Als Dan O’Bannon am 17. Dezember des vergangenen Jahres nach langjähriger Krankheit verstarb, ging eine Persönlichkeit des Filmgeschäfts, die zwar nicht zu den ganz Großen zählte, aber dem fantastischen Film der letzten drei Jahrzehnte doch seinen Stempel aufgedrückt hatte. Als Schreiber und Drehbuchautor war Dan O’Bannon (meist im Verbund mit Ronald Shusett) maßgeblich beteiligt an John Carpenters Debüt „Dark Star – Finsterer Stern“, an Ridley Scotts „Alien“ und dessen Sequels sowie etwa an Verhoevens „Total Recall“. Als Regisseur konnte O’Bannon zwar nicht richtig Fuß fassen, doch hinterließ er mit der Zombiekomödie „Verdammt, die Zombies kommen!“ immerhin einen maßgeblichen Vorreiter des bis heute populären Funsplatters. Dan O’Bannons Scripte waren von einem schrägen Humor geprägt und ließen jederzeit erkennen, dass ihr Autor sich seinem Genre mit Leib und Seele verschrieben hatte. Diese Vorzüge zeichnen auch den von O’Bannon gescripteten „Tot & Begraben“ von Gary Sherman aus, der jetzt nach langjähriger Indizierung (von einigen minderwertigen Bootlegs abgesehen) zum ersten Mal ungekürzt in Deutschland auf DVD erscheint.
Dan Gillis (James Farentino), Sheriff des kleinen neuenglischen Fischerdorfs Potter’s Bluff, hat ungewöhnlich viel zu tun: Menschen verschwinden entweder spurlos, landen mit grausigen Verletzungen im Krankenhaus oder kommen unter mysteriösen Umständen ums Leben. Doch so sehr sich Gillis auch bemüht, den Verbrechen auf den Grund zu gehen, stets prallt er an der freundlichen Fassade der Dorfbewohner ab, allen voran der des Leichenbestatters Dobbs (Jack Albertson). Als Gillis Grund zur Annahme erhält, dass auch seine Frau Janet (Melody Anderson) in die Sache verwickelt ist, spitzt sich die Situation dramatisch zu …
„Tot & Begraben“, einer der kleinen Klassiker, die der Horrofilm in den Achtzigerjahren hervorbrachte, hatte das Pech, im Zuge der deutschen Horrovideodebatte mit all den bösen Zombie-, Kannibalen- und Slasherfilmen, vor denen man die damalige Jugend schützen wollte, in einen Topf geworfen zu werden. Zwar verfügt auch Shermans Film über eine Handvoll derber Splatterszenen, doch lässt er sich kaum auf diese reduzieren, entpuppt sich bei unvoreingenommener Betrachtung vielmehr als intelligenter, liebevoller und vor allem sehr atmosphärischer Horrorfilm, der seine verschiedenen Bezüge und Einflüsse ausgesprochen geschickt zu einem homogenen Ganzen vereint.
Die Geschichte des einzelnen Ahnungslosen, der sich einer ganzen Schar von Eingeweihten gegenübersieht, die sich gegen ihn verschworen haben, trägt unverkennbare Züge des paranoiden Science-Fiction-Films (man denke etwa an Don Siegels „Die Dämonischen“ oder an „Die Frauen von Stepford“), die in der Auflösung, die hier nicht verraten werden soll, mit Aspekten des Film Noir verknüpft werden und „Tot & Begraben“ einen beinahe existenzialistischen Anstrich verleihen. Diese Interpretation wird auch von der formalen Gestaltung des Films getragen: Die blass-melancholischen Bilder des herbstlichen Fischerortes strömen eine morbide Stimmung aus und werden vom wunderschönen, fragil-sentimentalen Pianoscore von Joe Renzetti perfekt untermalt. Die drastischen Gewaltszenen fungieren als gezielte Störungen des trügerischen Friedens und Vorboten auf das Ende, auf das der Film langsam, aber mit unerbittlicher Konsequenz zuläuft, und dass sich in den letzten Sekunden mit niederschmetterndem Effekt entfaltet.
Dan O’Bannon hat seinen Platz im Pantheon der Filmgeschichte mit seinem (gemeinsam mit Ronald Shusett) verfassten Drehbuch für „Alien“ sicher. Doch möchte man einen Eindruck davon erhalten, wer dieser Künstler war und was ihn auszeichnete, greift man am besten zu „Verdammt, die Zombies kommen!“ oder eben zu „Tot & Begraben“: Beides keine Filme für Feuilleton-Filmkanons, aber gerade deswegen unbedingt entdeckungswürdig.
Dead & Buried – Tot & Begraben
(Dead & Buried, USA 1981)
Regie: Gary Sherman; Drehbuch: Dan O’Bannon, Ronald Shusett; Musik: Joe Renzetti; Kamera: Steve Poster; Schnitt: Alan Balsam
Darsteller: James Farentino, Jack Albertson, Melody Anderson, Robert Englund, Lisa Blount, Dennis Redfield
Länge: ca. 90 Minuten
Verleih: Capelight
Zur DVD von Capelight
Wie erwähnt ist „Tot & begraben“ nun dank Capelight zum ersten Mal ungekürzt offiziell in Deutschland (unter seinem Originaltitel) erhältlich. Zwar gibt es außer einer Promo-Trailershow keinerlei Extras und müssen bei der Bildqualität einige Abstriche gemacht werden – das Bild ist während der Anfangscredits etwas verrauscht und auch in dunkleren Passagen ist es nicht immer optimal – doch sollten sich Freunde des Horrorfilms nicht davon abhalten lassen, diesen tollen Film ihrer Sammlung hinzuzufügen.
Bild: 1,78:1 (anamorph/16:9)
Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch
Extras: Trailershow
Freigabe: FSK 16
Preis: 16,95 Euro
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