Ein seltsames Spiel …

Vor zehn Jahren ist Cominic Ancianos und Ray Burdis „Filmexperiment“ mit dem Titel „Final Cut“ erschienen und es hat bis heute gedauert, bis der Film hierzulande auf DVD erhältlich war. Das mag angesichts der Unmengen von Filmen, die niemals einen deutschen Verleih finden werden, vielleicht nicht verwundern. Dass hingegen Jude Law, der die vermeintliche Hauptrolle in „Final Cut“ spielt, nicht einmal als Zugpferd für die Auswertung herhalten konnte, macht skeptisch. Und tatsächlich sind es wohl auch die enormen dramaturgischen und ästhetischen Schwächen, die „Final Cut“ so lange in der Warteschleife gehalten haben. Jetzt sind sie für jedermann sichtbar auf einer DVD von „Galileo Medien“.

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Zu Zweit allein

Eine lange Autofahrt, nachts, allein. Das Autoradio plärrt blechern, Langweile und Müdigkeit machen sich breit. Die ersehnte Unterhaltung und Abwechslung steht plötzlich in Gestalt eines Anhalters am Straßenrand, mitten in der Pampa. Freundlich hält der Fahrer an, lässt den Mann einsteigen, es ist nicht klar, wer sich hier mehr freut. Doch die Freude weicht bald der lähmenden Angst. Das folgende Gespräch, das doch nur die lange Fahrtzeit verkürzen sollte, wird immer unangenehmer und ein paar Minuten später hat der Fahrer ein Messer am Hals: Statt eines Gesprächspartners hat er sich einen gefährlichen Psychopathen ins Auto geholt und der lässt sich einfach nicht mehr abwimmeln. Das ist die Ausgangssituation für „Hitcher, der Highway-Killer“, einem kleinen, aber immens einflussreichen Thriller der Achtziger-Jahre. Robert Harmon inszenierte das Duell zwischen Anhalter und Fahrer damals als den Vater-Sohn-Konflikt, der nach dem Vietnamkrieg längst überfällig war und sich im Niemandsland des amerikanischen Mittelwestens mit brachialer Gewalt entlud.

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Wenn der Instinkt trügt

Catherine Tramell (verkörpert von Sharon Stone) ist als eine der geheimnisvollsten Frauengestalten in die Geschichte des populären Kinos eingegangen. „Ich verrate doch nichts, nur weil ich einen Orgasmus habe“, – lautete ihre berühmte Sentenz aus „Basic Instinct“ (1992). Dadurch hat sie eine Reihe der geschlechtsgebundenen Stereotype in Frage und auf den Kopf gestellt, unter anderem den Mythos über den weiblichen Kontrollverlust beim (leidenschaftlichen) Sex. Sie hatte Spaß und sie hatte Kontrolle! Dieses subversive Szenario hat der Film freilich dadurch entschärft, dass er aus Catherine eine männermordende Bestie machte und ihr ganzes Verhalten somit als eindeutig pervers denunzierte. Seine einzigartige Spannung schöpfte „Basic Instinct“ jedoch aus der Tatsache, dass Catherines Figur die ganze Zeit ambivalent blieb und ihre Schuld bis zum überraschenden Schluss nicht geklärt war.
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One Missed Call

Unheimliches trägt sich unter (vornehmlich weiblichen) japanischen Jugendlichen zu: Eine nach der anderen erhält einen mysteriösen Anruf aufs Handy, der nicht nur auch vom eigenen Handy kommt, sondern auch noch aus der näheren Zukunft und nichts anderes als den eigenen Tod überträgt. Der tritt in Folge auch meist recht pünktlich ein. Nachdem Yumis Freundeskreis nicht nur rapide geschrumpft ist, sondern auch sie selbst einen solchen Anruf erhalten hat, versucht sie der Sache zusammen mit dem jungen Natsumi auf den Grund zu gehen. Bald schon zeichnet sich ab, dass ein in der Vergangenheit nicht nur wohlwollend behandeltes Mädchen als Ursache für das paranormale Treiben in Betracht gezogen werden darf. „One Missed Call“ weiterlesen

The Machinist

The Machinist will ein kluger Film sein, ein kluger Paranoia-Film, um genau zu sein. Zur Paranoia gehört der Weltverlust, der als Weltgewinn wahrgenommen wird: Was das Umfeld mit dem Kopf schütteln lässt, ist einzig einer als solche wahrgenommenen geschärften Deutung der Welt und ihrer Vorgänge zu verdanken. Klug ist ein solcher Film dann, wenn er dem Zuschauer allerlei mehr oder weniger offensichtliche Anspielungen präsentiert, wie die Welt in der Logik des Films wohl wirklich beschaffen sein könnte, ihn also die Perspektive des Paranoiden teilen lässt, ihn aber auch nicht förmlich mit der Nase auf die Lösung stößt. Weniger klug ist ein solcher Film, wenn er viel Aufwand betreibt, auch, was sich am Ende herausstellen wird, viele Anspielungen in den Raum stellt, davon aber keine verbindlich genug kontextualisiet, dass der Zuschauer noch eine Chance hätte, selber hinter irgendein Geheimnis zu kommen. Deswegen bleibt The Machinist am Ende dann schal, weil er Hokuspokus betreibt und sich selbst am Ende einfach nur serviert. Das ist unelegant und eitel. „The Machinist“ weiterlesen

The French Connection

Es dauert gut eine Stunde bis Doyle (Gene Hackman) den von Fernando Rey gespielten französischen Drogenboß Alain Charnier in den Strassen Manhattans beschattet. Er folgt ihm bis in eine U-Bahn Station, um dort von ihm ausgetrickst zu werden. Diese Plansequenz ist ein Musterbeispiel für Friedkins Inszenierungsstil, den man wohl am ehesten als „Straight into your face“ bezeichnen kann. Obwohl Friedkin sich immer wieder als frankophil bezeichnet hat, eine Haltung, die, wie manche behaupten, sich bis hin zur Obsession gesteigert hat und die schließlich in einer Heirat zu Jeanne Moreau mündete, outet er sich hier als amerikanischer Regisseur par excellence. Die Sequenz ist in ihrer Ökonomie atemberaubend, nichts ist überflüssig, alles notwendige im Bild. Doch damit nicht genug. Der Film nimmt Tempo auf, erreicht einen kaum zu übertreffenden Grad an Intensität und wird sich gute 30 Minuten lang keine Verschnaufpause gönnen. Erst wenn Doyle nach der vielleicht unglaublichsten Verfolgungssequenz der Kinogeschichte Charniers Hit Man stellt, fällt mit dem ohrenbetäubendem Todesschuß auch die Klappe für eine Demonstration in Sachen Filmhandwerk, die sich gewaschen hat.
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Ipcress

Ipcress – Streng Geheim, Großbritannien 1965, Sidney J. Furie

Im England der 1960er Jahre stellen die Top-Wissenschaftler des Landes eine heiß umkämpfte Ressource dar. Nicht nur, dass sie abgeworben werden, sie werden auch entführt und einer perfiden Gehirnwäsche unterzogen, die dem wissenschaftlichen Standort zunehmend zusetzt. Der lakonische und höchst zwielichtige Agent Harry Palmer (Michael Caine) wird auf den Fall angesetzt und sieht sich binnen kürzester Zeit in einem kaum mehr durchschaubaren Knoten aus Intrigen und Fallen verstrickt, der ihm zur existenziellen Erfahrung wird. „Ipcress“ weiterlesen