The Wild Bunch

Gleich zu Beginn des Films, in der ersten Sequenz, wenn die fünf Outlaws verkleidet als Soldaten in ein Dorf einreiten, plaziert Peckinpah eine Szene, die in ihrer symbolistischen Metaphorik die weiteren Ereignisse des Films vorweg nimmt. Eine Gruppe Kinder hat sich neben den Eisenbahngleisen niedergelassen. Sie betrachten mit kindlich unverstellter Freude den Überlebenskampf von Skorpionen inmitten eines alles zersetzenden Ameisenheeres. Immer wieder werden Kinder oder harmlos wirkende junge Frauen die blutigen Msasaker beobachten, später auch eingreifen. Wie vieles in The Wild Bunch verweisen diese Momente auf die aktuelle politische Situation Ende der sechziger Jahre, natürlich.

Was den Film auch weit über 30 Jahre später als zeitloses Meisterwerk bestehen läßt, ist nicht die Radikalität des Blicks, den Peckinpah auf seine Figuren und ihre Umstände wirft. Es sind auch nicht die Gewaltexzesse, die in beinahe unvergleichlicher Weise speziell in den beiden den Film einrahmenden Masakern aus der Handlung herausbrechen. Sicher haben diese bis dahin mit ungekanntem ästhetischen Willen inszenierten Orgien ihre Spuren in den nachfolgenden Generationen hinterlassen. Scorsese, Tarantino oder John Woo werden immer wieder gerne genannt. Alles richtig und dennoch: The Wild Bunch ist ganz nebenbei von einer künstlerischen Vision geprägt, die sich durch alle Departements hindurchzieht. Der Score von Jerry Fielding treibt die verbindenden Szenen unerbittlich voran, wenn sich die Geschichte eine Auszeit genommen hat und zum nächsten dramatischen Wendepunkt voranschreitet. Der Rhythmus, sowohl im Großen als auch in den Szenen selbst, unterstreicht das übergeordneten Prinzip des Films. Der Gewalt folgen ruhige, befriedete Momente, die bei Peckinpah einem Stillstand gleichkommen und lediglich einem Ziel dienen: dem erneuten Ausbruch von Gewalt. Wieder die Superlative: mit 3643 Schnitten stellte der Film einen neuen Rekord auf. Geschuldet ist dieses hohe Schnitttempo natürlich den in ausgiebiger Länge inszenierten Shoot-outs. Aber auch in den ruhigen Passagen entwickelt der Film eine hypnotische Sogkraft. Die Kameraarbeit von Lucien Ballard, mit ihren an Ford erinnernden Totalen und dann wieder der beklemmenden Reduzierung, die die Haltung des Films auf den Punkt bringt, wenn sie ihre Figuren nicht losläßt, und mit ihnen den Zuschauer.

Es gibt so vieles an diesem Film, über das man ins Schwärmen geraten kann, doch die „brutale“ Realität eines Filmfestivals, und dieser Vergleich sei mir in diesem Zusammenhang verziehen, beinhaltet eine unumstößliche Wahrheit. Der nächste Film wartet und die Zeit ist knapp.

Thomas Reuthebuch

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