Eine lange Autofahrt, nachts, allein. Das Autoradio plärrt blechern, Langweile und Müdigkeit machen sich breit. Die ersehnte Unterhaltung und Abwechslung steht plötzlich in Gestalt eines Anhalters am Straßenrand, mitten in der Pampa. Freundlich hält der Fahrer an, lässt den Mann einsteigen, es ist nicht klar, wer sich hier mehr freut. Doch die Freude weicht bald der lähmenden Angst. Das folgende Gespräch, das doch nur die lange Fahrtzeit verkürzen sollte, wird immer unangenehmer und ein paar Minuten später hat der Fahrer ein Messer am Hals: Statt eines Gesprächspartners hat er sich einen gefährlichen Psychopathen ins Auto geholt und der lässt sich einfach nicht mehr abwimmeln. Das ist die Ausgangssituation für „Hitcher, der Highway-Killer“, einem kleinen, aber immens einflussreichen Thriller der Achtziger-Jahre. Robert Harmon inszenierte das Duell zwischen Anhalter und Fahrer damals als den Vater-Sohn-Konflikt, der nach dem Vietnamkrieg längst überfällig war und sich im Niemandsland des amerikanischen Mittelwestens mit brachialer Gewalt entlud.
Bei Dave Meyers, dem Regisseur des Remakes, das von Michael Bays Produktionsfirma Platinum Dunes initiiert wurde, sieht diese Ausgangssituation so aus: Der einsame, freundlich-naive Fahrer, der ein Auto quer durch die Staaten bringen soll, ist einem hippen, attraktiven Studentenpärchen gewichen, das mit einem aufgemotzten Sportwagen unterwegs ist. Der mysteriöse Anhalter wird bei strömendem Regen beinahe von ihnen über den Haufen gefahren als er auf der Fahrbahn erscheint und dann schließlich kurz entschlossen stehen gelassen. Da kann man es fast verstehen, dass er später nicht mehr so gut auf die beiden zu sprechen ist, nachdem sie ihm in einer Tankstelle wiederbegegnet sind und seiner freundlich formulierten Bitte nicht mehr ausweichen konnten. Und genau das ist der Haken: Der Konflikt, der im Original in Form eines perversen Jagdspielchens ausgetragen wurde, gerät im Remake zur banalen Psychokiller-Hatz, weil zwischen den Parteien überhaupt keine Beziehung mehr aufgebaut wird. Von dem grausamen Initiationsritus, durch den der Anhalter sein Opfer im Original jagt, um ihn vor der mythisch aufgeladenen Kulisse der Rocky Mountains zum Mann zu machen, ist nichts übrig geblieben. Es regiert der stets vorhersehbare Thrill, der völlig ohne Höhepunkte und jegliche Inspiration auskommt.
Zur inhaltlichen Ideenarmut gesellt sich eine stilistische Orientierungslosigkeit. Harmons Blick galt damals dem Menschen als verschwindendem Punkt in der unendlichen Weite der Landschaft. Er weicht im Remake der voyeuristischen Perspektive und damit dem Style von Automobil-Werbung und Reisekatalog, den der Regisseur im Presseheft ohne jegliche Ironie als „Realismus“ verstanden wissen will. Dieser behauptete Realismus, der sich auf Inhaltsebene in der angesprochenen Banalität des Geschehens erschöpft, geht auf formaler Ebene aber schon in der ersten Einstellung baden, wenn ein erbarmungswürdig mies animiertes CGI-Häschen über die Straße hoppelt und – hoho, Hintersinn – von einem Auto plattgefahren wird. Für einen Film, der wohl zuerst und vor allem ein Augenschmeichler sein soll, ist ein solcher Faux-Pas eigentlich unverzeihlich und belegt, wie wenig Leidenschaft und Emotion die Macher für ihren Stoff übrig hatten.
Man hätte das Fazit eigentlich vor Sichtung des Films aufschreiben können: „The Hitcher“ ist ganz auf Hochglanz poliertes Gebrauchskino, wie man das von ehemaligen Videoclip-Regisseuren mittlerweile gewöhnt ist und erwartet. Er ist nicht das Ergebnis eines kreativen Schöpfungsaktes, sondern einer geschäftlichen Transaktion: Michael Bays Produktionsfirma Platinum Dunes könnte genauso gut Schrauben und Dichtungsringe herstellen, aber da fehlen Bay wahrscheinlich die Geschäftsbeziehungen und die Gewinnspannen sind natürlich auch weniger lukrativ. Polemik beiseite: Diese Entwicklung ist nicht neu und hat dennoch den ein oder anderen brauchbaren Timewaster hervorgebracht. „The Hitcher“ ist keiner davon.
The Hitcher
(The Hitcher, USA 2007)
Regie: Dave Meyers, Drehbuch: Jake Wade Wall, Eric Bernt, Eric Red, Kamera: James Hawkinson, Musik: Steve Jablonsky, Schnitt: Jim May
Darsteller: Sean Bean, Sophia Bush, Zachary Knighton, Neal McDonough, Kyle Davis
Länge: 83 Minuten
Verleih: Universum