In den 1980er-Jahren steckt John Badham mit drei Filmen das popkulturelle Potenzial von Kalter-Kriegs-Waffentechnologien ab: Im SDI-Jahr 1983 nimmt er in „Blue Thunder“ die heimliche Luftüberwachung ins Visier, im selben Jahr schaut er sich den Computer als Kriegsmaschine an („War Games“), welche nicht zwischen Ernst und Spiel unterscheiden kann. Drei Jahre später begibt sich Badham auf das „automated battlefiled“ und überführt die US-amerikanischen Bemühungen, unbemannte Kriege mithilfe von Robotern zu führen, in „Short Circuit“ ins Lächerliche einer Romantic Comedy. Doch „Nummer 5 lebt!“, wie der Film in Deutschland heißt, ist weit mehr als nur eine Persiflage auf diese neue Waffengattung: Er erweitert die Überlegungen aus „War Games“ zu der Frage, wie maschinelles Selbstbewusstsein entsteht und wo im anbrechenden Zeitalter der Künstlichen Intelligenz die Grenze zwischen Sein und Dasein verläuft.
I am the one and only
Kurz bevor sich Duncan Jones in seinem neuen Science-Fiction-Film „Source Code“, der 2011 in die Kinos kommt, mit dem Thema des Körpertauschs befasst, erscheint sein Film „Moon“, der ein ganz ähnliches Motiv behandelt, hierzulande auf DVD und Blu-ray-Disc. Der Film galt bereits im vorvergangenen Sommer auf dem Fantasy Filmfest als Überraschungserfolg, gerade weil die ruhige, elegische Erzählweise und die an Vorbilder wie „2001: Odyssee im Weltraum“ erinnernde Bildästhetik zusammen mit dem atemberaubenden Soundtrack Clint Mansells eine regelrechte Frischzellenkur für das Genre darstellte, in welchem zuletzt eigentlich vor allem Megalomanie vorherrschend war. Doch „Moon“ ist Kubricks Film in mehrfacher Hinsicht ähnlich, weil es mit ihm zentrale Motive teilt und diese neu bedenkt.
The ultimate debugging is death.
Technik macht Hoffnung und Technik macht Angst. Beides kommt am deutlichsten in Utopien zum Ausdruck, in denen die Zukunft der Menschheit vor dem Hintergrund technologischer Entwicklung verhandelt wird. Dass diese Utopien trotz all ihrer Fiktivität jedoch keineswegs immer fiktionalen Charakter haben müssen, zeigen Auseinandersetzungen von Platon bis in die Gegenwart. Gesellschaft und Technik entwickeln sich aneinander, befördern und behindern einander. Doch insbesondere seit der industriellen Revolution kippt das Bild immer markanter hin in Richtung der Dystopie: Die Technik beraubt den Menschen seiner Möglichkeiten anstatt ihn zu unterstützen, sie verursacht Isolation und Deprivation. Der Computer und seine technischen Apparaturen und Funktionen dienen seit einigen Jahrzehnten als Verkörperungsphantasma dieser Ängste. Der Deutsche Regisseur Jens Schanze widmet sich in seinem Dokumentarfilm „Plug & Pray“ genau diesem Phänomen.
Alles da und trotzdem alles falsch
Eine Kinoadaption von „Astro Boy“ ist nicht einfach nur eine weitere Mangaverfilmung, schon gar nicht, wenn sie aus Hollywood kommt. Osamu Tezukas 1952 erschaffener Roboterjunge ist kein austauschbarer Comicheld von der Stange, sondern kommt in seiner Bedeutung für die japanische Populärkultur der vergangenen sechs Dekaden der Popularität einer Mickey Mouse im Einflussbereich der US-amerikanischen Kulturhegemonie gleich. Ein Hauptwerk der Mangakultur und ihres bedeutenden Autoren Tezuka, dessen verschiedene Animeadaptionen – eine Serie in den 1960er-Jahren, ein Remake in den 1980er-Jahren sowie ein weiteres in den 2000ern – auch außerhalb Japans erfolgreich waren und die japanische Animationsfilmkultur weltweit populär zu machen halfen. Eine Kinoadaption als Hollywoodproduktion, also in einen völlig unterschiedlichen kulturellen Rahmen gerückt, ist im Grunde bereits ein kontroverses Vorhaben; man erinnere sich nur um die Debatten um Roland Emmerichs amerikanisierten „Godzilla“, für den die Japaner, jüngere Seitenhiebe aus den kaiju eiga von Shusuke Kaneko oder Ryuhei Kitamura zeigen es überdeutlich, bis heute nur Spott und Geringschätzung übrig haben. Entschärft wird dieser unweigerliche Konflikt um Deutungshoheit und kulturelles Nationalerbe auch sicher nicht durch den Umstand, dass sich die seit Jahren hypererfolgreiche Animationsfilmkultur der USA grundlegend und unversöhnlich von der japanischen unterscheidet.
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Die Geburt des Roboters aus dem Geist der Science Fiction
Als der erste Industrie-Roboter mit Namen UNIMATE im Jahre 1961 seine Arbeit aufnahm, war das intellektuelle Konzept, das ihm zugrunde lag, schon längst durchdacht: Bis in die griechische Antike, zu den Golem-Sagen des Judentums oder der mittelalterlichen Philosophie lässt sich die Idee des künstlichen, mechanischen Menschen zurückverfolgen. Dass UNIMATE und seine Nachkommen diese Fantasien hernach in Qualität und Quantität stärker beeinflussten als ihre mythologischen Quellen, ist allerdings auch unzweifelhaft. Wie bei vielen Technologien ist die Beziehung zwischen Innovation und kultureller Verarbeitung wechselseitig. Eigentlich handelt das Jugendbuch „Roboter. Was unsere Helfer von Morgen heute schon können“ nicht davon. Doch bereits im Titel deutet sich dieser Subtext an, ja drängt sich förmlich auf, sodass eine Betrachtung des Buches unter diesem Paradigma allemal lohnenswert erscheint.
