„Ich freue mich sehr, dem Land Israel geholfen zu haben, einem Nazi das Leben zu retten“ – eine Komödie, in der solche Dialogsätze fallen dürfen, kann nicht ganz schlecht sein, und tatsächlich gehört Michel Hazanavicius’ Sequel zu seinem eigenen Erfolgsfilm „OSS 117: Der Spion, der sich liebte“ zu jenen Fortsetzungsfilmen, die ihren Vorgänger sogar übertreffen können. Unerreichbar hoch schien freilich diese Hürde auch nie, war doch der erste Film zwar durchweg kompetent inszeniert und der Titelheld von Hauptdarsteller Jean Dujardin mit ansteckender Spielfreude mit Leben erfüllt – und konnte aber doch nie so ganz verhehlen, dass er im Grunde ein one-joke movie ist, dessen mit zunehmender Spielzeit immer stärker überstrapazierte Standardpointe nicht immer so recht zünden wollte. Auch im Falle von „OSS 117: Rio ne répond plus“ (ganz und gar nicht akkurat, aber doch sehr hübsch eingedeutscht als „OSS 117: Er selbst ist sich genug“) hat sich das Spektrum des durchgespielten Scherze nicht wesentlich erweitert, aber da die Welt um den selbstverliebten Geheimagenten herum hier deutlich erweitert wurde und die Anzahl der Reibungsflächen für seine Figur somit spürbar größer ist, schlagen Hazanavicius hier erneut eine ganze Reihe von Lachern mit ihren mitunter ein wenig durchsichtigen Mitteln heraus.
In „OSS 117: Er selbst ist sich genug“ verschlägt es den Titelhelden – die französische Version von James Bond, und noch überspitzter als der berühmte britische Kollege gezeichnet als Kolonialist, Rassist, Chauvinist, Faschist – nach Rio de Janeiro, wo er gemeinsam mit einer überaus attraktiven israelischen Agentin vom Mossad einen Handel mit dem untergetauchten Altnazi von Zimmel (Rüdiger Vogler, Stammdarsteller im Frühwerk von Wim Wenders) abwickeln soll. Natürlich funktioniert nichts so einfach, wie es klingt, wenn Hubert Bonisseur de la Bath alias OSS 117 im Spiel ist, und so stellt sich heraus, dass es von Zimmel keineswegs nur am Austausch des Mikrofilms mit den Namen französischer Nazikollaborateure gelegen ist – sondern zudem auch daran, mit seiner Nazi-Geheimgesellschaft nicht das Vierte, sondern gleich das Fünfte Reich zu errichten. Trotz erster Zweifel daran, gemeinsam mit der Jüdin Dolores auf Nazijagd zu gehen – „die erkennen euch doch sofort, an euren Nasen“ –, und trotz der fortwährenden Störungen durch eine schier unerschöpflich anmutende chinesische Großfamilie auf Rachefeldzug gelingt es OSS 117, mit tatkräftiger Mithilfe von Dolores und Heinrich von Zimmel, dem Hippiesohn des Schurken, schließlich, von Zimmel zur Strecke zu bringen. Doch dann ist immer noch einmal mehr alles ganz anders, und entdeckt schlussendlich sogar die Feinheiten des jüdischen Humors: „Es ist nicht lustig, und es kommen keine Würstchen drin vor.“
„Sie wollen Liebe machen, keinen Krieg.“ – „Wieso soll ich mich entscheiden? Ich habe immer beides gemacht, und bis heute gab es keine Beschwerden.“ Die Anzahl der kulturellen Differenzen, in deren Porzellanläden Dujardin in „OSS 117: Er selbst ist sich genug“ den Elefanten spielen darf, ist recht hoch: Wo der erste Film im Wesentlichen seine Pointen aus dem Culture Clash mit der muslimischen Welt herauspresste, tänzelt OSS 117 hier wunderbar schimmerlos auf dem Minenfeld zwischen Israelis und Nazis herum, und darf überdies noch erste Erfahrungen beim Drogengebrauch mit anschließendem Gruppensex in einer Hippiekommune machen. Zusammen mit dem swingenden Soundtrack und der erneut makellos die 60er-Popästhetik imitierenden Ausstattung ergibt sich daraus ein wirklich witziger Film, der insgesamt sogar wesentlich runder erscheint als sein ohnhin überaus populärer Vorgänger. Wenn er dieses Niveau auch zukünftig halten kann, darf der französische Superagent gern noch weitere, hübsch bunte Kinoabenteuer durchleben.
OSS 117: Er selbst ist sich genug
(OSS 117: Rio ne répond plus, Frankreich 2009)
Regie: Michel Hazanavicius; Buch: Jean-François Halin, Michel Hazanavicius; Musik: Ludovic Bource; Kamera: Guillaume Schiffman; Schnitt: Reynald Betrand
Darsteller: Jean Dujardin, Rüdiger Vogler, Louise Monot, Alex Lutz, Reem Kherici, Ken Samuels u.a.
Länge: 97 Min.
Verleih: Koch Media
Zur DVD von Koch Media
Bild: 2,35:1 (16:9 anamorph)
Ton: Deutsch, Französisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch
Extras: Audiokommentar von Michel Hazanavicius und Jean Dujardin, Making of (24 Min.), Geschnittene Szenen (7 Min.), Outtakes (11 Min.), Featurette „Pulverfass Provinz – Vor der Premiere“ (11 Min.), Originaltrailer, Teaser
FSK: ab 12 Jahren