Shaun of the Dead

Der Zombiefilm, ein Phänomen des unterschlagenen Films der siebziger und achtziger Jahre, feiert seine Renaissance. Und zwar nicht nur auf der Ebene der postmodernen Referenz, wie es beispielsweise „Scream“ mit dem Slasher-Subgenre gemacht hat, sondern tatsächlich auch in ernsteren Projekten: So startete im vergangenen April mit „Dawn of the Dead“ ein mit beachtlichem Aufwand produziertes Remake des gleichnamigen Klassikers von George A. Romero (der inzwischen mit den Arbeiten an seinem vierten Zombie-Film „Land of the Dead“ begonnen hat). Und selbst Bernd Eichingers Verleihfirma Constantin steht mit der deutschen Zombie-Komödie „Die Nacht der lebenden Loser“ in den Startlöchern.

Auch „Shaun of the Dead“, gleichwohl als Komödie intendiert, offenbart sich auf den zweiten Blick als wesentlich weiter gedacht als angenommen. Anstatt sich in das beliebte Funsplatter-Subgenre einzuordnen, dessen letzter ernstzunehmender Beitrag wohl „Braindead“ vom „Herr der Ringe“-Regisseur Peter Jackson war, wählt Edgar Wright den Weg einer traditionellen Parodie (der Art Mel Brooks’ – im Gegensatz zur aktuellen Vulgär-Parodie, Marke „Scary Movie“) – und interpretiert dabei die Intention von Romeros Klassiker-Triloge wahrscheinlich treffsicherer als Zack Snyder mit seinem Remake zu Beginn des Jahres.

So kokettiert schon der Filmanfang vor allem damit, dass sich Unmengen von Statisten bereits im lebenden Zustand – also im Alltag – wie Zombies verhalten… Auch der Titel entpuppt sich bei näherem Hinsehen als mehr als nur eine Anspielung auf „Dawn of the Dead“, sondern suggeriert gleichsam, dass Titelheld Shaun ebenso einer der Zombies ist (die hier ja als Gesellschaftsphänomen „entlarvt“ werden). Das wiederum schürt die Erwartungshaltung, dass er sich im Laufe des Films von diesem zombiehaften Verhalten emanzipieren würde, was er aber keineswegs tut – im Gegenteil, er steckt sogar noch seine Freundin an (die sich ursprünglich genau aus diesem Grund von ihm trennen wollte) und ist überdies froh, nach der Abwehr der Zombie-Bedrohung wieder zu seinem trostlosen Alltag zurückkehren zu können und sich wieder als einer „of the dead“ einreihen zu dürfen. Somit offenbaren sich in diesem neuesten Genre-Vertreter vertauschte Rollen: Das, wovor Romero 1978 mit seiner Zombie-Metapher warnen wollte, ist hier längst zur Realität geworden. Die neuen Zombies in „Shaun of the Dead“ sehen zwar noch genauso aus wie die alten und verkörpern auch wieder einen gesellschaftlichen Umschwung – nur die Voraussetzungen haben sich gewandelt.

Vielleicht ist dieses verzerrte Rollenbild auch der Grund für den auffälligen Umgang mit dem Begriff „Zombie“: In keiner der unzähligen eingespielten Nachrichtensendungen wird das Wort verwendet, und auch die Protagonisten hüten sich, es auszusprechen. Als es dann doch einmal passiert, entgegnet Shaun sofort: „Don’t say the Z-word. It’s ridiculous.“

„Shaun of the Dead“ verlangt von seinen Helden keinerlei Genrekompetenz: Das Fernsehen gibt die altbekannte Anleitung, dass ein Zombie nur am Kopf verwundbar sei, bereitwillig zum Besten. Dafür wird vom Zuschauer um so mehr Fachwissen gefordert, denn obwohl die Referenzen an frühere Werke keineswegs aufdringlich oder gar selbstzweckhaft gesetzt werden, ist doch vor allem ein sicherer Umgang im Horror-Genre vonnöten, um einige Elemente überhaupt als Parodie deuten zu können. So wirkt „Shaun“ in seinen gesellschaftskritischen Ansätzen beinahe einfallslos und penetrant-plakativ (die Idee, alltägliche Spießbürger mit Zombies zu vergleichen, ist nun alles Andere als subtil). Doch vor dem Hintergrund von Romeros Vorlage („Dawn of the Dead“ wurde häufig vorgeworfen, mit seinem gesellschaftskritischen Anspruch nicht subtil genug umzugehen) erscheint auch dieses Vorgehen als weiteres Merkmal der Parodie.

Als solche ist diese sperrig, die Rezeption als schlichte Komödie doch recht schwer zu bewerkstelligen. Wer sich aber im Genre ein wenig auskennt, der dürfte an dem Film seine spritzige Freude haben: Denn das Lachen des Menschen ist eng verknüpft mit dessen Verstand. Zombies lachen nicht.

Shaun of the Dead
(Großbritannien 2004)
Regie: Edgar Wright
Drehbuch: Simon Pegg und Edgar Wright
Mit: Simon Pegg, Kate Ashfield, Nick Frost, Lucy Davis, Bill Nighy, u.v.m.
Verleih: NFP marketing & distribution* in Zusammenarbeit mit Universal
Lauflänge: 99 Minuten
Kinostart: 30. Dezember 2004

Matthias Huber und Karsten Hertrich

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