You can believe me

Nachdem Vincenzo Natali 1997 mit Cube ein Meisterwerk abgeliefert hatte, ist es still um den damals 28jährigen geworden. Nun kehrt er mit Cypher zurück, einem Film der dem Minimalismus des Vorgängerfilms den Rücken kehrt.

Erzählt wird die Geschichte von Morgan Sullivan, der, um für die Firma Digicorp als Industriespion tätig werden zu können, eine neue Identität annimmt. Seine Aufgabe besteht darin, auf Fachtagungen Vorträge mit einem versteckten Mikrofonsender an seine Gesellschaft zu übermitteln. Durch den Kontakt zur mysteriösen Rita erfährt er jedoch, dass der Spionage-Auftrag eine Finte ist, um Sullivans Gedächtnis zu löschen. Und tatsächlich werden bei einem der Vorträge alle Teilnehmer in Hypnose versetzt und durch eine Gehirnwäsche mit einer neuen Identität versorgt – Morgan ist geschützt durch ein Medikament, dass ihm Rita verabreicht hat. Schnell beginnt sich eine andere Organisation, die Firma Sunway, für Morgan zu interessieren und ihn als Doppelagenten einzusetzen. Er soll gefälschte Datenträger übermitteln, mit deren Hilfe die Datenbanken der Digicorp korrumpiert. Hierzu wird er in das geheime Rechenzentrum, den Vault, geschickt. Doch auch eine dritte Partei hat Interesse an Sullivan – und schließlich hat er selbst langsam genug davon, der Spielball mysteriöser Mächte zu sein.

Natali konfronitert seine Zuschauer in Cypher mit einer überaus klassischen Agentengeschichte im Thrillerformat. Die Verwirrungen seines Helden sind allzu gut bekannt aus Filmen wie Die 27. Etage, Der unsichtbare Dritte oder Scharade. Und in der Tat hat Cypher vieles vom Agentenfilm der 60er Jahre einfach übernommen. Einzig das auf den aktuellsten Stand der Technik gebrachte Ambiente ist neu an der Geschichte. Mit Cube im Gedächtnis erwartet man beständig das Aufbrechen der konventionellen Agentenstory zu Gunsten einer metaphysischen Betrachtung (z. b. des Wesens der Identität). Doch darauf wartet man vergeblich. Anstelle dessen verliert Cypher sich in der immer detaillierteren Ausschmückung seiner Erzählung mit Plottwists und unerwarteten Wendungen … und schließlich sogar einer Pointe, die sich als Ahnung bereits im zweiten Drittel ankündigt.

Zum Ende hin hat man eine handwerklich gelungene, aber wenig überraschende Agenten-Geschichte serviert bekommen, bei der weder die völlig runde Erzählung noch die glatte Optik, noch das Schauspiel dazu einladen, den Film ein weiteres Mal sehen zu wollen. Die völlige Bruchlosigkeit der Erzählung verleiht Cypher ein überaus konservatives Flair. Und als Natali im Epilog dann auch noch sein einzig wirklich interessantes Erzählelement, seinen MacGuffin mit einer völlig banalen Bedeutung versieht, nimmt er Cypher endgültig jede Originalität.

Cypher
(USA 2002)
Regie: Vincenzo Natali
Buch: Brian King
Kamera: Derek Rogers, Musik: Michale Andrews
Darsteller: Jeremy Northam, Lucy Liu, Nigel Bennett, Timothy Webber, David Hewlett u. a.
Verleih: Pandora Film, Länge: 97 Minuten

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