Wonderful Town

Ton, ein junger Architekt aus Bangkok, soll den Wiederaufbau einer vom Tsunami zerstörten Ferienanlage im Süden Thailands überwachen. Statt in einer der Bettenburgen von Takua Pa mietet er sich in einem unscheinbaren Kleinstadthotel ein, wo er der einzige Gast zu sein scheint. Tons Flirt mit der jungen Hotelwirtin Na entwickelt sich zu einer leidenschaftlichen Beziehung, die dem argwöhnischen Blick ihres sinistren Bruders Wit nicht entgeht.

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Der Soundtrack von Wonderful Town wird von zirpend-abstraktem Ambient und warmen Akustikgitarrenklängen getragen. Oft hört man das Rauschen des Windes von den traumhaft schönen thailändischen Waldhügeln her, oder vom nahen Meer. Die Bilder sind nur leicht ästhetisiert, ganz sanft, und wenn Ton und Na miteinander Thailändisch reden, kleine Witze austauschen und sich unendlich behutsam Schritt für Schritt annähern, dann klingt das unglaublich schön.

Schön auch der Einsatz von Farben: Oft ist das Bild zwar gräulich und schwärzlich, bald fällt auf, dass die Kamera bei Innenaufnahmen auf das sonnenbestrahlte Äußere, das man durch Fenster sieht, justiert ist, so dass die Figuren häufig nur Konturen ohne Details sind. Doch immer wieder gibt es Inserts, in denen die Farben auf eigentümliche Weise präsent sind, wie ein fernes Echo der technicolor-artigen Entrücktheit vergangener Filmdekaden. Ein mittelgroßes Kinoglück: Ton liegt auf seinem Bett, draußen scheint die Sonne hinter Wolken hervorzukommen – und mit einem Male blüht das Bild von innen heraus auf. Oder jene Momente, in denen Na Tons Zimmer pflegt, wie sie mit ihren Fingern voller Sehnsucht über das Laken streicht, dass es unter den eigenen Fingerkuppen zu kitzeln beginnt.

Wonderful Town ist ein kleiner, schöner, sanfter Film. Auf dem Festival bekommt man solche in der Regel nur im Forum zu sehen; zumeist kommen sie aus Asien (ein zweiter des diesjährigen Jahres ist der ebenfalls recht feine Asyl). Umso rauher wirken jene Thriller-Elemente, die sich in der zweiten Hälfte in die zärtliche, aber eben zärtelnd verkitschte Romanze schieben. Nicht, dass der Film plötzlich auf die Pauken hauen würde; das Gleitende und Sanfte bleibt grundsätzlich bestehen, allein der Inhalt wandelt sich, wenn sich aus der Tiefe der Kleinstadtseele plötzlich Abscheuliches auftut.

Ton als Großstadtmensch, der er nicht sein möchte, verfällt dem beschaulichen Idyll dieser neuen Umgebung Man verfällt als Zuschauer gern mit ihm. Was hinter der Fassade lauert, bleibt deshalb im Elliptischen verborgen und lugt nur im schlimmsten Schreckmoment wirklich hervor. Die letzten Bilder: Kleines provinzielles Idyll, Kinder, die tanzen, Handwerker, die werkeln, kleine Häuser, wie es sie überall auf der Welt gibt. Alles beim Alten, nur ein kleiner Mord in einer wunderbaren Stadt.

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