The Last Detail

Am Anfang von „The Last Detail“ steht der Auftrag. Die beiden Navy Soldaten „Badass“ Buddusky (Jack Nicholson) und „Mule“ Mulhall (Otis Young) haben eine Woche Zeit um den 18-jährigen Seemann Larry Meadows (Randy Quaid) vom Stützpunkt in Virginia nach Portsmouth, New Hampshire zu überführen. Dort erwartet das Riesenbaby eine 8-jährige Gefängnisstrafe. Sein Vergehen: der Versuch, lächerliche 40$ aus einem Wohltätigkeitsfond zu veruntreuen. Badass und Mule sind alles andere als begeistert. Ihr Plan: schnelle Überführung des Delinquenten, der Rest der Woche freie Bahn.

Ashby entwickelt aus dieser Prämisse mit Drehbuchautor Robert Towne eine bitterböse Satire mit einem überragenden Jack Nicholson, in deren Kern nicht nur die erfolgreiche Überführung alberner Militärromantik steht, sondern darüber hinaus nicht weniger als eine treffsichere und schließlich ergreifende Studie ausweglos erscheinender, sich aus Angst und Hilflosigkeit speisender Ohnmacht. Das darf man sich nun nicht etwa als Sozialstudie vorstellen sondern als, in seiner glasklaren Struktur am ehesten an eine mythologische Reise erinnerndes Road Movie. Dabei zeichnet sich Ashbys Inszenierung immer wieder durch seine genaue Beobachtung und dessen Fähigkeit zur Überführung ins Groteske aus.

Bereits der bierernste Aufbruch der drei aus dem Stützpunkt in einer lächerlich anmutenden Rostlaube, begleitet von schmissiger Militärmusik, bietet einen Vorgeschmack dieses durchgängigen Prinzips. Das Drehbuch schließlich bietet in seiner intelligenten Durchdeklinierung der sich ständig verändernden Dreierkonstellation jede Menge Fleisch für Ashbys Inszenierungsstil. Jack Nicholson ist dabei stets Verbündeter des Regisseurs als auch Dreh- und Angelpunkt der Dramaturgie innerhalb der Sequenzen, die den Film, respektive die Reise, in schöner Regelmäßigkeit in einzelne, sich am Ende immer weiter verdichtende Episoden auffächert.

Am beeindruckendsten sicherlich die bedrückende Darstellung der bereits angesprochenen Ausweglosigkeit Budduskys. Auch wenn der Film immer wieder Situationen herstellt, die man in Ermangelung eines treffenden deutschen Begriffs am ehesten mit „deadpan humor“ umschreiben kann, verweisen die Figuren in ihrem offensichtlich ungebrochenen Obrigkeitsdenken und dem daraus resultierenden fehlendem Bewußtsein, geradezu exemplarisch auf die tiefgreifende verheerende Wirkung, die sich für das rückwärtsgewandte Individuum in einer sich ständig erneuernden Gesellschaft ergibt.

Das spannende an „The Last Detail“ ist denn auch die Perspektive, Budduskys Perspektive, eines Verlierers, der intellektuell von den Veränderungen überfordert ist, emotional dieser Überforderung mit Aggression begegnet, der aber dennoch von Ashby niemals vorgeführt wird. Das ist schon ein Kunststück, speziell wenn man sich vor Augen führt, wie weit der Film in der Darstellung der Erbärmlichkeit seiner Figuren geht. Wenn sich die drei etwa in einem Stundenhotel hemmungslos besaufen, demonstriert Buddusky stolz seine „Kunst“, die des „Signalmans“, eine wenig elaborierte Aneinanderreihung einfachster Bewegungsabläufe, die selbst Meadows wenig später problemlos imitieren kann. Bei einer Hippieparty, in der Ashby mit unverhohlener Ironie die Erlösungshoffnungen der amerikanischen Jugend in fernöstliche Religionen persifliert, versucht der jodelnd-balzende Buddusky bei einem Mädchen (Nancy Allen) mit seiner lächerlich-kitschigen Masche vom harten Leben auf der See zu landen.

„The Last Detail“ vermittelt durch die Ziellosigkeit seiner Figuren auch ein Gefühl für die anonyme Ödnis der USA, für die Austauschbarkeit seiner urbanen Landschaften, die endlos sich hinziehende Langeweile an den Ausfallstraßen der Großstädte. Jack Nicholson erhielt für seine aggressive, energiegeladene, dann wieder zart und einfühlsam angelegte Rolle die Goldene Palme beim Filmfestival von Cannes. Für den Oscar als bester Hauptdarsteller war er genauso nominiert wie Randy Quaid als bester Nebendarsteller und Robert Towne für das beste Originaldrehbuch.

Thomas Reuthebuch

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