… just a little déjà-vu!

»It’s like freedom and democracy. In the end, China will take over, and none of this will matter.«

Die ersten Minuten kommen äußerst bekannt vor: ein Paar in einem Restaurant, eine Szene voller gegenseitigem Unbehagen, er schenkt ihr einen antiken Aschenbecher. Doch sie scheint ein wenig abgelenkt. Er soll sich nicht sorgen: »… just a little déjà-vu!« Mit einer nahezu identischen Sequenz hatte Todd Solondz bereits „Happiness“, 1998 inszeniert und noch immer sein Meisterwerk, begonnen, jenes Horrorkabinett aus sexuellen Obsessionen und gescheiterten Existenzen, das er nun, eine gute Dekade später, mit „Life during Wartime“ fortschreibt.

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Passagen durch Manila

Wenn im neuen Filipino-Kino Lav Diaz der große Filmemacher der Zeit ist, dann ist vielleicht Brillante Mendoza der des Raumes. Seine Filme haben Plots, oftmals sogar als generisch zu beschreibende, und doch scheint es Mendoza nicht in erster Linie darum zu gehen, diese möglichst ökonomisch in eine Filmstruktur einzubetten. Stattdessen ist es die Passage, die diesen Filmemacher interessiert; immer wieder lässt er seine Protagonisten in langen Plansequenzen die Räume durchqueren, die seine Filme auszumessen suchen. Die Welt bleibt auf diese Weise niemals so ganz ausgesperrt aus seinen Bildern, die zudem untrennbar sind von den komplexen Klanginstallationen, die Mendoza unter sie legt. Das Rauschen der Stadt, der Verkehrslärm von Manila: Wer einen Film von Mendoza sieht, der gewinnt sehr konkrete, geradezu somatische Impressionen davon, wie es sich anfühlen könnte, wie es klingen, schmecken, riechen mag, in der philippinischen Metropole zu leben.
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»Best Dream in the History of Dreams«

Der Videoclip-Regisseur Spike Jonze hat in zahlreichen Spielfilmen sein Talent als Erzähler skurriler Geschichten bewiesen. Zusammen mit Michel Gondry hat er die Filmästhetik um maßgebliche Ästhetiken des Musikvideos bereichert, dabei jedoch eine ganz eigene Sprache gefunden. Diese findet sich quasi kondensiert in seinem neuesten Werk, einem 30-minütigen Kurzfilm mit dem Titel „I’m Here“, der die Liebesgeschichte zweier Roboter in an „absolut world“ erzählt. Der Untertitel verrät bereits, dass es sich um einen Werbefilm handelt – für die Wodka-Marke „Absolut“; vom Getränk selbst ist in „I’m Here“ zum Glück nichts zu sehen. Jochen Werner und Stefan Höltgen haben den Film zusammen gesehen und einen Videopodcast dazu erstellt:

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Des eigenen (Un)Glücks Schmied

Douglas Sirk, 1897 in Hamburg unter dem Namen Detlev Sierck als Sohn dänischer Eltern geboren, gilt als Meister des Melodrams. Ursula Vossen definiert es in ihrem Eintrag in „Reclams Sachlexikon des Films“ als „Spielfilmgenre, das auf triviale Handlung setzt, die Schicksalhaftigkeit des Lebens betont und den Zuschauer bis zur Gefühlsmanipulation emotional bewegt.“ Auf Sirks Filme trifft diese etwas abschätzig formulierte Definition jedoch nur bedingt zu. „Des eigenen (Un)Glücks Schmied“ weiterlesen

Die Sehnsucht zwischen zwei Küssen

Sicher, dass am Beginn einer Erzählung der Verzehr einer Süßspeise steht, das ist nicht neu. Und das sich der gemeinsame Genuss einer solchen Kleinigkeit schon mal zu einer amourösen Eskapade ausweiten kann, soll es auch schon gegeben haben. Dass es sich dabei allerdings um einen Blaubeerkuchen mit Vanilleeis handelte ist nicht bekannt und man kann auch nicht unbedingt sagen, dass der Blaubeerkuchen zu den traditionellen fernöstlichen Spezialitäten zählt. Wie jedoch Wong-Kar-Wai, dessen Werk tief im asiatischen Kontext verwurzelt ist, in My Blueberry Nights so herkömmliche Hollywood-Zutaten wie Lovestory, Road-Movie und Melodram zusammen anrichtet, das ist alles andere als bloße Zuckerbäckerei, sondern virtuos inszeniertes Gefühlskino.

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Lost in Time

Menschen in der Krise: Nachdem die junge Sui Wai (Cecilia Cheung) ihren älteren Verlobten, einen Busfahrer, durch einen Verkehrsunfall während der Arbeit verloren hat, ist sie bemüht, ihr Leben und das seines Sohnes aus erster Ehe Lok Lok in den Griff zu kriegen. Zu diesem Zwecke lässt sie den beschädigten Bus ihres Verlobten reparieren (freilich aber auch aus romantischen Gründen: In diesem Bus fanden erste Annäherungen statt: Das Kennenlernen, das Sich-wieder-Begegnen und nicht zu letzt die Verlobung wie der Film sukzessive in verklärt ausgeleuchteten Rückblenden zu erkennen gibt) und heuert bei dem selben Busunternehmen als freie Mitarbeiterin an. Dies bringt viele Probleme mit sich: Sie ist dem Straßenverkehr nicht gewachsen, verdient zu wenig Geld, vernachlässigt den kleinen Jungen und droht, im männerbundähnlichen Busfahrermilieu aufgerieben zu werden. Zunächst noch aus der Ferne beobachtet Dai Fai (Lau Chin Wan) das junge Mächen, ein Kollege ihres Verlobten, der auch der erste an der Unfallstelle gewesen ist. Langsam führt er sie in das Gewerbe ein, steht ihr mit Tipps zur Seite, während die anderen Kollegen das unbeholfene Mädchen nur verspotten. Als er zunehmend auch von der desolaten Privatsituation von Sui Wai erfährt, die mit der Organisation ihres Alltags schlicht überfordert scheint, steht er ihr auch hier zur Seite und freundet sich mit dem kleinen Lok Lok an, der ihn bald als Vater anzusehen beginnt. Doch auch Dai Fai führt sein Leben nicht so souverän, wie seine große, gut eingerichtete Wohnung suggeriert: Erst spät erfahren wir Details aus seinem früheren Leben, die ihm das Engagement gegenüber Sui Wai zur Gewissensfrage machen. „Lost in Time“ weiterlesen

Blues Harp

Der Output des japanischen Regisseurs Takashi Miike ist beeindruckend. Seit 1991 hat er es auf mittlerweile 59 Filme gebracht. Das macht rund fünf Filme pro Jahr (an der Spitze liegt 2002 mit sieben). Und zu diesen zählen international gefeierte Werke, wie Visitor Q (2001), Dead or Alive (2001), Audition (2000) oder Ichi the Killer (2001). Bei einer derartig hohen Anzahl von Filmen macht es schon fast Sinn von „Jahrgängen“ zu sprechen. Diesbezüglich war 1998 ein ruhiger Jahrgang für Miike: „Nur“ vier Filme hat er gedreht und einer davon ist der für seine Verhältnisse außergewöhnliche ruhige Blues Harp. „Blues Harp“ weiterlesen