Zombies sind einfach nicht tot zu kriegen. So sehr man auch versucht sie loszuwerden, so hartnäckig kehren die Untoten immer wieder aus der Versenkung zurück, um sich am Fleisch unbescholtener Bürger schadlos zu halten. Die Bedrohung ist dabei stets eine innere und zugleich äußere, denn was die Zombies zu Zombies werden lässt, ist – so die plotlogische Erklärung – in aller Regel die Infektion durch ein Virus.
Was die Nicht-Infizierten vor dem Schicksal bewart, wahlweise als apathische oder rasende Bedrohung für ihre Mitmenschen zu enden, ist die streng bewachte Isolation von der Außenwelt aus der die Infizierten einzudringen drohen. Juan Carlos Fresnadillo stellt sich bewusst in diese Motiv-Tradition und schafft mit „28 weeks later“ nicht nur einen äußerst packenden und dynamischen Film, sondern richtet, im filmischsten Sinne des Wortes, auch einen zynischen Blick auf die politische Dimension die das Thema zweifelsohne hat. Er lässt immer wieder Blick und Widerblick von Bewacher und Bewachten sichtbar werden und erzeugt so die Dystopie eines Stadtstaates, der unter dem Vorbehalt des Schutzes seine Bewohner auf Schritt und Tritt einer medialen Überwachung aussetzt.
Sechs Monate nach dem ein verheerendes Virus die Britische Insel ins Chaos gestürzt hatte, erklärt die US-Armee die Epidemie für besiegt und lässt einen umzäunten Bereich der Londoner Innenstadt von neuem besiedeln. Unter den ersten Heimkehrern befinden sich die Kinder von Don (Robert Carlyle), der einige Wochen zuvor seine Frau Scarlet (Rose Byrne) in einem alten Bauernhaus unter dramatischen Umständen zurück lassen musste. Aus Angst die tote Mutter zu vergessen, stehlen sich Tammy (Imogen Poots) und Andy (Mackintosh Muggleton) aus der überwachten Zone hinaus, um zu ihrer alten Wohnung zu gelangen. Das Virus ist jedoch, entgegen den Angaben des Militärs, noch nicht völlig besiegt und so beginnt die Epidemie von neuem um sich zu greifen.
Bei „28 weeks later“ fällt es schwer zu sagen, was bedrohlicher wirkt. Die lauernde Gefahr durch eine sich systematisch ausbreitende Seuche, die ihre Träger binnen kürzester Zeit zu rasenden Furien mutieren lässt, oder diejenigen, welche die Bürger durch streng geregelte Überwachung vor selbigen zu schützen vorgeben. Nicht nur, dass die Rückkehrer sich mit ständiger militärischer Präsenz konfrontiert sehen, es ist vor allem die, für den Bürger nicht sichtbare Überwachung, durch omnipräsente Kameras und auf den Dächern postierten Scharfschützen, die den Bewohnern auch bei ihren privatesten Tätigkeiten über die Schulter Blicken. Gerade die Verquickung von optischen Medien und Waffentechnologie erzeugt ein Unbehagen: In die Schusslinie der Medien zu geraten bedeutet in gewisser Hinsicht potentielles Opfer einer Verwechslung zu werden, denn der Filter durch den die Bewacher die Menschen wahrnehmen, lässt keine Informationen durchscheinen, die eindeutige Rückschlüsse auf die Person am anderen ende der Kamera geben. Fresnadillo situiert sein apokalyptisches Szenario nicht umsonst in London, gilt dieses ja bekanntlich als die best überwachteste europäische Stadt.
Die Engführung mit den bekannten Mechanismen der Terrorbekämpfung liegt hier mit unter auf der Hand. Die Mediale Überwachung führt indirekt zum Import des Viruses, die mediale Distanz bewirkt, dass die Sorge um das Wohl der Menschen in unbarmherzige Gewalt gegen selbige umschlägt. Fresnadillo zeigt kein Interesse daran die Dialektik von Aufklärung und Barbarei einem übergeordneten Topos zu unterwerfen, wenngleich man zu Beginn des Film versucht ist, der Erzählung über die zerbrochene Familie, die hier versucht wird, diese Funktion zu unterstellen. Sie liefert vielmehr den narrativen Strang, an dem Fresnadillo sich mit seiner Inszenierung des brutalen Überwachungsstaates, der eigentlich genau das Gegenteil von Brutalität will, voran zu treiben. Und dies gelingt ihm auf recht zynische Weise, wenn beispielsweise der Befehl zum Abschlachten von Passanten erteilt wird, weil diese sich in der panisch fliehenden Masse nicht mehr von den sich im Blutrausch befindenden Infizierten unterscheiden lassen, oder wenn einer der Helden, der moralisch gesehen, für die richtige Sache kämpft, auf übelste Weise von den Flammenwerfern der eigenen Leute niedergemacht wird.
Hinter diesem zunächst vordergründig gelagerten Thema verbirgt sich die Ahnung, dass das Chaos, welches das Virus anrichtet, in gewissem Sinne, gerechtfertigtes ist. Die Sterilität der Zone, in der noch die billigsten zivilisatorischen „Annehmlichkeiten“ (zu beginn des Films wird beispielsweise damit geprahlt, dass es sogar ein Pup gäbe) als große Errungenschaft zum Preis individueller Freiheit erkauft werden, schreit geradezu nach einer Katharsis. Diese zeigt sich im erlöschen des Blicks. Überall dort, wo zuvor Blicke einen Zwang ausübten – sei es der anklagende Blick der zurückgelassenen Frau am Fenster des Bauernhauses, kurz bevor die Zombies über sie herfallen, sei es die Überwachungszentrale des Militärs, in der sämtliche Kamerabilder zusammenlaufen und alles unter undifferenzierten generalverdacht stellen, was sich ihnen bietet, oder seien es die Scharfschützen auf den Dächer, die alles was sie in den Blick nehmen potenziell auch vernichten können – beginnen die Zombies ihren Feldzug. Stellvertretend nimmt der infizierte Don Rache an seiner Frau, indem er ihr die Augen aus den Höhlen quetscht. Und sinnbildlich verliert die zivilisatorische Institution die Maske der Aufgeklärtheit, wenn Reihenweise Zombie durch den Rotor eines Helikopters gedreht werden. „28 weeks later“ ist Kritik im Splatter-Format und wer etwas für die Rache der Untoten übrig hat sollte diesen Film nicht verpassen.
28 weeks later
UK 2007
Regie: Juan Carlos Fresnadillo
Drehbuch: Rowan Joffe, Juan Carlos Fresnadillo, Jesús Olmo, Produktion: Danny Boyle
Musik: John Murphy, Schnitt: Chris Gill
Darsteller: Robert Carlyle, Rose Byrne, Jeremy Renner, Amanda Walker,
Imogen Poots, u.a.
Verleiher: Twentieth Century Fox Film
Länge: 99 Minuten