10 Skies

Nach „13 Lakes“ am nächsten Morgen „Ten Skies“. Von der Nacht gezeichnet bin ich einen Moment unsicher, ob ich nicht doch lieber eine andere Vorführung wählen soll. Die Befürchtung ist klar. Was soll nach dem gestrigen Erlebnis noch Neues hinzukommen. Ich hätte mich kaum gründlicher täuschen können.

Die Anordnung ist die selbe. Die Kamera blickt jeweils 10 Minuten in den Himmel, diesmal – unterbrochen von Schwarzblenden, die gerade lang genug sind um die Augen neu zu kallibrieren, ein bißchen, wie wenn man sich bei einer Weinprobe zwischendurch den Mund mit Wasser ausspült. Allerdings, diesmal kommt der Kadrierung keine Bedeutung zu, diesmal ist das Bild in ständiger Bewegung und diesmal bleibt der Raum ein zweidimensionaler.

Was bei „13 Lakes“ eine beinahe bewußtsseinserweiternde Erfahrung war, wird hier zur philosophischen Betrachtung. Jedes Bild ist gleichzeitig Auflösung und Neubeginn, jeder Moment einzigartig und unwiderbringlich verloren. Wolkenformationen oder durchziehende Nebelschwaden werden mit zunehmender Zeit in der subjektiven Betrachtung zu einem abstrakten Gemälde, dass sich ständig neu erschafft und jegliche Deutungsversuche obsolet macht.

Die Bilder sind was sie sind, nicht mehr und nicht weniger. Es stellt sich erstaunlicherweise eine direkte Verbindung zu ganz unterschiedlichen emotionalen Erfahrungen ein. So erlebt man euphorische Momente um kurz darauf eine tiefe innere Ruhe zu empfinden. „Ten Skies“ ist der aufregendste Film, den ich seit langem gesehen habe.

Thomas Reuthebuch

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