Don’t analyze that! You go mad!

Wieder ein Sequel, das einen mäßigen Buddy-Movie, ANALYZE THIS (USA 1999) in gleicher Besetzung auf einer ebenso mäßigen Linie weiterverfolgt. Wieder Robert de Niro als Komödiant – wie schon in SHOWTIME (USA 2002), wo er mit Eddie Murphy kläglich scheiterte –, dessen Humor nicht so richtig funktionieren will, und wieder ein Drehbuchautor Peter Steinfeld, der mit DROWNING MONA (USA 2000) eine klägliche Möchtegern-Sozialposse fabrizierte, die in meiner Liste „Die ungeliebtesten Filme aller Zeiten“ ganz oben steht. Dazu eine Geschichte, die nicht so richtig in die Gänge kommt und an allen Ecken und Enden nach ihrer eigenen Plausibilität schreit.

Der Mafia-Boss Paul Vitti (Robert de Niro) sitzt ein. Konkurrenten wollen ihm ans Leder und ans Leben. Ein Mordanschlag gibt Vitti zu erkennen, dass er so schnell wie möglich aus dem Gefängnis raus muss. Ergo spielt er den Verrückten, singt am laufenden Meter Songs aus der „West Side Story“ oder versinkt in tiefen Depressionen. Der Psychologe Ben Sobel (Billy Crystal) soll Abhilfe schaffen. Vitti wird entlassen, unter seine Fittiche gestellt und zieht – zum Ärger von Sobels Frau Laura (Lisa Kudrow) – bei den Sobels ins Haus, wo er bei einer Trauerfeier der Familie anlässlich des Todes von Sobels Vater das Ehepaar ordentlich blamiert. Natürlich markiert der Mafiosi nur und hat nichts anderes vor, als sich an seinen Konkurrenten zu rächen. Sobel versucht, Vitti auf tugendhafte Pfade zu bringen. Doch einen Job nach dem anderen (Autoverkäufer, Platzanweiser in einem Restaurant, Schmuckverkäufer) schmeißt Vitti hin – bis Sobel ihn bei Drehaufnahmen zu einem Film unterbringt – als erfahrenen Berater in Sachen Kriminalität.

Vitti benutzt den neuen Job, um in die Szene zurückzukehren. In Verdacht, ihn umbringen zu wollen, hat er Patty LoPresti (Cathy Moriarty). Gleichzeitig plant er einen großen Coup, bei dem Goldbarren gestohlen werden sollen. Sobel treibt das alles an den Rand der Verzweiflung …

Was soll man dazu sagen? Sicher, die erste knappe halbe Stunde serviert Harold Ramis einige, zum Teil allerdings auch abgestandene Gags, über die man sogar lachen kann. Auch ein paar Dialoge zwischen Crystal und de Niro sind ganz gut gelungen. Zusammen ergibt das drei Punkte auf der Richterskala. Ansonsten sind Geschichte und Humor so haarsträubend und selten dämlich, dass einem die Haare zu Berge stehen. Ich habe den leisen Verdacht, dass Ramis mit diesem Film eine Satire auf Mafia-Filme produzieren wollte. Das ist kräftig in die Hose gegangen. Denn seine Charaktere – wenn man von solchen überhaupt sprechen kann – sind nicht viel mehr als flache Witzfiguren, und ich frage mich, ob de Niro noch Herr seiner filmischen Sinne ist, wenn er nach dem misslungenen Versuch mit Eddie Murphy in „Showtime“ kaum ein Jahr später eine ähnliche Klamotte aufs Parkett legt.

De Niro funktioniert als Komödiant so gut wie gar nicht. Seine Grimassen, die vom Drehbuch vorgeschriebenen Witze zwischen mehr oder weniger sanftem Fäkalhumor und mäßigem Wortwitz müssten seinem Image, das er sich gerade in Mafiafilmen und Thrillern zu Recht verschafft hat, eigentlich drastisch schaden. Crystal hampelt als um seinen Vater trauernder, Psychiater durch den Streifen, als ob es um sein Leben gehe, wobei jedoch jeder merkt, dass das nur gespielt und gequält, gewollt ist. Man merkt – auch bei den Szenen im Abspann –, dass de Niro und Crystal die Sache Spaß gemacht haben muss. Nur, warum mussten sie daraus unbedingt einen Film machen? So erwecken sie den unvermeidlichen Eindruck, zwei in die Jahre kommende Stars hätten ihre privaten Jokes und Freuden einem breiten Publikum präsentieren wollen. Das allerdings reicht für eine Komödie besserer Qualität kaum aus.

