Zur Abwechslung mal ein Film der etwas zu sagen hat. Zunächst größte Vorbehalte meinerseits. Es geht um Utopien, um Aussteigertum, Hippiekram und begrabene Träume. Der Film wählt die Form des klassischen Erzählkinos und muss dabei jede Menge Balast mit sich herumschleppen. Zu Beginn verspricht das Ganze furchtbar zu werden. Daniel Day Lewis und seine Filmtochter leben praktisch allein auf einer vorgelagerten Insel auf dem Gelände einer ehemaligen Kommune im Osten der USA. Zwei Dylan Songs etablieren mit dem Holzhammer die gewünschte Atmosphäre. Lewis, seine Figur natürlich, lebt nicht im Hier und Jetzt. Er belügt sich selbst und hat, nach einer überstandenen Herzattacke, nicht gerade das was man eine gute Zeit nennt.
Die Kamera ist ganz nah dran an ihren Figuren und spätestens nachdem Lewis´ neue Flamme und deren zwei Söhne mit dem U-Haul Anhänger auftauchen beginnt es spannend zu werden. Rebecca Miller, im übrigen Tochter von Arthur Miller und Ehefrau von Daniel Day Lewis, hat einen Schauspielerfilm gedreht und es ist kein Wunder warum sie auf einen hervorragenden Cast zurückgreifen kann. Es gibt wunderbar geskriptete Dialogszenen im Dutzend, eine erstaunlich intelligent austarierte Betrachtung des Themas und ein sensationelles Debüt von Camille Belle in der Rolle der Tochter zu bestaunen. Das Buch begeht nicht den Fehler die soziologische Dimension des Stoffs in den Mittelpunkt zu rücken, sondern erzählt über die latent inzestuös angelegte Beziehung zwischen Vater und Tochter.
Das geschieht immer mit der gebotenen Widersprüchlichkeit, bezieht immer auch die Nebenfiguren organisch in das Geschehen mit ein. Am Ende, wenn Lewis röchelnd auf dem Totenbett liegt, rückt die Kamera beiläufig Melvilles Moby Dick auf dem Nachttisch ins Bild. Der Größenwahn, die Lebenslüge, das Erbärmliche, schlicht alles was Menschlichkeit ausmacht spricht aus jeder Pore dieses Films, der dennoch zwiespältig bleibt. Seine Schwäche ist die deutlich spürbare Haltung der Regisseurin zu ihrem Sujet. Aus ihrer Sicht ist die letzte Szene vermutlich nur konsequent, wenn Rose, die Tochter, in einem Flash Forward das Vermächtnis ihres Vaters zumindest ideell weiterführt und dabei wie die junge Joan Baez aussieht.
Thomas Reuthebuch