“Deep Throat“ ist ein Mythos, tatsächlich in seiner filmhistorischen Bedeutung vergleichbar mit dem ebenfalls auf dem Festival gezeigten „Heavens Gate“. Wenn man „Inside Deep Throat“ mit der Heavens Gate-Doku „Final Cut“ vergleicht, begreift man, was dem letztgenannten fehlt. Der Film schafft es die ganz persönlichen Tragödien der Beteiligten in Bezug zu setzen, zur soziokulturellen Dimension des Films.
Es würde jetzt zu weit führen jede Spur aufzugreifen, die der Film legt. Die beängstigende Entwicklung der radikalen religiösen Rechten in den Staaten jedoch hat absurderweise spätestens zur Zeit der Aufführung von „Deep Throat“ (1972) ihren Anfang genommen. Es ist spannend zu sehen, wie sich komplexe gesellschaftliche Entwicklungen auf einzelne Ereignisse zurückführen lassen. „Inside Deep Throat“ ist dehalb ein politischer Film, durch und durch, im positiven Sinne. Für mich entscheidend ist dabei der Freiraum für sich selbst vervollständigende Gedanken und Schlussfolgerungen, den mir die Filmemacher zugestehen. Und ich hoffe immer, genau diese Frage steht bei jeder Arbeit auch für die Autoren im Mittelpunkt.
Es gibt Momente, in denen für meinen Geschmack der Rahmen zu eng gesteckt ist, wenn der manipulative Charakter zu deutlich durchschlägt. Wenn man einen Gesprächspartner auch außerhalb der verabredeten Einfassung zeigt, wenn man also konkret beispielsweise das Bild stehen lässt nachdem alles gesagt ist, dann provoziert man die Entgleisung. Unterhaltsam ist das allemal, fair jedoch wohl nicht, man braucht sich nur in den Pamphleten Michael Moores umzuschauen.
Der Kontext ist es wohl, der die Regeln vorgibt. „Inside Deep Throat“ ist für HBO produziert worden, ein Sender, der in den USA mittlerweile praktisch überall ins Premium Cable eingespeist wird, also ein verhältnismäßig großes Publikum erreicht. Unter dem Strich mochte ich „Inside Deep Throat“ aber vor allem wegen der liebevollen Weise, mit der er den Beteiligten begegnet, einer handvoll naiv-skurrilen bis merkwürdigen Protagonisten die vom Lauf der Zeit überrollt wurden. Dabei wollten sie doch nur ein bißchen Spaß haben.
Thomas Reuthebuch