Full Metal Yakuza

Die Tagline „Takashi Miike meets Robocop“ zu Takashi Miikes Full Metal Yakuza aus dem Jahr 1997 ist erstaunlich treffsicher. Der Film spielt souverän mit den Formeln des Cyborggenres nebst einiger anderer, die wegen ihres Exploitationwertes heranzitiert werden. In bewusstem Verzicht auf Sinn und Verstand wird in Full Metal Yakuza versucht, mit offensichtlich eher bescheidenen Mitteln in jeder Szene das Sensationelle herauszukitzeln. Keisuke Hagane, eine unbedeutende Putzkraft, ist ein großer Bewunderer von Tosa, einem Yakuza-Boss. Der mit farbigen Drachentätowierungen übersäte Rücken und sein Schwert werden zu Symbolen für Macht und Potenz, an der sich Haganes eigenes Versagertum umso deutlicher abzeichnet. Sieben Jahre nachdem Tosa eine Gruppe rivalisierender Yakuza eigenhändig mit dem Schwert erledigt hat und dafür im Gefängnis gelandet ist, ist Hagane der unfähigste Yakuza in der gesamten Organisation. Er kann nicht nur seine Aufgaben als Geldeintreiber und Killer erfüllen, sondern hat auch ständig Schulden bei seiner Freundin Naomi, die er überdies sexuell nicht befriedigen kann. Als Höhepunkt seiner Demütigung wird er von vier Jugendlichen beraubt und zusammengeschlagen. Mit Tosa, den er nach sieben Jahren aus dem Gefängnis abholt, gerät er in einen Hinterhalt des konkurrierenden Yomo und wird erschossen. Danach wechselt das Genre. Ein Mad Scientist bastelt ihm einen neuen Körper, der zum größten Teil aus Metall, aber auch aus dem Yakuza-Rücken von Tosa besteht, und trainiert ihn zu einem Superhelden-Cyborg-Kämpfer, einem Power Ranger nicht ganz unähnlich. Der Racheplot kann anlaufen. Endlich ermächtigt, aber mit einem monströsen Körper ausgestattet, zieht Hagane seine blutigen Kreise durch die rivalisierenden Yakuza-Banden. Er zieht an den Strand und wohnt dort in einer provisorischen Zelthütte, wo ihn Tosas ehemalige Freundin Yokoi um Liebe anbettelt, bis sie seinen Full Metal Yakuza-Körper erblickt. Ihr Racheversuch gegen Yomo endet kläglich. Der Ton des Films, der nach der Gefangennahme Yokois die idyllischen Strandszenen in Parallelmontage mit einem Ketten-Bondage-S/M-Set-Piece konterkariert, ändert sich merklich. Yokoi wird gefoltert und vergewaltigt, bis sie sich auf blutige Weise selbst umbringt. Hagane, der mit ihrer Gefangennahme erpresst werden soll, muss dies alles über ein Cyberauge miterblicken und startet seinen finalen und äußerst blutigen Rachefeldzug gegen Yomo und seine Yakuza.

In Full Metal Yakuza verschmelzen die Bilderwelten mehrerer Genres zu einer unausgewogenen, aber doch recht unterhaltsamen Erzählung. Der Gangster- oder Yakuzafilm, der das Problem der Anerkennung behandelt, der Mad Scientist-Film, der mit Science Fiction-Elementen den Schauwert bizarrer Wissenschaft vorführt, der Rachefilm, der von der Demütigung, Ermächtigung und katastrophalen Rache erzählt, und letztlich der Cyborgfilm, der seit Robocop, Terminator und Tetsuo visuell die Grenzen zwischen Fleisch und Metall auslotet. Gerahmt wird der Film, der sichtlich distanziert die doch recht abgehangenen Genres mit ihren formelhaften Plotelementen mischt, von einer Perspektive, die man trotz des oft in Szene gesetzten Pathos nicht anders als Camp bezeichnen kann. Aus der amüsierten Distanz über das groteske Treiben in der Erzählung kann der Genremix deshalb nur als Stilübung erscheinen. Fazit: Amüsanter Trash von einem Filmemacher, der seine Genres kennt und beherrscht. Miike zieht alle Register der Exploitation und schlägt in zwei Aspekten wie immer über die Stränge. Der eine ist der für europäische Zuschauer wohl immer noch schwer verständliche und verdauliche Einbau von sexueller Gewalt gegen Frauen, der andere die inzwischen weniger ungewöhnliche Darstellung japanischer Yakuza-Gewalt in ihrer comichaften Überzeichnung. Selbstverständlich gibt es deshalb wieder abgehackte Arme und Köpfe, Blutfontänen und Blutsprühnebel sowie die vollständige horizontale Zerteilung eines Körpers zu bestaunen. Wozu sonst laufen Yakuza – abgesehen von der wirren Idee, so etwas wie die Nachfolge spätmittelalterlicher Samurai zu repräsentieren – mit scharfen Schwertern durch einen Film, in dem auf sie eingeschossen wird?

Full Metal Yakuza
(Full Metal gokudo, Japan 1997)
Regie: Takashi Miike; Drehbuch: Itaru Era, Hiroki Yamaguchi; Kamera: Shohei Ando
Darsteller: Takeshi Caesar, Yasushi Kitamura, Yuichi Minato, Shoko Nakahara,
Ren Osugi, Tomorowo Taguchi, Kôji Tsukamoto, Tsuyoshi Ujiki
Anbieter: Asian Filmnetwork Länge: 102 Minuten


Zur DVD von AFN

Das Bild der DVD ist recht gut. Der leichte Gelbstich rührt wohl vom Originalmaterial her. Den Ton gibt es nur im japanischen Originalton mit wahlweise englischen oder deutschen Untertiteln. An Extras gibt es neun Filmtrailer aus Hongkong und Japan inklusive des Trailers zu Full Metal Yakuza. Die Verpackung ist erfreulich regaltauglich. Die DVD befindet sich in einem transparenten Jewel Case, das wiederum in einem schmucken und stabilen Pappschuber steckt, der vorne einen markigen bewaffneten Yakuza mit Robotarm und hinten den Klappentext mit einigen Filmausschnitten zeigt. Ein Beipackzettel zeigt die Titel der zwölf Kapitel des Films und einige Filmstills. Angesichts der Trailer-Show können sich Asien-Fans wohl darauf freuen, dass aus dem Hause Asian Film Network ein guter Querschnitt an Genrefilmen aus Japan und Hongkong für Deutschland aufbereitet wird.

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