Mama, Papa, Zombie

Die heile Welt der Fünfzigerjahre: Der strahlende Ehemann kommt vom Karrieremachen ins fesche Eigenheim und wird an der Tür von seiner wunderschönen Ehe- und Hausfrau, die schon den ganzen Tag über am Herd gestanden hat, mit einem auf die Wange gehauchten Kuss empfangen. Der Sohn berichtet am Tisch von seinen hervorragenden Schulnoten und dann tritt der Hauszombie ein, um die Getränke zu servieren: In Andrew Curries „Fido – Gute Tote sind schwer zu finden“ ist das Grauen scheinbar perfekt in die Normalität integriert.

Familie Robinson – Vater Bill (Dylan Baker), Mutter Helen (Carrie-Ann Moss) und Sohn Timmy (K’Sun Ray) – passen nicht ganz in ihr sauberes Städtchen. Als einzige Familie haben sie noch keinen eigenen Zombie, weil Bill panische Angst vor den Untoten hat, seit er seinen Vater während der „Zombie Wars“ erschießen musste. Timmy wird von allen gehänselt, weil er zu viele kritische Fragen stellt, und Helen bemüht sich verkrampft, dazuzugehören. Als sie deshalb kurz entschlossen den Zombie Fido (Billy Connolly) kauft, bringt dieser mit seiner liebenswürdig-lethargischen Art bald nicht nur die Verhältnisse innerhalb der Familie durcheinander, sondern stürzt auch die ganze Stadt ins Chaos.

51nnf3gj2dl_ss400_.jpgDass der Zombie sich perfekt als Bild für den Schrecken einer entfesselten Ökonomie eignete, erkannte George A. Romero, der den karibischen Zombiemythos von allem folkloristischen Zierrat befreite und ihn als Opfer westlicher Kapitalgesellschaften zeichnete. Der Zombie war nicht mehr länger nur Schreckgestalt, er verdiente unser Mitleid und trat so mehr und mehr auch in das Zentrum von Romeros Filmen, bis er in „Land of the Dead“ (2005) schließlich gar zum Protagonisten und zur eigentlichen Sympathiefigur wurde. Currie bleibt dieser Entwicklung mit seinem Film treu und inszeniert seine schwarze Komödie „Fido – Gute Tote sind schwer zu finden“ als eine Art alternative Fortsetzung von Romeros initialem „Nacht der lebenden Toten“ (1969), die einer „Was wäre, wenn …?“-Strategie folgt: Nach den so genannten Zombie Wars verteilt sich die übrig gebliebene menschliche Population auf hermetisch abgeriegelte Sicherheitszonen, innerhalb derer der Konzern „ZomCon“ darauf achtet, dass der labile Frieden gewahrt bleibt. Mittels eines elektronischen Halsbandes ist es gelungen, Zombies zu domestizieren, überall verrichten die armseligen Kreaturen nun Frondienste, für die sich sonst keine Arbeitskräfte finden lassen würden. In der Schule lehrt man das Schießen, kritische Fragen hingegen sind verpönt – der schöne Schein muss gewahrt bleiben. Um die lästige Wiederkehr der Toten zu verhindern, werden „Kopfbeerdigungen“ durchgeführt, alte Menschen können mittels eines Herzmonitors genau überwacht werden, damit sie einen nicht plötzlich als Wiedergänger überraschen und Kriminelle verbannt man kurzerhand in die „Wild Zone“ – das unkontrollierte Gebiet außerhalb der Zäune. Die schöne neue Welt wird wieder einmal von einem faschistischen Regime kontrolliert.

Der Clou von Curries Film ist, dass seine Dystopie aussieht wie das amerikanische Paradies auf Erden. Unter Verwendung der traumhaften Dekors und Kostüme gelingt es ihm perfekt, die Verlogenheit der heilen Welt hervorzukitzeln und dem eigentlich altbekannten Stoff neue Erkenntnisse abzuringen, anstatt sich nur auf die zugegebenermaßen witzige Prämisse – Zombies als Hausdiener – zu beschränken. In der Angst vor den Wiedergängern äußert sich in seinem Film nämlich nicht nur das schlechte Gewissen gegenüber den Toten, sondern die Entfremdung vom Leben selbst. Während Timmy und seine Mutter mit der Freundschaft zu Fido die Freude am vormals streng genormten Leben wiederentdecken und ganz selbstverständlich ein ewiges Zombiedasein dem Tod ohne Wiederkehr vorziehen, ist Timmys Vater vom Tod geradezu besessen. Mit breitem Grinsen besucht er fremde Beerdigungen, spricht die Predigten mit und knipst Fotos als Erinnerungsstücke. Vor Konflikten mit seinem Sohn rennt er wie ein kleines Kind davon, den sichtbaren Schwangerschaftsbauch seiner Gattin will er erst gar nicht wahrnehmen, dann fällt ihm zu der freudigen Nachricht nichts besseres ein, als dass sein Gehalt doch nicht für eine vierte Beerdigung ausreiche. In der Welt von „Fido“ ist das Verhältnis der Menschen zum Leben grotesk verdreht und wie sollte es auch anders sein? Die Exekution von Zombies steht an der Tagesordnung, geliebte Personen können urplötzlich zur tödlichen Bedrohung werden. Zombie-War-Kriegsheld und ZomCon-Sicherheitschef Bottoms (Henry Czerny) bringt es auf den Punkt: In Gegenwart seiner Frau sagt der emotionslose Pragmatiker, dass er keine Sekunde zögern würde, ihr eine Kugel in den Kopf zu jagen. Jeder tut, was er tun muss: ganz wie ein Zombie.

Fido – Gute Tote sind schwer zu finden
(Fido, USA 2006)
Regie: Andrew Currie, Drehbuch: Robert Chomiak, Andrew Currie, Dennis Heaton, Kamera: Jan Kiesser, Musik: Don MacDonald, Schnitt: Roger Matiussi
Darsteller: Carrie-Ann Moss, Bill Connolly, Dylan Baker, K’Sun Ray, Tim Blake Nelson, Henry Czerny
Länge: 91 Minuten
Verleih: Ascot Elite

Zur DVD von Ascot Elite

Ascot Elite präsentiert diese wunderbare Horrorkomödie in toller Bildqualität, ganz so wie er es verdient hat, allerdings ohne Extras. Als weiteren kleinen Minuspunkt muss man die viel zu leise Originaltonspur vermerken, ein Manko, dem man aber mit dem Griff zur Fernbedienung leicht entgegenwirken kann.

Zur Ausstattung der DVD:

Bild: 2,35:1
Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 5.1)
Extras: Trailershow
Länge: 91 Minuten
Freigabe: ab 16
Preis: 9,95 Euro

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