Michael-Verhoeven-Box

Michael Verhoeven ist eine Ausnahmeerscheinung des deutschen Nachkriegsfilms. Obwohl er nie zur Gruppe des „Neuen Deutschen Films“ gezählt hat, hat er deren Ablehnung eines von „Vatis Vorstellungen“ beherrschen Filmschaffens geteilt und ebenso zeitgeschichtliche Probleme in seinen Filmen adaptiert, wie Schloendorff, Fassbinder oder Kluge. Und dabei ist es zu so manchem öffentlichkeitswirksamen Eklat gekommen, der die von den Regiekollegen geforderte politische Bedeutung des Filmschaffes unterstrichen hat: 1970 wurde wegen seines Films „O.K.“ zum ersten und einzigen Mal in der Geschichte der Berlinale der Wettbewerb gestoppt und die Jury trat zurück. Grund: Verhoeven hatte in seinem Film einen authentischen Fall, in dem US-Soldaten eine junge Vietnamesin gefoltert und anschließend erschossen haben, in den bayrischen Wald verlegt und damit den Zuschauern zu verstehen gegeben, dass der Vietnamkrieg näher sei, als man zu glauben wagte. 1982 erreichte Verhoeven mit seinem Film „Die weiße Rose“, dass der Bundesgerichtshof die Urteile des Volkgsgerichtshofs aufhob und damit die Opfer der NS-Justiz endlich rehabiliterte. Verhoevens Reputation als Regisseur gründet jedoch nicht allein auf der politischen Brisanz seiner Stoffe. Mit seinem 1990 erschienen Film „Das schreckliche Mädchen“ erhielt er Nominierungen für den Golden Globe und den „Oscar“ als bester ausländischer Film.

Drei der wichtigsten Spielfilme Verhoevens sind jetzt in der ARTE-Edition bei Kinowelt erschienen. Neben „Die weiße Rose“ und „Das Schreckliche Mädchen“ findet sich der 1995 produzierte „Mutters Courage“ in der Box. Der Film erzählt die Geschichte Elsa Taboris, der Mutter des ungarischen Dramatikers George Tabori, die 1944 von den Nazis aus Budapest nach Auschwitz deportiert werden sollte, sich aber mit Mut und Stolz dagegen wehrte und so überlebt hat. Taboris Stoff und Verhoevens Film sind nicht ohne beißenden Spott auf die NS-Ideologie, so dass sich „Mutters Courage“ recht deutlich ins Gesamtwerk des Regisseurs einfügt.

Als vierte DVD liegt der Box eine Dokumentation des Filmhistorikers Felix Möller über die Künstlerfamilie Verhoeven bei, die nun bereits in der dritten Generation Schauspieler und Regisseure hervorgebracht hat. Neben einer detaillierten Dokumentation und Würdigung Paul Verhoevens, der vor, während und nach dem zweiten Weltkrieg als Schauspieler und Regisseur gewirkt hat, widmet sich der Dokumentarfilm dem Schaffen Michael Verhoevens, seiner Frau Senta Berger und deren Kindern, von denen Simon Verhoeven ebenfalls Regisseur geworden ist. Dabei werden seltene Dokumente der Familiengeschichte präsentiert und Schauspieler, Freunde und Bekannte der Familie interviewt.

Die DVD-Kollektion ist großzügig ausgestattet: So findet sich auf der Dokumentations-DVD neben Trailern zu Verhoevens Filmen unter anderem ein weiterer halbstündiger Dokumentarfilm über Anneliese Graf, die Schwester des Widerstandskämpfers Willi Graf, der 1943 als Mitglied der weißen Rose hingerichtet worden ist. Die DVD zu Mutters Courage enthält neben einem Kurzfilm, zwei Interviews und einem „Making of“ die geschnittenen Szenen des Films, die Verhoeven nach Protesten des Premierepublikums aus der Kinofassung entfernt hatte. „Die weiße Rose“ und „Das schreckliche Mädchen“ enthalten Interviews mit Verhoeven zu den Filmen und letzerer eine Dokumentation über den authentischen Hintergrund (die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit der Stadt Passau) der Erzählung.

Die weiße Rose
D 1982
Regie: Michael Verhoeven
Buch: Marion Krebs, Michael Verhoeven; Kamera: Axel de Roche, Musik: Konstantin Wecker;
Darsteller: Lena Stolze, Ulrich Tukur, Wulf Kesler u.a.
Verleih: Kinowelt, 120 Minuten

Das schreckliche Mädchen
D 1990
Regie & Buch: Michael Verhoeven
Kamera: Axel de Roche
Darsteller: Lena Stolze, Hans-Reinhard Müller, Monika Baumgartner u.a.
Verleih: Kinowelt, 90 Minuten

Mutters Courage
D 1990
Regie: Michael Verhoeven
Buch: Michael Verhoeven & George Tabori
Kamera: Theo Bierkens & Michael Epp, Musik: Julian Nott & Simon Verhoeven
Darsteller: George Tabori, Pauline Collins, Ulrich Tukur u.a.
Verleih: Kinowelt, 90 Minuten

Die Verhoevens
D 2003
Regie: Felix Möller
Kamera: Ludolph Weyer, Musik: Marco Hertenstein
Verleih: Kinowelt,75 Minuten


Ausstattung der DVDs

Die weiße Rose:

Ton: Deutsch, Dolby Digital 1.0 (Mono)
Bild: 1,66:1 (16:9 anamorph), Code 2, PAL
Extras: Interview mit Michael Verhoeven, Biografie von Michael Verhoeven, Fotogalerie

Das schreckliche Mädchen:

Ton: Deutsch, Dolby Digital 1.0 (Mono)
Bild: 1,66:1 (16:9 anamorph), Code 2, PAL
Extras: Interview mit Michael Verhoeven, Biografie von Michael Verhoeven, Dokumentation „Das Mädchen und die Stadt oder: Wie es wirklich war“

Mutters Courage:

Ton: Deutsch, Dolby Digital 1.0 (Mono)
Bild: 2,35:1 (Letterbox), Code 2, PAL
Extras: Interviews mit Michael Verhoeven und George Tabori, Making of, Geschnittene Szenen, Filmdokumentation „Tabori – Theater ist Leben“, Biografie Michael Verhoeven, Fotogalerie, Kurzfilm „Frau Goldmann und der Liebe Herrgott“

Die Verhoevens:

Ton: Deutsch, Stereo Dolby Digital
Bild: 1,85:1 (anamorph), code 2, PAL
Extras: Dokumentation „Die kleine Schwester“, Trailer zu Verhoevens Filmen

Verleih: Kinowelt / ARTE-Edition
54,00 Euro
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