener „The Heart of the Warrior“.
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Der Berg ruft

Slasher- und Backwood-Film passten seit jeher gut zusammen, auch wenn das Slasher-Genre noch in tiefem Schlummer lag, als John Boorman mit BEIM STERBEN IST JEDER DER ERSTE das Genre des Backwood-Films aus der Taufe hob. In seinem Klassiker wird die Hybris chauvinistischer Städter, die sich als die Gralshüter von Vernunft und Fortschritt wähnen, durch das schlechte Gewissen Amerikas bestraft, der Bevölkerung des Hinterlands, das von den Protagonisten für einen Wochenendtrip auserkoren wurde. Der Trip ins Naturidyll wird zum Albtraum.
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Portrait of a Serial Killer

Auch im unvermeidlichen Sequel zu SLEEPAWAY CAMP arbeiten die Drehbuchschreiber weiter daran, den die Genremechanismen reflektierenden Tenor des Originals beizubehalten. Wurde in BLUTIGER SOMMER – CAMP DES GRAUENS die Grundthese des Slasher-Films – Sex ist krank und muss deshalb bestraft werden – falsifiziert, indem genau das Gegenteil bebildert wurde, so widmet sich das Sequel nun dem Innenleben des eigentlichen Slasher-Protagonisten, dem psychopathischen Killer, und holt so an die Oberfläche, was im Slasher-Film lediglich Subtext ist. Dabei geht aber auch CAMP DES GRAUENS 2 den Weg aller Sequels des Subgenres und macht den Antagonisten des Vorgängers zum Protagonisten. Dies hat zur Folge, dass sich das Augenmerk des Slasher-Film-Sequels von der Frage „Wer war es?“ – der Frage des klassischen Kriminalfilms – hin zu einem „Wie wird er es tun?“ verlagert. Mit dieser Entwicklung geht zunehmend eine Fragmentierung der Handlung einher: Eine Geschichte im klassischen Sinn wird nicht mehr erzählt, vielmehr werden einfach mehr oder weniger spektakuläre Mordszenen lose miteinander verbunden. Diese Entwicklung ist auch in CAMP DES GRAUENS 2 zu beobachten, der sich strukturell nahtlos in sein Genre einfügt.
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Coming-out

BLUTIGER SOMMER – DAS CAMP DES GRAUENS ist ein Vertreter der zweiten, schon abebbenden Welle des Slasher-Subgenres, jenes Genres, in dem promiske Teens für ihr sündhaftes Treiben von einem puritanischen Killer bestraft werden. Zur ganz großen Popularität eines FREITAG, DER 13. oder HALLOWEEN hat es zwar nicht gereicht, doch immerhin brachte es auch diese Reihe auf zwei Sequels (ein weiteres ist derzeit angeblich in Planung). Erzählt wird die Geschichte Angelas, die als Kind bei einem tragischen Unfall ihren Bruder verlor. So suggerieren es wenigstens die Bilder, die man zu Beginn des Films – genretypisch – als Rückblende dargereicht bekommt – der Kenner weiß diese Rückblende als Genese des Killers zu interpretieren. Acht Jahre später wird die neurotische, wenn nicht gar autistische Angela von ihrer Ziehmutter, der sich affektiert gebärdenden Tante, zusammen mit ihrem Cousin Ricky ins Camp Arawak verfrachtet. Schon während der Creditsequenz macht eine Kamerafahrt durch das entvölkerte Camp, die auf einem Schild mit der Aufschrift „For Sale“ endet, klar, dass dieser Urlaub ein böses Ende nehmen wird. Die Zeichen verdichten sich, die Mordserie lässt nicht mehr lange auf sich warten. Die Opfer haben alle eines gemeinsam: Kurz vor ihrem Tod trieben sie ihre bösen Scherze mit Angela, die aufgrund ihres zurückhaltenden und schüchternen Verhaltens bald schon zum Gespött des Camps wird. Ist sie der Mörder? Und wenn ja: Was ist der Hintergrund ihrer psychischen Disposition?
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