The Machinist

The Machinist will ein kluger Film sein, ein kluger Paranoia-Film, um genau zu sein. Zur Paranoia gehört der Weltverlust, der als Weltgewinn wahrgenommen wird: Was das Umfeld mit dem Kopf schütteln lässt, ist einzig einer als solche wahrgenommenen geschärften Deutung der Welt und ihrer Vorgänge zu verdanken. Klug ist ein solcher Film dann, wenn er dem Zuschauer allerlei mehr oder weniger offensichtliche Anspielungen präsentiert, wie die Welt in der Logik des Films wohl wirklich beschaffen sein könnte, ihn also die Perspektive des Paranoiden teilen lässt, ihn aber auch nicht förmlich mit der Nase auf die Lösung stößt. Weniger klug ist ein solcher Film, wenn er viel Aufwand betreibt, auch, was sich am Ende herausstellen wird, viele Anspielungen in den Raum stellt, davon aber keine verbindlich genug kontextualisiet, dass der Zuschauer noch eine Chance hätte, selber hinter irgendein Geheimnis zu kommen. Deswegen bleibt The Machinist am Ende dann schal, weil er Hokuspokus betreibt und sich selbst am Ende einfach nur serviert. Das ist unelegant und eitel.

Dabei gäbe die Erzählung sicher einiges mehr her: Es geht um Trevor Reznick (Christian Bale, der sich hier, in bester Method-Acting-Tradition beeindruckend ausgezehrt hat), der, ein ausgehungerter Schatten seiner Selbst, in einer düsteren Fabrik schmierige Maschinen bedient. Er leidet nicht nur an Gewichtsverlust, sondern auch an Schlaflosigkeit: Ein Jahr will er nicht mehr geschlafen haben – ein körperliches, seelisches Wrack. In der Freizeit besucht er eine Prostituierte, nachts besucht er das Café im Flughafen, wo er sich in die Bedienung, nun, vielleicht nicht verliebt, aber doch Interesse an ihr findet. Nach einem Arbeitsunfall unter seiner Mitwirkung, der seinem Kollegen (Michael Ironside) den Unterarm kostet, scheint sich die Welt zu verschieben: Ein speckiger Kollege, den außer Trevor keiner zu kennen scheint, taucht auf (und erinnert, im ersten Moment, an Lawrence Fishburne in Matrix) und gibt allerlei kryptische Anweisungen und Hinweise. Seltsame Notizen an seinem Kühlschrank deuten auf Einbrecher mit zweifelhaftem Ansinnen hin. Ein in letzter Sekunde abgewendeter Arbeitsunfall, der ihm wiederum beinahe den Arm gekostet hätte, lässt jedes Vertrauen in seine Umwelt schwinden: Auf seiner Suche nach der Wahrheit, wer gegen ihn intrigiert und warum, richtet sich Trevor zunehmend selbst (oder was davon übrig ist) zugrunde.

The Machinist will viel, vor allem auf ästhetischer Ebene. Der ganze Film ist mit einem grün-modrigem Filter bearbeitet worden, natürliche Farben wurden fast zur Gänze ausgebleicht. Auch die Kameraarbeit verfremdet und subjektiviert das Geschehen adäquat mit Sprüngen ins Detail, wo es nötig wird, und ungewöhnlichen Perspektiven. Sieht zwar alles nach B-Video-Ästhetik aus, aber auch das hat ohne Zweifel seinen Reiz. Ein zweiter Donnie Darko aber, der man wohl irgendwie, unter Beimengung von Elementen jüngster Paranoia-Schlüsselfilme wie Pi oder Fight Club, sein möchte, ist man hingegen nicht geworden. Dafür gibt man sich – ist des Rätsels Lösung erstmal auf dem Tisch – im Kern, jenseits des äußerlichen Budenzaubers, dann doch als zu hausbacken und zu gewöhnlich zu erkennen. Eigentlich ist das alles Literatur des 19. Jahrhunderts, Stichwort Edgar Allan Poe, nur mit anderen Mitteln umgesetzt. Den Dostojewski lässt man dann auch mal überdeutlich ins Bild ragen: Trevor liest Der Idiot. Eine reichlich idiotische Anspielung, denkt man sich im übrigen nach dem Film, eine ganz bezeichnende für sein Vorgehen sowieso.

Der Film läuft auf den 54. Internationalen Filmfestspielen Berlin im Panorama.

The Machinist
(Spanien 2004)
Regie: Brad Anderson; Drehbuch: Scott Kassar
Darsteller: Christian Bale, Jennifer Jason Leigh, Aitana Sánchez-Gijón, u.a.

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