„I’m a cowboy, on a steel horse I ride …“, sang einst der heutige Hausfrauenrocker Jon Bon Jovi und zog damit die Parallele zwischen Biker und Westernheld, nicht ganz ohne Drang zur Selbstmythologisierung. Dennoch ist der Vergleich nicht nur im Hinblick auf die von beiden gleichermaßen zu erduldenden Gesäßschmerzen stimmig. Der Biker sucht wie der Cowboy des Westerns nach dem Paradies hinter dem Horizont, doch meist kommt ihm dabei die Schlechtigkeit des Menschen in die Quere: eine Lehre, die man sowohl aus dem Western als auch aus dem Bikerfilm ziehen kann. „Die grausamen Sieben“ von Richard Rush fügt sich nahtlos in das Bikerfilm-Genre, legt dessen Verwurzelung im Western aber offen wie kein zweiter: Er lässt Biker auf Indianer treffen.
Eine Gruppe Indianer, unter ihnen der hitzige Johnny Blue Eyes (Robert Walker jr.), wird vom fiesen Geschäftsmann Fillmore (Mel Berger) regelmäßig ausgebeutet. Der Streit eskaliert just in dem Moment, als eine Bikergang, angeführt von Kisum (Adam Roarke), in der Barackensiedlung der Indianer einkehrt, in der Fillmore sein Geschäft und einen Saloon unterhält. Der Kapitalist will das Land für sich, um dort ein Urlaubsresort aufzubauen, und beauftragt die Biker, für ihn die Indianer zu vertreiben. Doch Roarke hat sich in Johnnys Schwester Marcia (Joanna Frank) verliebt …
„Die grausamen Sieben“ beginnt mit einem visuellen Trick: Die edlen Wilden, die sich vor der imposanten Wüstenkulisse einen Messerkampf bis aufs Blut liefern, entpuppen sich als ganz normale Arbeiter, die sich am Ende einer anstrengenden Arbeitswoche lediglich etwas austoben, bevor sie auf der Ladefläche ihres Wagens Platz nehmen und gemeinsam ins Wochenende fahren. Doch dieses hält nicht die erwartete Entspannung bereit. Rush zeigt eine Welt, die sich für die Indianer nur oberflächlich verändert hat: Sie leben zwar nicht mehr in Zeltsiedlungen und gehen einem normalen Arbeitsleben nach, doch den Weißen gleichwertig sind sie noch lang nicht. Immer noch werden sie von diesen versklavt und als Menschen zweiter Klasse angesehen.
In der Gegenüberstellung mit den Bikern treten die Gemeinsamkeiten beider Gruppen deutlich hervor: Beide nehmen an der Gesellschaft teil, wünschen sich aber nichts sehnlicher, als von dieser in Ruhe gelassen zu werden. Diese eingeforderte Sonderstellung ruft jedoch sofort Unverständnis, Neid und Missgunst der sich den herrschenden Gesetzen beugenden Bürger hervor. Das Bedürfnis beider nach Autonomie ist verständlich, aber längst nicht mehr erfüllbar, treibt beide stattdessen durch immer neue und zunehmend heftigere Konflikte einem traurigen Ende entgegen. Die finale Auseinandersetzung führt Bikern wie Indianern die eigene Naivität vor Augen: In dieser Welt müssen sie sich auf einen Kompromiss einlassen, um nicht völlig unterzugehen.
Richard Rush, der 12 Jahre später den unübertroffen verschlungenen „Der lange Tod des Stuntmans Cameron“ inszenieren sollte, legt mit „Die grausamen Sieben“ einen überraschend reifen, nüchternen Bikerfilm vor, dessen namentliche Anlehnung an „Die Glorreichen Sieben“ (bzw. „Die Sieben Samurai“) kaum mehr als Namedropping ist. Zwar thematisierten auch andere Vertreter des Genres das laute Zerplatzen des Bikertraums von der unbegrenzten Freiheit, das auch das unsanfte Erwachen der Hippiegeneration 1969 in Altamont spiegelt, etwa Roger Cormans „Die wilden Engel“ oder, sicherlich am populärsten, Hoppers „Easy Rider“, doch taten diese das eher mit der trotzigen Ausgelassenheit des Todgeweihten, der es wenigstens noch einmal krachen lassen möchte, wenn er denn schon abtreten muss, und nicht mit dem zwar durch den ernüchternden Realismus getrübten, aber dennoch in die Zukunft gerichteten Blick Rushs. Hinter dem Horizont wartet eben auch nur die Wirklichkeit. Aber vielleicht ist sie trotzdem eine Reise wert.
Die Grausamen Sieben
(The Savage Seven, USA 1968)
Regie: Richard Rush; Drehbuch: Michael Fisher, Rosalind Ross; Musik: Mike Curb, Jerry Styner; Kamera: Lászlá Kovács; Schnitt: Renn Reynolds
Darsteller: Robert Walker jr., Adam Roarke, Joanna Frank, Max Julien, Mel Berger
Länge: 94 Minuten
Verleih: Pierrot Le Fou
Zur DVD von Pierrot Le Fou
Die DVD kommt im Pappschuber in ansprechender technischer Ausstattung, aber mit Ausnahme eines Trailer ohne Extras. Negativ muss außerdem bewertet werden, dass die deutschen Untertitel lediglich die Verschriftlichung der deutschen Synchronfassung darstellen, die einige Sinn entstellende Übersetzungen und Veränderungen vornimmt.
Bild: 1,85:1 (16:9/anamorph)
Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 2.0 Mono)
Untertitel: Deutsch
Extras: Trailer
Freigabe: FSK 16
Preis: 18,99 Euro