The French Connection

Es dauert gut eine Stunde bis Doyle (Gene Hackman) den von Fernando Rey gespielten französischen Drogenboß Alain Charnier in den Strassen Manhattans beschattet. Er folgt ihm bis in eine U-Bahn Station, um dort von ihm ausgetrickst zu werden. Diese Plansequenz ist ein Musterbeispiel für Friedkins Inszenierungsstil, den man wohl am ehesten als „Straight into your face“ bezeichnen kann. Obwohl Friedkin sich immer wieder als frankophil bezeichnet hat, eine Haltung, die, wie manche behaupten, sich bis hin zur Obsession gesteigert hat und die schließlich in einer Heirat zu Jeanne Moreau mündete, outet er sich hier als amerikanischer Regisseur par excellence. Die Sequenz ist in ihrer Ökonomie atemberaubend, nichts ist überflüssig, alles notwendige im Bild. Doch damit nicht genug. Der Film nimmt Tempo auf, erreicht einen kaum zu übertreffenden Grad an Intensität und wird sich gute 30 Minuten lang keine Verschnaufpause gönnen. Erst wenn Doyle nach der vielleicht unglaublichsten Verfolgungssequenz der Kinogeschichte Charniers Hit Man stellt, fällt mit dem ohrenbetäubendem Todesschuß auch die Klappe für eine Demonstration in Sachen Filmhandwerk, die sich gewaschen hat.

Ohne William Friedkin zu nahe treten zu wollen: die Art und Weise, wie er sich über sein eigenes Werk in der Vergangenheit geäußert hat, läßt den Schluß zu, dass exakt dieser Eindruck beabsichtigt war. Ich kenne keinen Film, der so sehr mit seinem eigenen überteigerten Selbstwertgefühl kokettiert und gleichzeitig jedes Versprechen einzulösen bereit ist. Man hat ganz schnell die Bilder vom selbstgefälligen Regisseur verdrängt, der überheblich seine Weisheiten zum Besten gibt. All das spielt beim Wiedersehen mit French Connection keine Rolle mehr. Man muss vor William Friedkin den Hut ziehen, ob seiner Meisterschaft im Umgang mit dem Material, man muss ihn lieben für sein Talent und noch vielmehr für seinen Mut, auch wenn die Unnachgiebigkeit im Bemühen um die bestmögliche Einstellung gefährlich nahe am Wahnsinn vorbeischrammt. Das Drehbuch von Ernest Tideman liefert knappe, in ihrer Präzision unvergessliche Dialoge, der vibrierende Score von Don Ellis konterkariert den stetig vorantreibenden Plot, jede Einstellung scheint unausweichlich der vorhergehenden folgen zu müssen, und am Ende findet Friedkin den perfekten Schluß. Doyle, längst jenseits von Gut und Böse, verliert sich in der Reduzierung auf sein Ziel in der Schwärze des Bildes. Es ertönt noch einmal ein Schuß, dann der Abspann.

Thomas Reuthebuch

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