Himmlische Hinterwäldler

Neu ist nichts an “New in Town”. Jonas Elmers Romantikkomödie wurde schon hunderte Male gedreht. Der Neuaufguss erzählt die Geschichte einer Karrierefrau, die in Ehe- und Landleben wahres Glück findet. Im erzkonservativen „New in Town“ entdeckt Renee Zellweger die romantischen Seiten des Hinterwäldlerlebens. Neue Hauptdarstellerin, neuer Film – doch die Klischees bleiben die alten. 

Lucy Hill (Renee Zellweger) ist erfolgreiche Geschäftsfrau und glücklicher Single. Aus Sicht des Pressematerials eine “zickig-knallharte” Materialistin. Im winterlichen Minnesota soll die aus Miami angereiste Lucy eine ländliche Fabrik umstrukturieren. Was normale Menschen unter effizienter Arbeit verstehen, interpretiert “New in Town” als skrupellose Entlassungspolitik. Die Böse ist Lucy, die den Beschluss ihrer Vorgesetzten ausführt. Herzensgute, hart arbeitende Dorfbewohner sollen ihre unrentablen Stellen verlieren? Grausam! In der Ortskneipe wollen die Dorfbewohner Lucy nicht, die Kellnerin weigert sich, die Fremde zu bedienen, durch Lügen erschleichen sich die Fabrikangestellten einen freien Tag. Fremdenablehnung und Mobbing der Landleute serviert die Komödie als lustig. Natürlich lernt die Städterin die gottesfürchtigen, Tapioka-Brei kochenden, Strickpulli tragenden Dorfmenschen zu lieben. Besonders den Gewerkschaftsvorsitzenden Ted (Harry Connick, Jr.), der als Gutmensch bei der freiwilligen Feuerwehr arbeitet. Schön, so ein eiskaltes, spießiges Landhaus, soll der Zuschauer mit der bekehrten Lucy denken.

Falsche Vorstellungen weckt bereits der Filmtitel “New in Town”. Lucys Geschäftsreise führt sie in ein Kuhkaff. Lucys neue Assistentin Blanche (Siobhan Fallon Hogan) fragt sie ungeniert nach ihrem Privatleben aus und bewirtet die Städterin mit fetttriefender Hausmannskost, die zu verschmähen einem Sakrileg gleichkommt. Letzteres hat Lucy allerdings schon mit einem Scherz über Jesus begangen. Für ihr modisches Kostüm und ihre Absatzschuhe erntet Lucy abfällige Blicke. Lucys Anpassungsschwierigkeiten an die widrigen neuen Bedingungen stellt die banale Romanze als Arroganz dar. Belustigt Elmer sich nicht daran, dominiert Klamauk. Kleidungsschikanen dienen als unverzichtbare Pointenquelle. Droht die Handlung völlig einzuschlafen, klemmt ein Reißverschluss oder verhakt sich ein Absatz. Kennt man Engstirnigkeit und Voreingenommenheit gegenüber Nicht-Einheimischen aus eigener Erfahrung, leidet man mit Lucy, wenn sie mit selbst gemachten Geschenken traktiert wird.

Selbst gemachte Geschenke sind nämlich etwas Teuflisches. Brauchbar sind sie selten, sie wegzuwerfen ist ein Sakrileg – womöglich noch unverzeihlicher als Jesus-Witze. Die kratzende Babydecke oder die geschnitzte Ente – an einer solchen werkelt der von Lucy entlassene Fabrikarbeiter Stu (J. K. Simmons) – nähme selbst die Wohlfahrt nicht an. Dafür kann man Fremden die aus Langeweile gebastelten Stücke als “extra in stundenlanger Arbeit” gefertigte Unikate andrehen. Aus Höflichkeit müssen die sie in den übervollen Koffer stopfen. Vorschnell packt auch Lucy ihren Koffer, um abzureisen. Doch wegen eines Schneesturms werden alle Flüge gestrichen. Da krallte man sich vor Grauen in den Kinosessel. Wird die geplagte Lucy dem Horror-Hinterwald entkommen?

Nach den Konventionen der Landromanze ist alle Hoffnung vergebens. Protagonisten, die entrinnen, kehren freiwillig zurück. Nicht einmal die sympathische Renee Zellweger vermag die oberflächliche Liebeskomödie zu retten. Weder romantisch noch lustig, überzeugt „New in Town“ höchstens als Horrorfilm.

New in Town
(USA/Kanada 2009)
Regie: Jonas Elmer; Drehbuch: Kenneth Rance, V. Jay Cox; Musik: John Swihart; Kamera: Chris Seager; Schnitt: Troy Takaki
Darsteller: Renee Zellweger, Harry Connick, Jr. , J. K. Simmons, Frances Conroy
Länge: 96 Minuten
Verleih: Senator

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