Leben auf fremden Planeten gibt es nicht, glauben die Bürger des 50er-Jahre-Nests, in dem Jorge Blancos Animationsabenteuer beginnt. Ein Raumschiff belehrt die Kleinstädter eines Besseren. Science-Fiction-Filme haben es prophezeit: Humanoide greifen an! Auf „Planet 51“ sind die Menschen die Außerirdischen. Der computergenerierte Kinderfilm stellt das klassische Science-Fiction-Szenario auf den Kopf. Für die Bewohner von „Planet 51“ kommt der Schrecken aus dem All von der Erde.
Endlich hat Teenager Lem (Sprecher: Justin Long) ein Date mit der schönen Nachbartochter Neera (Jessica Biel) und die ersehnte Anstellung im Planetarium ergattert. In den Fünfzigern war die Welt noch in Ordnung, zumindest in fernen Galaxien. In einer solchen zirkuliert „Planet 51“. Dessen Retro-Idyll wird von kleinen grünen Wesen bevölkert, die Leben auf fremden Planeten nur aus Horrorfilmen kennen. Bis Astronaut Chuck Baker (Dwayne Johnson) in einem unidentifizierten Flugobjekt landet. Er wollte den vermeintlich unbewohnten Planten nur routinemäßig per Flagge als US-Territorium markieren. Unter den Bewohnern von „Planet 51“ bricht Panik aus und das Militär rückt unter Führung des fanatischen Generals Grawl (Gary Oldman) an. Nur Lem glaubt an Chucks friedliche Absichten.
Vorzüge und Mängel von „Planet 51“ treffen sich in dem knalligen Fünfziger-Jahre-Szenario. Den Klassikern des Science-Fiction-Kinos huldigt Regisseur Blanco nur beiläufig und konventionell durch ein paar Filmposter, auf denen böse Humanoiden angreifen. Umso anspielungsreicher ist dafür die außerirdische Variation einer amerikanischen 50er-Jahre-Kleinstadt voller Hornbrillen und Riesenheckflossen. Der Hauch Originalität entpuppt sich auf den zweiten Blick als fragwürdige Verzerrung. Eine nostalgische Idealisierung der Fünfziger auf „Planet 51“ verdrängt alle kritischen Brüche. Von Vorstadtmief und Spießbürgertum keine Spur in dem Mittelklasse-Kosmos. So sauber wie die Straßen sind, waren in den Fünfzigern die ganzen USA, suggeriert die Handlung. Soziale und politische Probleme negiert der Kinderfilm. Keine Spur von Rassenunruhen, denn nicht-grüne Einwohner gibt es nicht. Hexenjagd auf Kommunisten ist überflüssig, der Kalte Krieg ist in der Kleinstadt nie angekommen. In den makellosen Reihenhäuschen hätte sicher auch Joseph McCarthy gern eine Wohnung.
Der latente Konservativismus durchzieht auch die Handlung von „Planet 51“. Noch panischer als auf die vermeintliche Menscheninvasion reagiert Lem, als ein Hippie den Arm um Neera legen will. Der langhaarige Gitarrenspieler „ist mit etwas beschäftigt, das man ‚protestieren‘ nennt“, erklärt Neera, die außer hübsch sein nichts zu tun hat: „Da schreibt man was auf über Sachen, die man nicht mag.“ Und wer würde an den fehlerlosen Fünfzigern etwas auszusetzen haben? „Dem würde ich gerne mal ’n paar Sachen über den Kopf hauen!“, schimpft Lem über den Hippie. Das übernimmt für ihn das Militär, das in einer auf Witzigkeit ausgelegten Szene den Hippie mit Gummiknüppeln zusammenschlägt. Gegen die fehlgeleitete Jugend muss man rigoros vorgehen. Als Musterbeispiel menschlichen Heldentums, rettet Astronaut Chuck sogar den finsteren General Grawl. Dabei ist Fremdenfreundlichkeit und Toleranz keineswegs die starke Seite der Humanoiden.
Ein Besuch auf „Planet 51“ lohnt sich nur aufgrund des zweideutigen Humors und des visuellen Einfallsreichtum. Ihren Witz verdankt die Handlung den Nebenrollen und ihren Sprechern. John Cleeses Auftritt als kleiner grüner Wissenschaftler lohnt es, das Ende des Abspanns abzuwarten. Ansonsten folgt man besser einem Dialogsatz Chucks: „Ruft mich an, wenn ihr in den Sechzigern ankommt.“
http://www.youtube.com/watch?v=6n8PGnc_cV4
Planet 51
(USA 2009)
Regie: Jorge Blanco; Drehbuch: Joe Stillman; Schnitt: Alex Rodríguez; Musik: James Seymour Brett; Stimmen: Dwayne Johnson, Jessica Biel, Justin Long, Gary Oldman, John Cleese;
Länge: 91 min.
Verleih: Sony Pictures