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My Sassy Terminator
Bereits in Kwak Jae-Youngs Kinodebüt „My Sassy Girl“ (2001), zur Hochphase der koreanischen New Wave um die Jahrtausendwende entstanden und seither zum viel geliebten Klassiker avanciert, gibt es ein Filmdrehbuch mit dem Titel „Demolition Terminator“. Verfasst von der verhaltensauffälligen Freundin des schüchternen Protagonisten, bringt es dort im allerschönsten unter den Running Gags dieser grellen Komödie einen Leser nach dem anderen dazu, sich vor Entsetzen lautstark zu übergeben. Mit seinem vierten Film „Cyborg She“ schloss Kwak dann sieben Jahre später einen Kreis, indem er seine Variation auf die zitierte Vorlage inszenierte und damit demonstrierte, wie „The Terminator“ hätte aussehen können, hätte James Cameron ihn als romantische Komödie konzipiert.
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»Best Dream in the History of Dreams«
Der Videoclip-Regisseur Spike Jonze hat in zahlreichen Spielfilmen sein Talent als Erzähler skurriler Geschichten bewiesen. Zusammen mit Michel Gondry hat er die Filmästhetik um maßgebliche Ästhetiken des Musikvideos bereichert, dabei jedoch eine ganz eigene Sprache gefunden. Diese findet sich quasi kondensiert in seinem neuesten Werk, einem 30-minütigen Kurzfilm mit dem Titel „I’m Here“, der die Liebesgeschichte zweier Roboter in an „absolut world“ erzählt. Der Untertitel verrät bereits, dass es sich um einen Werbefilm handelt – für die Wodka-Marke „Absolut“; vom Getränk selbst ist in „I’m Here“ zum Glück nichts zu sehen. Jochen Werner und Stefan Höltgen haben den Film zusammen gesehen und einen Videopodcast dazu erstellt:
»Failure is not an option!«
Die Videospiel-Serie „MegaMan“ gehört seit Mitte der 1980er Jahre zu den Aushängeschildern der Firma „Capcom“. Vor kurzem ist nicht nur der zehnte Teil der Serie erschienen, sondern auch ein von Fans inszenierter, abendfüllender Spielfilm. Sehen Sie hier unseren VidCast zum Film:
F.LM-VidCast #1 zu „MegaMan – Fan Movie“
mit Jochen Werner und Stefan Höltgen
Maschinenherz und Herzmaschine
Berlin im Februar 2010. Auf dem Potsdamer Platz herrscht die alljährliche Hektik der Berlinale. Es ist das 60. Jubiläum des Filmfestivals und einer der diesjährigen Höhepunkte wird kein ganz neuer, sondern ein ganz alter Film sein, der in lange Zeit nicht gesehener Version vorgeführt wird: Fritz Langs „Metropolis“ von 1927, der in einer jetzt 24 Minuten längeren, restaurierten Fassung fast wieder vollständig vorliegt.
Zwei Kilometer vom Potsdamer Platz entfernt erlebt kurz vor Beginn der Berlinale noch das Werk eines zweiten Künstlers nach Jahrzehnten ein erneutes öffentliches Wiedersehen: Fritz Kahn und die von ihm konzipierten Grafiken zur Physiologie und Anatomie des menschlichen Körpers. Die Ausstellung über Kahn findet im Medizinhistorischen Museum der Charité statt und heißt „Menschmaschine“. Zu beiden Kulturereignissen sind vor kurzem ausführliche Kataloge erschienen.
Von Menschen und Maschinen
Es ist eine Galavorstellung, die das Herz des Filmliebhabers höher schlagen lässt. 83 Jahre nach der Uraufführung kann der Zuschauer an einem ganz besonderen Abend Fritz Langs Stummfilmklassiker „Metropolis“ in seiner beinahe ursprünglichen Fassung wieder auf der Leinwand bewundern. Begleitet wird die Vorstellung auf der Tonebene von Gottfried Huppertz‘ Originalpartitur, umgesetzt durch das Berliner Rundfunk-Sinfonieorchester. Die glamouröse Atmosphäre des Berliner Friedrichstadtpalastes rundet das Erlebnis ab und betont auch noch einmal die Besonderheit dieser Situation.
Wahnsinn mit Routine
Die konstruktivistische Psychologie sieht in der Wahnvorstellung des Psychotikers nicht einfach eine „falsche Wahrnehmung“; sie geht vielmehr davon aus, dass zwischen der Wirklichkeit erster Ordnung (die uns allen in ihrem Sosein verschlossen ist) und der zweiter Ordnung (die nur als Bild in unserem Gehirn existiert) lediglich eine „schlechte“, das heißt: leidensverursachende interpretatorische Verbindung besteht. Der Psychotiker kann also geheilt (oder sein Leid zumindest gemindert werden), wenn seine Interpretation der Wirklichkeit einen anderen Verlauf nimmt. Dann zum Beispiel leidet er nicht mehr darunter zu glauben, ein Cyborg zu sein, er sieht es als Chance.