Interview mit (mehr als) einem Vampir

In Belgien lässt es sich leben als Untoter. Gut, dass man wochenlang immer nur Schwarze zu essen bekommt, ist kulinarisch etwas eintönig, aber dafür liefert die belgische Polizei die illegalen Immigranten bis an die Haustür der Vampirfamilie um den Patriarchen Georges (Carlo Ferrante). Und wenn Untermieter Bienvenu (Batiste Sornin) sich einmal sexuell an kindlichen Opfern vergreift, drückt die staatliche Strafverfolgung beide Augen zu. Die belgische Mockumentary „Vampires“ (deutscher Titel: „Vampire – Verstecken war gestern!“) geizt nicht mit Seitenhieben auf die politischen Zustände des Landes, funktioniert aber – in Budget-bedingter Ermangelung visueller Highlights – primär über bissige Dialoge und bizarre Ideen, die mitunter tradierte Vorstellungen der Vampirmythologie erweitern. „Interview mit (mehr als) einem Vampir“ weiterlesen

Fantasy Filmfest Nights 2011 – If you go out in the Woods today…

Das Unangenehmste am Job eines Trolljägers ist der Papierkram. Die geheime staatliche Agentur TST (Troll Security Service) verlangt doch tatsächlich, dass man ein bürokratisches Formular ausfüllt, das unter anderem darüber Auskunft geben soll, ob man nun einen Ringlefinch, Tosserlad oder Jotnar erlegt hat. Da die essentiellen Unterschiede allgemein bekannt sind, braucht hier nicht auf die Spezifika dieser einzelnen Unterarten eingegangen werden. Was indes weniger bekannt ist: Die norwegische Regierung versucht – vermutlich, um den Tourismus nicht zu gefährden – die Existenz der Wald- und Bergmonster mit allen Mitteln geheim zu halten. „Fantasy Filmfest Nights 2011 – If you go out in the Woods today…“ weiterlesen

Mann beißt Mann

Die Renaissance des Vampir-Motivs in der derzeitigen Kulturproduktion ist schon erstaunlich – nicht zuletzt, weil man noch vor zehn Jahren annehmen durfte, dass das Subgenre eigentlich nichts Neues zu erzählen hat. Ein trefflicher Indikator für diese Diagnose schien einerseits in der quantitativ beachtliche Abwanderung in die Pornografie, andererseits die „dispositive Verdopplung“ des Vampirstoffes in Filmen wie „Shadow of the Vampire“ (2000) zu sein. Die neuerliche Wiederauferstehung der Vampire in Romanen und Filmen besitzt da hingegen schon fast den Charakter eines Backlashs, sind es doch wieder Liebesgeschichten und Melodramen, die in den Zentren der „Twilight“-Reihe und sogar von Filmen wie „So finster die Nacht“ (2008) stehen. Gerade letzterer hatte jedoch auch ein zweites Motiv des Vampirfilms erneut thematisiert: die soziale Frage des Miteinanders von Vampiren und Menschen. Während zuletzt „Daybreakers“ (2009) eine recht eindeutige Antwort auf diese gefunden hatte, schickt sich der Dokumentarfilm „Vampires“ nun an, das Thema von einer anderen Seite aus zu beleuchten.
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1-18-08

Viren und Monster scheinen auf den ersten Blick recht verschiedene Stoffwechsel zu haben. Auf der einen Seite wäre das meist aus natürlichen oder auch hausgemachten Umständen, oder von Atomstrahlen zum wachsen gebrachte Ungetüm, dessen übernatürliche Kraft ausreicht, um es locker mit einer ganzen Armee aufzunehmen; auf der anderen das Virus, das eigentlich gar keinen eigen Stoffwechsel hat und sich definitionsgemäß in einer Zwischenwelt von Leben und Tod verorten lassen muss. Das Virus ist allerdings in der Lage, die Sprache seines Wirtes zu sprechen, um sich in dessen Zellen zu reproduzieren, wohingegen das Monster weitestgehend auf die Überzeugungskraft seiner nackten Präsenz setzt. Matt Reeves‘ „Cloverfield“ schafft es in gewisser Hinsicht, beides zu vereinigen und überschreitet dabei die Grenzen seines eigenen Films.
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Froschperspektive

„Die Menschen müssen das sehen“, sagt Hud, der mit der Videokamera festhält, wie Manhattan von einem gigantischen Ungeheuer dem Erdboden gleichgemacht wird. Damit paraphrasiert er nicht nur das Versprechen der Marketingabteilung, die für die „Cloverfield“ -Kampagne alle Register gezogen hat, um die Menschen ins Kino zu locken, er knüpft auch unmittelbar an die Lesart ist, die nach „I am Legend“ nun schon zum zweiten Mal in diesem Jahr das größte amerikanische Trauma der Gegenwart zum Thema eines Genrefilms macht. Der Monsterfilm scheint sich für solche Allegorien besonders gut zu eignen. Frei nach dem Wortstamm „demonstrare“ begreift der Zuschauer das Monster automatisch als Zeichen für etwas anderes. Das funktionierte schon 1954 mit Inoshiro Hondas „Godzilla“, der personifizierten atomaren Bedrohung, der für „Cloverfield“ Pate stand. „Froschperspektive“ weiterlesen

Dialektik der Aufklärung

Der „Schulmädchen-Report“, eine zwischen 1970 und 1980 entstandene 13-teilige Filmserie, ist ein Phänomen: Mit minimalem Aufwand gedreht, entpuppte sie sich zum absoluten Publikumsmagneten und steht bis heute exemplarisch für den deutschen Softsex-Film der Siebzigerjahre. Basierend auf dem gleichnamigen Aufklärungsbuch von Günther Hunold, das im Zuge der Oswalt-Kolle-Welle erschien (aber durchaus zwiespältig rezipiert wurde), wurde „Schulmädchen-Report“ für rund 250.000 DM in nur wenigen Tagen produziert und erreichte sechs Millionen Zuschauer allein in der Bundesrepublik; wie die schleunigst nachgekurbelten Teile 2 und 3 erhielt er eine Goldene Leinwand. Insgesamt erreichten alle 13 Teile zusammen weltweit mehr als 100 Millionen Zuschauer und machten Hartwig zu einem der erfolgreichsten Filmproduzenten Deutschlands. „Dialektik der Aufklärung“ weiterlesen