Eher kleines Licht

„Die Geschichte des Filmlichts ist die Geschichte des Films“ – so vollmundig und natürlich vollkommen korrekt konstatiert Richard Blank im Untertitel seines jüngst im Alexander-Verlag erschienenen Bandes „Film & Licht“ und verspricht somit, jene Geschichte des Filmlichts darin auch zu erzählen, zumindest aber anzureißen. Ebendies stellt ja im Grunde längst ein Desiderat der Filmwissenschaft dar, handelt es sich doch im Falle des Lichts nicht nur um ein entscheidendes Element des Kinobildes, sondern um nichts weniger als dessen Urmoment. Somit ist es also in jedem Fall begrüßenswert, dass diese Publikation die Frage des Filmlichts ins Bewusstsein der cineastischen Öffentlichkeit rückt. Leider ist das aber auch schon das einzig Positive, das man über Blanks Buch sagen kann.

Der Mängel hingegen sind unzählige. Das beginnt schon beim Stil, denn Blank kann schlichtweg überhaupt nicht schreiben. Dabei rutscht er nicht einmal, wie so viele Fachbücher, allzu tief in einen akademisch-trockenen Duktus hinein, vielmehr liest sich sein Buch wie der Schulaufsatz eines mittelmäßig begabten Achtklässlers. Selbst das könnte man, mit viel gutem Willen, noch wohlwollend übersehen, würde es denn durch Substanz ausgeglichen; aber leider hat Blank zu allem Übel auch noch nicht besonders viel zu sagen. Roter Faden durch das ohnehin – jedenfalls für eine ambitionierte Filmgeschichte aus bis dato sträflich vernachlässigter Perspektive – verblüffend schmal geratene Buch bildet sein höchst persönlicher, durch nicht allzu viel Reflektionsvermögen getrübter und in sich selbst schon für mitteilenswert erachteter Filmgeschmack, gruppiert sind seine diesbezüglichen Auslassungen um eine einzige These. Und die ist auch noch Unsinn. Zum Feindbild wählt sich Blank nämlich die realistische Beleuchtung des Gros der kommerziellen Filme, von den Hollywoodstudios in den 1920er Jahren zum Produktionsstandard erhoben, und diese, so Blank, ist grundsätzlich und in sich selbst bereits minderwertig. Eine nicht-natürliche, dem hier so konsequent wie penetrant in spöttelnde Anführungszeichen verbannten „Realismus“ entgegengesetzte Lichtsetzung hingegen macht für den Autor – jedenfalls wenn der Leser so infam ist, seiner ungeschickt vorgetragenen Argumentation zu folgen – bereits eine avancierte künstlerische Position aus. Das ist natürlich so simpel wie falsch.

Nun wäre ja eine im großen Ganzen unhaltbare Theorie zumindest dadurch aufzuwerten, wenn sie sich denn aus scharfen Detailbeobachtungen zusammensetzen würde. Aber: leider weit gefehlt. So verdächtig es erscheinen muss, in Kürzestkapiteln von teilweise noch nicht einmal fünf Seiten (bei äußerst großzügigem Druckspiegel!) die Lichtsetzung großer Filmautoren, von Griffith über Lang, Ophüls und Welles bis hin zu Godard, Wong oder von Trier, zu beschreiben, so katastrophal fällt dann auch das Ergebnis aus. Die Beschreibungen einzelner Filmsequenzen im Hinblick auf das Filmlicht – das in Sprache zu übersetzen sicherlich keine einfache Aufgabe ist – sind konfus und allzu oft kaum nachvollziehbar. (Als wohl einzige wirkliche positive Anmerkung zu diesem gescheiterten Buch muss hier auf die beigelegte DVD verwiesen werden, deren zahlreiche Filmausschnitte die Argumentation im anschaulichen Beispiel zumindest ein wenig klarer werden lassen.) Endgültig von Fremdscham befallen wird der Leser dann allerdings, wenn Blank in langen Passagen der ohnehin knappen Betrachtungen zu Filmen und Filmemachern in etwas verfällt, das wohl ein „persönlicher Tonfall“ sein soll. Da legt er dann, wo es doch eigentlich um die Lichtdramaturgie Wong Kar-Wais gehen soll, lang und breit und vermeintlich in unterhaltsamem Plauderton seine offenbar erste Begegnung mit der Koexistenz verschiedener Schriftsysteme im Vorspann chinesischer Filme da. Nicht sehr interessant, aber Blank findet es unerhört, „absurd“ gar.

Das soll genügen, mit derlei Irrelevantem sind zu viele der gut 200 Seiten Fließtext von „Film & Licht“ vollgeschrieben, als dass man dieses Filmbuch, sicherlich eines der allerschlechtesten des letzten Jahres, ernst nehmen könnte. Abschließend sei nur noch erwähnt, dass der Autor des Buches auch nicht davor zurückschreckt, als Rahmen für seine Untersuchung zu einigen der größten Filmemachern der Kinogeschichte eine Sequenz aus einem seiner eigenen Filme zu beschreiben. Nun muss ja ein ungenügender Autor und ein ungenügender Filmanalytiker nicht unbedingt auch ein ungenügender Filmemacher sein. Aber eine solche Geste wird dann doch den Beigeschmack von Eitelkeit und Selbstüberschätzung nicht so ganz los.

Richard Blank:
Film & Licht. Die Geschichte des Filmlichts ist die Geschichte des Films
Mit einer DVD
Alexander Verlag: Berlin 2009
264 Seiten (Hardcover), 39,90 Euro

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