Lisa Kudrow bewegt sich zwischen den beiden – völlig unglaubwürdig – als mäkelnde Ehefrau, die vorgibt, mit Vitti nichts zu tun haben zu wollen. Aber verdammt noch mal: Wieso tut sie dann nichts dagegen?? So allerdings verhält es sich mit der ganzen von vorne bis hinten unplausiblen Geschichte. Einem Mafia-Boss, der im Gefängnis vorgibt, geisteskrank geworden zu sein, bescheinigt ein Psychiater Katatonie. Das FBI hat keine bessere Idee, als Vitti laufen zu lassen. Ich fass es nicht! Warum um alles in der Welt wird er nicht in die Psychiatrie verlegt? Weil er das nicht überstehen würde, lautet die Antwort des Drehbuchs. Ein führendes Mitglied der Mafia wird umsorgt und umhegt und in der Villa eines Psychiaters untergebracht. Das FBI beschränkt sich auf Beobachtungen, angeblich, um weitere Mafiosi dingfest machen zu können.

Sobel weiß er sehr rasch, dass Vitti seine „Krankheit“ nur vorgetäuscht hat. Wieso bescheinigt er ihm dann, an Katatonie zu leiden? Und als klar ist, dass alles nur Täuschung ist – wieso ruft er nicht das FBI, um Vitti wieder in sicheren Gewahrsam zu bringen? Wie zum Teufel kommt Sobel darauf, ein Mafiosi könne als Schmuck- oder Autoverkäufer oder als Kellner auf den legalen Pfad der Tugend zurückgeführt werden? Nein, diesem Psychiater fehlt jeglicher Realitätssinn – wie dem ganzen Film. Vitti soll ein Mafiosi sein. Aber de Niro spielt ihn als nice guy von nebenan und als Kumpel von Sobel, und man fragt sich, was das noch mit Mafia zu tun hat.

Auch die hanebüchene Geschichte über den um seinen Vater trauernden Sobel vertreibt die Psychologie in den Bereich des abgeschmackten Nonsens. Sobel hasste seinen Vater. Bei der Trauerfeier phantasiert er eine Rede, in der er ihn als intrigantes Arschloch tituliert. Dann liebt er ihn wieder. Er ist total abhängig von seinem Vater – behauptet der Plot. Dann hatte de Niro ja auch noch einen Vater, der ermordet wurde. Dann fallen sich beide in die Arme und heulen. Das alles wirkt nur aufgesetzt – and nothing else.

Das Fazit kann kurz ausfallen: It’s showtime? Schön wär’s. Aber letztendlich kann man nur vermuten, dass hier einmal mehr ein Film für den Klingelbeutel der Produktionsfirmen, einschließlich de Niros Tribeca abgedreht wurde.

Reine Nervensache 2
(Analyze that)
USA 2002, 95 Minuten
Regie: Harold Ramis
Drehbuch: Harold Ramis, Peter Steinfeld, Peter Tolan
Musik: David Holmes
Director of Photography: Ellen Kuras
Schnitt: Andrew Mondsheim
Produktionsdesign: Wynn Thomas, Adam Scher
Hauptdarsteller: Robert de Niro (Paul Vitti), Billy Crystal (Ben Sobel), Lisa Kudrow (Laura Sobel),
Joe Viterelli (Jelly), Cathy Moriarty (Patty LoPresti), John Finn (Richard Chapin),
Kyle Sabihy (Michael Sobel), Callie Thorne (Agent Cerrone), James Biberi (Agent Miller),
Pat Cooper (Masiello)

Ulrich Behrens

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