One Missed Call

Unheimliches trägt sich unter (vornehmlich weiblichen) japanischen Jugendlichen zu: Eine nach der anderen erhält einen mysteriösen Anruf aufs Handy, der nicht nur auch vom eigenen Handy kommt, sondern auch noch aus der näheren Zukunft und nichts anderes als den eigenen Tod überträgt. Der tritt in Folge auch meist recht pünktlich ein. Nachdem Yumis Freundeskreis nicht nur rapide geschrumpft ist, sondern auch sie selbst einen solchen Anruf erhalten hat, versucht sie der Sache zusammen mit dem jungen Natsumi auf den Grund zu gehen. Bald schon zeichnet sich ab, dass ein in der Vergangenheit nicht nur wohlwollend behandeltes Mädchen als Ursache für das paranormale Treiben in Betracht gezogen werden darf.

Sounds like Ringu, doesn’t it? Und in der Tat ähnelt der neue Miike auf der bloßen Plot-Ebene dem japanischen Schlüssel-Horrorfilm von 1998 über weite Strecken frappant, wenn nicht gar fatal. Dafür unterscheidet man sich aber auf ästhetischer Ebene doch beträchtlich von Hideo Nakatas Film: Hier werden alle Register des technischen Könnens gezogen, um eine gruselige Atmosphäre zu erzielen. Seien es die oft zum Einsatz kommenden Farbfilter, ein ausgefeiltes Sounddesign oder eine zum Teil atemberaubende Kameraarbeit: Für ein paar somatische Schocks, die sich gewaschen haben, reicht das allemal. Auffällig ist auch, mit welcher rein inhaltlichen Reduktion Miike, dessen Name sonst gerne synonym für ein Kino der Transgression verwendet wird, seine Bilder entstehen lässt. Statt fröhlicher Eskapaden mit organischem Material setzt er in One Missed Call eher auf pointierten Einsatz von Grausamkeiten und sucht sein Heil diesmal eher in einer latent gothisch-makabren Atmosphäre und Ästhetik.

Leider aber hat Miike seinen Film vor allem im letzten Drittel nicht mehr so recht im Griff. Wenngleich auf schwindelerregende Trips ins und durchs Körperinnere diesmal verzichtet wird, bricht sein Film doch noch immer, beinahe schon: wie nicht anders zu erwarten, aus und verliert sich im Porösen. Will meinen: Zum Ende hin wird’s bisweilen etwas beliebig und dramaturgisch eigentlich schon ungelenk. Das mag zwar gegen den Strich gängiger Inszenierungsmodi gebürstet sein, ist aber im Ergebnis dann doch mitunter nur schlicht langweilig, hat man sich erstmal ausgegruselt. Kurzum: Für das offenbar recht ambitioniert gemeinte Ende – auch und gerade in Hinsicht auf das filmische Vorbild -, ist der Film an sich schlicht nicht ambitioniert genug und bleibt, von einigen vornehmlich somatischen Spitzen mal abgesehen, eher durchschnittlich in der Welle jüngster Japan-Grusler. Eigentlich schade.

Der Film läuft auf den 54. Internationalen Filmfestspielen Berlin im Internationalen Forum des jungen Films.

One Missed Call
(Chakushin ari; Japan 2003)
Regie: Takashi Miike
Darsteller: Kazue Fukiishi, Kou Shibasaki, Shinichi Tsutsumi
Länge: 112 Minuten

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