In Between Days

In Between Days ist eine Entdeckung, wie man sie auf der Berlinale nur im Forum machen kann; ein kleiner, langsamer Film, eine Momentaufnahme aus dem Leben eines heranwachsenden Mädchens, unspektakulär in der Wahl seiner Mittel, die dann aber doch mit Bedacht eingesetzt, behutsam im Tonfall, aber nie beschaulich, und doch jede Sekunde spannend.

Die Person des Films ist die kleine Aimie, die gerade zu pubertieren beginnt. Die stammt aus Korea, lebt aber seit neuestem mit ihrer Mutter in einer amerikanischen Stadt. Mit dem ebenfalls aus Korea stammenden Tran pflegt sie eine seltsam-innige Freundschaft; immer geht es um Banalitäten, Teenie-Tand und -Blödsinn (wie sich gegenseitig mit der Nadel tätowieren), sie will ihm die Hausaufgaben machen, weil sie in einem Film gesehen hat, dass man das so macht. Er will nicht recht, später will er allerdings, dass sie’s ihm macht, mit der Hand, ohne viel Aufregung. Sie macht es, neugierig, ein wenig erstaunt auch. Natürlich ist sie verliebt, auch wenn sie nicht weiß, was das eigentlich heißt; Sex aber gibt es keinen, da bleibt sie ganz Kind, das sie Gesicht und Kleidung nach noch immer ist (kaum zu glauben, dass die Darstellerin 21 sein soll). Er ist eher Slacker, interessiert sich, zu ihrem Missfallen, auch für andere Mädchen, solche Probleme eben. Parties folgen, auf denen Gespräche mit anderen immer schon im Verdacht des Verrats stehen. Aimie geht auf Distanz.

In Between Days ist immer dicht dran an den Figuren; kaum ein Dialog, der nicht beide Gesichter im Close-Up vereint, überhaupt verschwindet die Umwelt, scheint’s, nahezu völlig aus dieser kleinen Welt, die erste Schritte in eine größere tätigt. Dass der Film in den USA spielt, merkt man so gut wie nie, selten genug, dass man von der Stadtkulisse mehr sähe als ein paar Farbschlieren im Hintergrund, die sich im Bildoberflächen-Rauschen der digitalen Artefakte verlieren (eigentümlich referenziell sind dann doch jene Szenen in den überzäunten Straßenübergängen, die in der Tat so aussehen wie eben jener in Michael Manns Collateral, in jener Schlüsselszene über der Autobahn). Kapitelartig oder in Handlungseinheiten strukturiert wird das Geschehen dann doch durch digital besonders verrauschte Stadtansichten, die die Skyline suchen, unbewegt, immer etwa eine Minute lang; dazu aus dem Off Aimie, die offenbar einen Brief an ihren Vater aufsetzt, eigentümlich leblos eingesprochen. Sie spricht von „so vielen Dingen“, die sie ihm „hier zeigen“ wolle; welche dies sein könnten, bleibt alleine ihr Geheimnis. Der Film lässt keine Schlüsse darauf zu, man vermutet darin schnell eine bloße Floskel, vielleicht auch etwas Selbst-Belügen.

Denn Aimies Lieben wie Leben ist alles andere als leidenschaftlich oder gar von Schönheit getragen. Aber auch nicht neo-trist. Es ist leer, und mit Tand angefüllt, eine Welt zwischen billigen Plüschanhängern und grellen Handytönen, Ablenkungsstaffagen, die das große Nichts verbergen sollen, durch das die Figuren sich manövrieren. Dabei formuliert der Film weder Kritik noch Mitleid, sondern allenfalls Zustand. Er bleibt dicht bei diesem Mädchen, das wir nicht kennen werden.

Weiterführende Links:
imdb ~ weitere Informationen

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