Adam & Paul

Adam und Paul kennen sich von Kindesbeinen an. Sie leben in Dublin, im unteren Milieu, wo man sich schon morgens zum Dosenbier im Park verabredet. Sie selbst hat es dabei am härtesten getroffen: Beide Junkies, ziehen sie verwahrlost durch die Stadt, immer auf der Suche nach etwas Geld, um sich den nächsten Kick zu besorgen. Man trifft sich auf der Straße mit Schicksalsgenossen, klaut im Supermarkt, trifft alte Bekannte, die nichts mehr mit einem zu tun wollen und lässt sich generell durch die Rand- und Abfallbezirke einer bürgerlichen Welt treiben. Adam & Paul schildert dabei die Ereignisse eines einzelnen Tages.

Adam & Paul ist ein karger Film, in dem alles schon geschehen, alles schon vorbei scheint. Schon im Vorspann sehen wir verwelkte Blumen im schmalen Schärfebereich, von melancholischer Musik unterlegt. Die beiden Protagonisten erwachen mitten in der Walachei auf einer Matratze – weiß der Geier, wie die dorthin kommt -, die Erinnerungen an die letzte Nacht sind ausgelöscht. Also auf, weiter, ans „Tageswerk“. Beide durchstreifen eine graue Stadt, die schon bessere Zeiten gesehen hat, treffen auf Menschen, mit denen sie eine undeutlich bleibende Geschichte verbindet. Gekonnt changiert der Film dabei zwischen einer Lakonie der Tristesse und einem bald zum Absurden neigenden Humor, der, und das ist das große Kunststück, die an sich traurige Situation der beiden niemals für bloße Possen ausbeutet. Das berühmte Lachen, das im Halse stecken bleibt, gibt es hier zwar nicht – wenn es auf einer Parkbank zu motorisch bedingten Problemen mit einem geklauten Milch-Tetrapak kommt, darf gerne und viel gelacht werden -, vielmehr zeichnet sich Adam & Paul durch eine Klugheit aus, in der das Tragische und Komische sich an den Rändern berühren und die mithin auch den Blick abwendet von den beiden als „Natural Born Losers“ und ihn eher distanzierend auf eine bürgerliche Welt werfen lässt, deren Sinn sich den beiden kaum erschließt: Im Gegenteil bedauern sie viele ihrer Zeitgenossen, für das Leben, das sie führen müssen. Nie aber mit Arroganz oder bloßer Agitation, das Unverständnis (auch das gegenüber der eigenen Situation) ist ein ehrliches. Wären die beiden etwas klüger, in ihrer Debilität (die sich auch am zur Knappheit neigenden irischen Dialekt festzumachen scheint) etwas weniger beschränkt, sie wären ein Pendant zum Diogenes, zum gewitzten Aussteiger, der die Welt im Innersten durchschaut.

Die beiden sind, um es deutlich zu sagen, vom Schicksal gefickt. Nichts gelingt, nichts schafft Geld heran, das Scheitern ist oft physisch schmerzlich. Ein blöderweise in der Unterwelt kolportiertes Gerücht, dass beide auf der Suche nach einem Schläger seien, der ihnen Geld schuldet, trägt Sorge dafür, dass eben jener sich bei Ihnen meldet und sie zum Schmiere stehen verdonnert, ansonsten drohten physische Konsequenzen. Dass die beiden es dennoch schaffen, aus dem Ganzen zumindest zunächst heil herauszukommen und sie sogar auf fast mirakulöse Weise zu ihrem Stoff kommen, lindert den Schicksalsschmerz erheblich. In diesen Momenten, wenn die beiden high durch die Welt taumeln, was der Film, ganz ohne formalen Pathos, ästhetisch nachempfinden lässt, wie sie also durch eine wenig sinnstiftende Welt sich bewegen, kann man sich die beiden durchaus als glücklichen Menschen vorstellen.

Überhaupt geht Adam & Paul mit einigem formalen Gespür zu Werke. Er beobachtet ein Detail der Gesellschaft, das üblicherweise kaum Repräsentanz erfährt. Das große Bild meidet er deshalb, Adam & Paul ist ein Film, der sich oft im schmalen Schärfebereich abspielt und die äußere Welt der beiden Taumelnden ausklammert. Wie sich die beiden oft schon solipsistisch in ihren lakonischen Dialogen austauschen und dabei oft auch einen Autismus im Duett entwickeln, wird dadurch formal unterstützt. Oft verlassen die beiden eine Episode des Films als wäre es ein Tableau, als streiften sie weiter und die Kamera bleibt stehen, beobachtet den Platz, wo sie eben noch waren und nun nicht mehr sind. Als gehörten sie nicht dazu, Elende, die sie sind.

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