Theorien der Medien

Aus dem Korpus der Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften schält sich langsam ein fest eingrenzbarer Bereich der Medienwissenschaften heraus, der zwar transdisziplinär und methodisch vielfältig angelegt ist, jedoch durch seinen Fokus auf die Medien innerhalb der traditionellen Theorien neue Zusammenhänge stiftet. Für die universitäre Vermittlung dieser Medienwissenschaften als eine Disziplin ist es damit unerlässlich geworden, die disparaten Theoriemodelle aus diesem Fokus heraus zu vermitteln. Ein idealer Ansatz für ein Lehrbuch.


Im Konstanzer UVK-Verlag ist in der UTB-Reihe nun das Studien- und Lehrbuch „Theorien der Medien“ erschienen, in dem verschiedene Autoren die Theorienvielfalt zwischen zwei Buchdeckel bringen. Nachdem der Herausgeber Stefan Weber im Vorwort und der Einführung auf die Rolle der Basis-Theorien der Kulturwissenschaften für den Medientheoriekanon hinweist, unternehmen zehn Autoren je einen der zwölf Theoriestränge und referieren dessen Paradigmen, Hauptvertreter und Diskussionsstand.

Der Herausgeber Stefan Weber widmet sich dem Konstruktivismus, der Systemtheorie und quasi als Resümee des Bandes der „Komparatistik der Theorien“. Frank Hartmann stellt die Technik-Theorien und die Medienphilosophie vor. Natascha Just und Michael Latzer referieren die ökonomischen Theorieansätze ausgehend von ökonomie-politischen Ansätzen bis hinein in betriebswirtschaftliche Spezial-Diskurse. Überlappend dazu stellt Christian Schicha die Ansätze der kritischen Theorie, wie sie für die Medienwissenschaft genutzt werden können, vor, wobei er auch mittlerweile tradierte filmsoziologische Theorien (etwa Prokops Medienkapitalismuskritik) mit berücksichtigt. In die Semiotik der Medien, die Geschichte der Zeichentheorie vom frühen Strukturalismus üer die wichtige Pierce’sche Semiotik bis hin zu Theorien der Inter- und Hypertextualität führt Gloria Withalm ein.Rudi Renger stellt die Kulturtheorien (Cultural Studies) und deren Hauptvertreter (z. B. Raymond Williams und John Fiske) vor; Sibylle Moser die feministischen Medientheorien (bzw. Gender-Theorien). Den „Werdegang des Strukturalismus“ in der Kulturwissenschaft nachzeichnend folgen dann Lutz Ellrichs recht anspruchsvolle Einführung in die und Diskussion der Psychoanalyse und Claus Pias’ Überblick und Diskussion zu poststrukturalistischen (und postmodernistischen) Medientheorien.

Bei aller notwendigen Reduktion zur Wahrung des Überblicks ist es dem Herausgeber dennoch gelungen, über den Aufbau des Bandes größeren Zusammenhang und Sinn zu stiften: Nicht nur zeichnen die einzelnen Kapitel die Theoriegeschichte in Hinblick auf den Gegenstand „Medien“ nach. Sie liefern die wichtigsten Ansätze definitionsartig und prägnant. Jedes der Kapitel kann für sich gelesen und erarbeitet werden. Besonders hilfreich für den Studienalltag dürften hierbei die Randgloßierungen sein, die Theoretiker, Termini oder Argumente des jeweiligen Abschnitts auf den Punkt bringen. Am Ende des Textteils findet sich eine oft mehrseitige Auswahlbibliografie, die einen vertiefenden Einstieg in das Vorausgegangene ermöglicht. Jedes Kapitel wird abgeschlossen durch jeweils einen Kasten mit „Übungsfragen“, die zwar nur einige aber dafür wesentliche der zuvor diskutierten Inhalte „abfragen“. Der gesamte Band ist aufgelockert durch Grafiken, die Gloßierungen sowie verschiedene Schriftgrößen und Einrückungen, welche zitierte Passagen schnell erkennbar machen. Am Ende des Buches findet sich ein Autoren-, Personen- und Sachregister womit es wohl alle akademischen Ansprüchen voll gerecht wird.

„Theorien der Medien“ ist mit seinem Überblickscharakter und der ansprechenden Aufbereitung seiner Theorie-Stränge bislang einzigartig auf dem deutschen Buchmarkt. Als Studienbuch und als Einführung in die diversen Diskussionen erfüllt es seinen Zweck bestens und steckt darüber hinaus einen verbindlichen – wenngleich auch transdisziplinär-offenen – Kanon der Medien-Theroien ab. Es sollte daher in keiner medienwissenschaftlichen Bibliothek fehlen.

Stefan Weber (Hrsg.)
Theorien der Medien
Konstanz: UVK 2003
Reihe: UTB
360 Seiten (Taschenbuch)
19,90 Euro

Stefan Höltgen

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