Frechheit siegt!

Ein ohrenbetäubender Pfeifton ist das letzte, was Cooper (Chris Marquette) und seine Bürokollegen wahrnehmen, bevor sie in tiefe Bewusstlosigkeit fallen. Drei Tage später wachen einige von ihnen in Kokons eingesponnen wieder auf und müssen verblüfft feststellen, dass überaus aggressive Rieseninsekten in der Zwischenzeit die Herrschaft über die Erde übernommen haben. Was nun?

„Infestation“ gehörte auf dem Fantasy Filmfest 2009 zu den ausgesprochen positiven Überraschungen, was umso erstaunlicher ist, als vom B-Horror- und -Monsterfilm kaum noch neue Impulse ausgehen, beide vielmehr in gelangweilter Routine erstarrt sind und sich nur noch darauf zu beschränken scheinen, sich Jahr für Jahr dem tricktechnischen Status quo anzunähern. Dass es aber durchaus noch möglich ist, innerhalb eines eng abgesteckten Genres für frischen Wind zu sorgen, beweist Regisseur Kyle Rankin mit seinem Spielfilmdebüt. Und er benötigt dafür nicht etwa clevere Gimmicks oder gemeine Taschenspielertricks, sondern einzig sein erzählerisches Talent und eine genaue Kenntnis der Genremechanismen. Das soll nicht etwa heißen, dass „Infestation“ altmodisch wäre: Er gewinnt, weil er über die Jahrzehnte unnötig gewordenen erzählerischen Ballast gnadenlos über Bord wirft und sich wieder auf das Wesentliche besinnt.

„Infestation“ wird so genau zu dem temporeichen Spektakel, das andere Filme versprechen, denen zur Erfüllung dieses Versprechens aber nichts Besseres einfällt, als einen grellen Effekt an den nächsten zu reihen: Er beginnt mit einem Close-Up auf den eingesponnenen Protagonisten Cooper, der aus der Bewusstlosigkeit erwacht, sich aus dem Kokon befreit und sogleich vom ersten Käfer attackiert wird. Ohne umständliche Exposition befindet sich der Zuschauer direkt im Geschehen, das weitere Figureninventar wird quasi „auf dem Weg“ eingeführt. Pausen gibt es keine, und um die sich im Folgenden entspinnende Monsterhatz etwas aufzulockern, setzt Rankin geschickt einige kurze Flashbacks auf die Stunden vor der Katastrophe ein, die der Handlung etwas Tiefe verleihen. Und auch wenn die Figuren allesamt bekannte Typen des Monsterfilms sind – die patente junge Frau, der aufmüpfige Sprücheklopfer, die gutaussehende, aber komplett weltfremde Blondine, der hemdsärmelige Schwarze mit seinem zurückgebliebenen Sohn –, so werden sie von der Inszenierung ausgesprochen respektvoll behandelt und degenerieren nie zu nervendem Kanonenfutter. Cooper etwa, der in einem anderen Monsterfilm wahrscheinlich der Comic Relief wäre, der im dritten Akt über den Jordan gehen muss, gibt einen denkbar ungeeigneten Helden ab, wenn er sich mit seinem raubeinigen Army-Papa (Ray Wise) auseinandersetzen muss und dem Film so eine ganz eigene, lakonische Perspektive auf die Käferinvasion abringt. Diese findet nach überaus kurzweiligen und witzigen 80 Minuten genau zum richtigen Zeitpunkt und nach einem nicht zu überkandidelten Finale ihr Ende. Rankin ist dann aber noch längst nicht fertig: Er schließt mit einem Schlussgag, der allen Twists und Turns, die der geneigte Filmseher in den letzten Jahren über sich ergehen lassen musste, eine lange Nase zeigt. Frechheit siegt: Das gilt für Cooper wie für Rankin.

Infestation
(USA 2009)
Regie: Kyle Rankin; Drehbuch: Kyle Rankin; Musik: Steven Gutheinz; Kamera: Thomas Ackerman; Schnitt: David Finfer
Darsteller: Chris Marquette, Brooke Nevin, Ray Wise, Kinsey Packard, E.Quincey Sloan
Länge:
Verleih:
Capelight

Zur DVD von Capelight

Bild: 1,85:1 (16:9/anamorph)
Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch, Englisch
Extras: Audiokommentar, Making of, Trailer
Freigabe: FSK 16
Preis: 17,99 EUR

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