In einer berühmten Szene von Woody Allens „Der Stadtneurotiker“ kontert Allens Alter Ego Alvy Singer in einem Kino-Foyer das selbstgefällige Geschwätz eines Intellektuellen über die Thesen Marshal McLuhans, indem er den berühmten Medienwissenschaftler höchstpersönlich hinter einem Plakataufsteller hervorzieht und ihn dem Dampfplauderer entgegnen lässt, dieser habe seine Thesen nicht im Geringsten verstanden. „Wenn es nur einmal so sein könnte“, seufzt Singer in die Kamera, die Szene als Wunschtraum eines am Leben Verzweifelten enttarnend. Auf den durchschnittlichen Actionhelden angewendet, könnte McLuhans Rolle von Steven Seagal eingenommen werden: Anstatt seine körperliche Unversehrtheit und sein Leben beim Kampf für die gute Sache zu riskieren, walzt Seagal von Anzahl und Qualifikation seiner Gegner vollkommen unbeeindruckt durch seine Filme und richtet jeden, der sich ihm entgegenstellt, auf brutalste Art und Weise hin, ohne das leiseste Anzeichen einer menschlichen Empfindung wie Mitleid oder auch nur ein Minimum an körperlicher Anstrengung zu zeigen. Wenn es doch nur einmal so sein könnte im Actionhelden-Leben … „Der Allestotmacher“ weiterlesen
Jaa-Markt der Eitelkeiten
„Wer am lautesten schreit, hat Unrecht.“: ein typischer Elternsatz, den wahrscheinlich jedes Kind irgendwann einmal zu hören bekommen hat und der ohne Frage einen wahren Kern enthält – Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel. Wirft man aber einen Blick in E-Mails, Forenbeiträge oder Blogkommentare, kommt man kaum umhin, anzunehmen, dass sich diese Erkenntnis ins Gegenteil verkehrt hat: Nicht die Qualität der Argumente zählt, sondern die Zahl der verwendeten Ausrufezeichen, Großbuchstaben und Beleidigungen. Was das mit „Ong-Bak 3“ zu tun hat? Auch ihm liegt der Irrglaube zugrunde, dass inhaltliche Mängel durch formalen Überfluss ausgeglichen würden, dass sich die gewünschten Emotionen beim Zuschauer schon einstellten, wenn man ihn nur beharrlich genug bedrängt und anschreit. „Ong-Bak 3“ ist das filmische Äquivalent zur Caps-Lock-E-Mail.
Der Ninja: Vorher und Nachher
Was der Kannibalenfilm in den späten Siebziger- und frühen Achtzigerjahren fürs Horrorgenre war, das war der Ninjafilm in den Achtzigern fürs Actiongenre: auf die Sensationsgier des Publikums abzielende, oft billig produzierte Exploitation, die keinerlei feuilletonistische Fürsprache zu erwarten hatte, dafür aber jede Menge Empörung hervorrief und den Moralaposteln des Landes willkommene und vor allem unwidersprochen dastehende Argumente für ihre flugs durchgesetzte Beschlagnahmungspolitik lieferte. Der Ninjafilm verschwand so schnell, wie er gekommen war, und so lautlos wie seine Protagonisten. Seine Auferstehung schien höchst unwahrscheinlich. Bis heute …
HERO
Leicht macht es einem HERO beileibe nicht. Da ist auf der einen Seite dieser visuell ungeheuer faszinierende, atemberaubende und vor allem durchweg spannende Film, da gibt es keinerlei Zweifel, doch dann verfolgt der gleiche Film andererseits aber auch wiederum völlig offen ein ideologisches Projekt, das den Bereich der bloßen Fragwürdigkeit schon längst verlassen hat. Und wenn etwa in „Die Welt“ zu lesen ist, dass chinesische Intellektuelle den Film als faschistoid bezeichnet haben, dann kann man eigentlich – wohl gewahr, dass zu einem solchen Vorwurf nicht selten unreflektiert gegriffen wird – nicht viel mehr sagen als: Doch, da ist schon was dran.
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