Ausgegraben

Als Dan O’Bannon am 17. Dezember des vergangenen Jahres nach langjähriger Krankheit verstarb, ging eine Persönlichkeit des Filmgeschäfts, die zwar nicht zu den ganz Großen zählte, aber dem fantastischen Film der letzten drei Jahrzehnte doch seinen Stempel aufgedrückt hatte. Als Schreiber und Drehbuchautor war Dan O’Bannon (meist im Verbund mit Ronald Shusett) maßgeblich beteiligt an John Carpenters Debüt „Dark Star – Finsterer Stern“, an Ridley Scotts „Alien“ und dessen Sequels sowie etwa an Verhoevens „Total Recall“. Als Regisseur konnte O’Bannon zwar nicht richtig Fuß fassen, doch hinterließ er mit der Zombiekomödie „Verdammt, die Zombies kommen!“ immerhin einen maßgeblichen Vorreiter des bis heute populären Funsplatters. Dan O’Bannons Scripte waren von einem schrägen Humor geprägt und ließen jederzeit erkennen, dass ihr Autor sich seinem Genre mit Leib und Seele verschrieben hatte. Diese Vorzüge zeichnen auch den von O’Bannon gescripteten „Tot & Begraben“ von Gary Sherman aus, der jetzt nach langjähriger Indizierung (von einigen minderwertigen Bootlegs abgesehen) zum ersten Mal ungekürzt in Deutschland auf DVD erscheint. „Ausgegraben“ weiterlesen

»What happened to your eye?«

In diesem Beitrag möchte ich Richard Kellys Film „Donnie Darko“ vor dem Hintergrund der Beschäftigung mit Texten Edward Branigans und Jacques Aumonts in seinen wichtigsten Zügen betrachten. Vordringlich wird der Blick auf die Realisierung des Point of View fallen. Dazu seien zunächst bei Branigan die strukturellen Elemente zu entlehnen und auf die Narration auszuweiten. Ihr Hauptmerkmal, der Dualismus vor dem Hintergrund eines Subjekt-Objekt-Verständnisses, wird sich in der Arbeit Aumonts wieder finden. Zuletzt soll dann am Beispiel „Donnie Darko“ Darstellung und Narration verständlich gemacht und nach einer Möglichkeit für den Umgang mit dem Dualismus Ausschau gehalten werden

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Kurzrezensionen März 2009

  • Aurel Kolnai: Ekel, Hochmut, Haß. Frankfurt/Main: Suhrkamp 2007.
  • Peter Handke: Publikumsbeschimpfung. Mit einer DVD der Theateraufführung. Frankfurt/Main: Suhrkamp 2008.
  • Ansgar Nünning (Hg.): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4. Auflage. Weimar: Metzler 2008.
  • Roland Barthes: Die Vorbereitung des Romans. Frankfurt: Suhrkamp 2008.
  • Dorothee Kimmich, Rolf G. Renner, Bernd Stiegler (Hgg.): Texte zur Literaturtheorie der Gegenwart. Stuttgart: Reclam 2008.
  • Georg Simmel: Jenseits der Schönheit. Frankfurt/Main: Suhrkamp: 2008.
  • Reiner Keller: Michel Foucault. Konstanz: UVK 2008.
  • W.-A. Liebert/T. Metten (Hgg.): Mit Bildern lügen. Köln: H.-v.-Halem 2007.
  • K.-M. Kodalle/H. Rosa (Hgg.): Rasender Stillstand. Würzburg: Königshausen & Neumann 2008.
  • Clemens Niedenthal: Unfall. Marburg: Jonas 2007.

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Während du schläfst …

Was gibt es „unfilmischeres“ als einen schlafenden Menschen? Andy Warhol hat das 1963 fünfeinhalb Stunden in seinem Film „Sleep“ vorgeführt. Wenn der Protagonist sich nicht bewegt, nicht agiert, nicht reagiert, ist schlicht kein Spielfilm mit ihm zu machen – zumindest keiner, in dem er der alleinige Erzählgegenstand bleibt. So ist Warhols Film dann auch eher ein Experiment und ästhetische Provokation. Einen Thriller um einen schlafenden hat 2007 der US-amerikanische Regisseur Joby Harold als Debüt vorgelegt: „Awake“ insinuiert vom Titel her genau das Gegenteil von dem, worum es im Film geht.

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Die Wurzeln des Bösen

Man ist verleitet, einen Film, der, wie „Acacia“, das Thema Familie so eng an das Motiv eines Baums koppelt, auf der symbolischen Ebene zu lesen und vielleicht Metaphern wie den „Stammbaum“ oder die „familiären Wurzeln“ als Strukturprinzipien der Erzählung auszumachen. Bei „Acacia“ wäre ein solches Vorgehen jedoch zu nahe liegend und würde vielleicht dazu führen, viele Facetten des Films zu übersehen oder unterkomplex und klischeehaft zu deuten. Dass man überhaupt zu solch einer Lektüre verführt wird, liegt zum einen am Untertitel, den der Verleiher e-m-s dem koreanischen Film gegeben hat (eben: „Wurzeln des Bösen“), andererseits daran, dass in „Acacia“ viele Stil- und Motivtraditionen des westlichen Kinos aufgegriffen und mit denen des ost-asiatischen Geisterfilms amalgamiert werden.
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Im Zertrümmern vereint

„Was bedeutet ‚Rosebud'“? Diese anscheinend harmlose Frage ist eine Parole des postmodernen Kinos und „Rosebud“, das geheimnisvolle Wallungswort, der Inbegriff des neuen Erzählens. Jenes letzte Wort des sterbenden Citizen Kane, mit dem Orson Welles epochaler Spielfilm beginnt, verweist auf das Rätsel der Erzählung selbst. Es ist eine Art narrativer Trojaner, den es braucht, um die Geschichte in Gang zu setzen und gleichsam ein früher Abgesang auf den Typus der klassischen, väterlichen Erzählinstanz. Der Erzähler ist tot, es lebe die Erzählung.

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Kurzrezensionen Januar 2006

  • Wolfgang Beilenhof (Hg.): Poetika Kino. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2005.
  • Nicolas Pethes: Spektakuläre Experimente. Weimar: vdg-Verlag 2004.
  • Yvonne Spielmann: Video. Das reflexive Medium. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2005.
  • Werner Faulstich: Filmgeschichte. Paderborn: Fink 2005 (UTB).
  • Fabienne Liptay/Yvonne Wolf (Hgg.): Was stimmt denn jetzt? München: etk 2005.
  • Patrick Rössler/Friedrich Krotz (Hgg.): Mythen der Mediengesellschaft. Konstanz: UVK 2005.
  • Jörg Metelmann: Porno Pop. Würzburg: Königshausen & Neumann 2005.
  • Martin Andree: Archäologie der Medienwirkungen. München: Fink 2005.

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Über Wahrheit und Lüge im kinematographischen Sinne

„Le cinéma c’est la vérité 24 fois par seconde.“ Jean-Luc Godards Definition sagt wohl noch mehr über seinen Begriff der Wahrheit als über das Kino. Denn welche Art Wahrheit ist es wohl, die uns Film erzählt? Dass dieser, besonders der fiktionale Spielfilm, keine „wahren Geschichten“ erzählt und dass hinter jedem noch so objektiv(ierend)en Dokumentarfilm immer eine sehr subjektive Perspektive steht, hat Godard in seiner Kritik des Cinema Vérité ja selbst konstatiert. Das Verhältnis von Wahrheit und Lüge im Film untersucht ein neuer Sammelband aus dem transcript-Verlag.

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