My Sassy Terminator

Bereits in Kwak Jae-Youngs Kinodebüt „My Sassy Girl“ (2001), zur Hochphase der koreanischen New Wave um die Jahrtausendwende entstanden und seither zum viel geliebten Klassiker avanciert, gibt es ein Filmdrehbuch mit dem Titel „Demolition Terminator“. Verfasst von der verhaltensauffälligen Freundin des schüchternen Protagonisten, bringt es dort im allerschönsten unter den Running Gags dieser grellen Komödie einen Leser nach dem anderen dazu, sich vor Entsetzen lautstark zu übergeben. Mit seinem vierten Film „Cyborg She“ schloss Kwak dann sieben Jahre später einen Kreis, indem er seine Variation auf die zitierte Vorlage inszenierte und damit demonstrierte, wie „The Terminator“ hätte aussehen können, hätte James Cameron ihn als romantische Komödie konzipiert.
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Die Wurzeln des Bösen

Man ist verleitet, einen Film, der, wie „Acacia“, das Thema Familie so eng an das Motiv eines Baums koppelt, auf der symbolischen Ebene zu lesen und vielleicht Metaphern wie den „Stammbaum“ oder die „familiären Wurzeln“ als Strukturprinzipien der Erzählung auszumachen. Bei „Acacia“ wäre ein solches Vorgehen jedoch zu nahe liegend und würde vielleicht dazu führen, viele Facetten des Films zu übersehen oder unterkomplex und klischeehaft zu deuten. Dass man überhaupt zu solch einer Lektüre verführt wird, liegt zum einen am Untertitel, den der Verleiher e-m-s dem koreanischen Film gegeben hat (eben: „Wurzeln des Bösen“), andererseits daran, dass in „Acacia“ viele Stil- und Motivtraditionen des westlichen Kinos aufgegriffen und mit denen des ost-asiatischen Geisterfilms amalgamiert werden.
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Monströse Depressionen

Alles beginnt damit, dass ein koreanischer Pathologe von seinem amerikanischen Vorgesetzten aufgefordert wird, den Inhalt einiger verstaubter Formaldehyd-Flaschen in den Ausguss zu kippen. Das sei doch verboten, der Ausguss führe schließlich direkt in den Han-Fluss, entgegnet dieser. Doch der Vorgesetzte lässt sich nicht beirren: Der Han-Fluss sei groß, was machten da schon so ein paar Flaschen? Der Kausalzusammenhang wird nicht explizit hergestellt, aber es scheint kein Zufall, dass ein paar Jahre später ein merkwürdiges Glibberwesen im Fluss gesichtet wird. Und so geht es weiter in „The Host“: Kleine Ursachen zeigen stets große Wirkungen …

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Leichen im Keller

Zwei tragende Themen gibt es in diesem Film: Die Erinnerung (oder sagen wir: die Vergangenheit) und das „Dahinter“. Und natürlich besteht ein Zusammenhang: Was, wenn sich etwas hinter der Erinnerung an die Vergangenheit verbirgt? Eine Vergangenheit etwa, an die sich nicht erinnert werden will. Verdrängung also, Sigmund Freud, all diese Dinge. „Leichen im Keller“ weiterlesen

Green Chair

Eine Frau und ein junger Mann lieben sich. Sie haben Sex, immer wieder. Der Mann ist minderjährig, stellt sich heraus, nicht nur in Korea ein Fall für den Richter. Die Medien stürzen sich auf die Geschichte, ein besonders aufdringlicher Journalist hängt sich an ihre Versen und schießt Fotos. Die Frau wird zu 100 Tagen Sozialdienst verdonnert, den sie in der Psychiatrie ableistet. Dennoch können die zwei nicht voneinander lassen. Man taucht in der Folge bei der Schwester der Frau unter, sucht Bumshotels auf, bei denen die Kennzeichen der geparkten Autos dezent verdeckt werden und hat vor allen Dingen ausgedehnten Sex – warum auch nicht.
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Samaria

Kim Ki Duk schafft in „Samaria“ zuächst in klar skizzierten Szenen die Ausgangsposition zu einer letztlich religiös motivierten Erlösungsgeschichte. Die beiden Teenager Yeo-Jin und Jae-Young sind nicht nur beste Freundinnen, die eine fungiert auch als Zutreiberin reifer Männer, die sich dann gegen entsprechendes Honorar sexuell mit der anderen vergnügen können. Jae-Young ist nichts anderes als eine Prostituierte, die in Schuluniform die tugendhafte Lolita mimt, es dabei aber faustdick hinter den Ohren hat. Als sie sich in einen der Freier, einen Musiker, verliebt, reagiert Yeo-Jin eifersüchtig. Wenig später stürzt sich Jae-Young vor ihren Augen aus einem Fenster. „Samaria“ weiterlesen

A Tale Of Two Sisters

Kim Jee-woons Drehbuch verbindet geschickt und durchaus kunstvoll die tragische Geschichte einer koreanischen Familie mit allerlei Genreversatzstücken und verstörenden Beschreibungen einer dysfunktionalen Psyche. Die schattenhafte Gestalt der toten Mutter, die zunächst grotesk verwachsen der jungen Su-mi erscheint (wie vieles wird auch diese Irritation später erklärt werden), der schleimig-durchnässte Körper, der sich aus Su-yeons Kleiderschrank erbricht oder etwa der expressive Gebrauch der Tonspur, der das subtile Grauen durch seine verstörenden, schrecklich verzerrten Kratz- und Kreischlaute zum Terror geraten läßt. „A Tale Of Two Sisters“ weiterlesen

RESURRECTION OF THE LITTLE MATCH GIRL

Ju ist ein durschnittlicher Jugendlicher in Korea – etwas orientierungs- wie perspektivenlos verbringt er den Tag mit eher lausigen Jobs und vergeblichem Mädchen-Anbaggern, ansonsten flüchtet er sich, in den bunten, knalligen Spielhallen seiner Stadt, in virtuelle Cyberwelten, wenngleich auch hier mit ebenfalls nur mäßigem Erfolg. Die Risse im eingangs etablierten Realitätsgefüge werden jedoch – zumindest aus unserer Perspektive im Kinosaal – größer. Ju betritt wortwörtlich ein neues Spiel, in dem er, in Anlehnung an das Märchen von Hans Christian Andersen, den Tod des Streichholzmädchens – postmodern versetzt in eine bunte, knallige, urbane Bonbonwelt – gegen mutmaßliche Retter – Freier, Gegner, wer-auch-immer – sicherstellen muss, damit die Geschichte ihren gewohnten, romantisch-melancholischen Gang gehen kann. In späteren Levels dann, wenn nichts mehr an die alte Realität erinnern mag, Ju vollkommen im Cyberkosmos sein Dasein als Player fristet, verschieben sich die Aufgaben zusehends, bis dann im Finale, mit Hilfe anderer Spieler, der Kampf gegen das Spielsystem selbst im Mittelpunkt steht.
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